Die Bewertung im Wege des hypothetischen Fremdvergleichs und damit der grundsätzliche Ansatz eines Transferpakets bilden für die Fälle der Funktionsverlagerung den Regelfall, da es für solche Vorgänge i. d. R. keine uneingeschränkt oder eingeschränkt vergleichbaren Fremdvergleichswerte gibt. Die Bewertung erfolgt in diesen Fällen also nicht im Wege der Einzelwertbestimmung, sondern durch die Bewertung der gesamten Funktion, die zum Zwecke der Bewertung als eine geschlossene Einheit, nämlich als Transferpaket, angesehen wird.
Der Wert einer Funktion soll somit daraus abgeleitet werden, welches Entgelt ein fremder Dritter für die gesamte übergebene Einheit entrichten würde. Hintergrund dieser Überlegung, auf die Funktion als Konglomerat (Übertragung/Überlassung von Wirtschaftsgütern, immateriellen Wirtschaftsgütern; Arbeitnehmerüberlassung; Synergie der Einzel-Wirtschaftsgüter und Nutzungen) abzustellen und sie in dieser Einheit als Transferpaket zu bewerten, ist die Erfahrung der Finanzverwaltung, dass es teilweise nur schlecht möglich war, anlässlich einer Verlagerung eines Unternehmens oder eines Unternehmensteils die von der Verlagerung betroffenen immateriellen Wirtschaftsgüter zu erkennen, mit der Folge, dass die mit der Auslandsverlagerung zusammenhängenden Ertragsaussichten nur unvollständig erfasst werden konnten. Wesentlicher Unterschied ist im Ergebnis damit auch die Erfassung
- von Synergiewerten
- eines zumindest anteiligen Geschäfts- oder Firmenwertes.
Ausgangspunkt ist wie bei einer Teilbetriebsübertragung die Vorstellung, dass das von der übertragenen Funktion umfasste unternehmerische Potenzial auf den Übernehmer der Funktion übergehe. Damit betreffen die realisierten stillen Reserven nicht nur diejenigen der einzelnen Wirtschaftsgüter, sondern wie bei einem Teilbetrieb ist eine (vierfache) Unternehmensbewertung (sowohl beim abgebenden als auch beim aufnehmenden Unternehmen jeweils vor und nach der Übertragung) auf der Grundlage einer ertragswertorientierten Gesamtbewertung vorzunehmen.
Der Gewinn wird hierbei im Rahmen einer widerlegbaren Vermutung auf die Hälfte der fiktiven Preisvorstellungen der beiden betroffenen Unternehmen (dem sog. Einigungsbereich) festgelegt. Durch diese Fiktion werden insbesondere auch die Standortvorteile der Auslandstochter (geringerer Lohnaufwand, schlechtere Umweltauflagen etc.) faktisch zur Hälfte in die inländische Besteuerung verlagert.
Grundlage für die Betrachtung sind hierbei bis einschließlich VZ 2021 § 1 Abs. 3 Sätze 9-13 AStG die sich auf den Sonderfall der Verlagerung eines Pakets aus Wirtschaftsgütern, Nutzungen, Erfahrungen und Risiken, nämlich einer gesamten Funktion beziehen. Danach gelten für die Funktionsverlagerung im Grundsatz dieselben Verrechnungspreisregelungen, die auch für den Grundfall der Übertragung eines Einzelwirtschaftsguts oder der Erbringung einer Dienstleistung etc. gelten. Eine Sonderregelung ist für die Funktionsverlagerung lediglich insofern vorgesehen, als nach Satz 9 bei der Bewertung einer Funktionsverlagerung nach dem Verfahren des hypothetischen Fremdvergleichs ein sog. Transferpaket zu bilden ist.
Ab VZ 2022 ist Rechtsgrundlage § 1 Abs. 3b AStG. Die Tatbestandsvoraussetzungen für Funktionsverlagerungen werden hiernach neu definiert, dass eine Funktion einschließlich der dazugehörigen Chancen und Risiken sowie der mitübertragenen oder mitüberlassenen Wirtschaftsgüter oder sonstigen Vorteile ganz oder teilweise übertragen oder überlassen wird (§ 1 FVerlV 22). In § 2 FVerlV 22 sind (nach Regierungsbegründung) klarstellende Regelungen zum Wert des Transferpakets enthalten.
Vereinfachtes Einstiegsbeispiel
Die X-GmbH aus Deutschland lagert einen lohnintensiven Teilbetrieb (TB) "Fertigung Produkt A" auf die neugegründete polnische Tochterkapitalgesellschaft A-SPZoo aus.
Bei der Ermittlung des angemessenen Verrechnungspreises ergeben sich vereinfacht dargestellt folgende Schritte:
In einem 1. Schritt sind auf der Basis der übertragenen WG, der Nutzungsmöglichkeiten von immateriellen WG sowie des Gewinnpotenzials die gedachten Preisvorstellungen im Rahmen eines hypothetischen Fremdvergleichs zu ermitteln. Es werden folgende Werte unterstellt:
Berechnungsschritt |
abgebendes (deutsches) Unternehmen (in Mio. EUR) |
aufnehmendes (ausländisches) Unternehmen (in Mio. EUR) |
Gewinnpotenzial mit Teilbetrieb (unterstellt) |
6 |
4 |
Gewinnpotenzial ohne Teilbetrieb |
4 |
0 |
Änderung der Gewinnerwartung/Jahr |
./. 2 |
4 |
kapitalisiert (unterstellte Werte) |
10 |
15 |
|
Kaufpreisforderung |
Kaufpreisvorstellung |
In einem 2. Schritt ist der Einigungsbereich und im Zweifel der Mittelwert festzulegen. Bei den unterstellten Werten ergibt sich ein Mittelwert von 12,5 Mio. EUR im Rahmen einer Bandbreite zwischen 10 Mio. EUR (einer fiktiven Kaufpreisforderung) und 15 Mio. EUR (einem fiktiven Kaufpreisangebot).
In der Praxis bedeutetet dies die detaillierte Prüfung des "Unternehmens- oder Teilbetriebswertes" unter Anwendung betriebswirtschaftlicher Grundsätze zur Unternehmensb...