Rz. 39
Satz 1 Nr. 1 erfasst mit Lehrern und Erziehern in erster Linie Personen, die einen der geistigen Entwicklung auf dem Gebiet der Wissenschaften und schönen Künste dienenden Unterricht erteilen (Lehrtätigkeit an Bildungseinrichtungen, Erteilung von Nachhilfe, Prüfungsvorbereitung usw.) oder ihre Tätigkeit auf die Bildung des Charakters richten.
2.3.1 Der rentenversicherungsrechtliche Begriff des Lehrers
Rz. 40
Dabei ist der Begriff des Lehrers in einem weiten Sinne zu verstehen, d. h. Lehrer sind Personen, die durch Erteilung von theoretischem oder praktischem Unterricht anderen Personen Allgemeinbildung oder spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln. Das BSG hat dargelegt (BSG, Urteil v. 12.10.2000, B 12 RA 2/99 R), dass die Vorschrift alle Selbstständigen erfasst, soweit ihre Tätigkeit der Art nach darin besteht, anderen Unterricht zu erteilen. Lehrtätigkeit ist damit das Vermitteln von Wissen, Können und Fertigkeiten. Dabei kommt es für die Beurteilung dieser Frage auf den Schwerpunkt der Tätigkeit an; liegt der Schwerpunkt in einer reinen Beratertätigkeit, so ist diese von der Versicherungspflicht nicht erfasst (BSG, Urteil v. 23.4.2015, B 5 RE 23/14 R; vgl. auch GRA der DRV zu § 2 SGB VI, Stand 7.12.2023, Anm. 4.2.4; vgl. zur Abgrenzung bzw. Differenzierung zwischen beratender und lehrender Tätigkeiten instruktiv auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 4.11.2020, L 2 R 48/18 unter Bezugnahme auf BSG, Urteil v. 23.4.2015, B 5 RE 23/14 R). Nicht notwendiger Bestandteil der Lehrertätigkeit ist, dass deren Inhalt Gedächtnisspuren hinterlässt; demgemäß ist es nicht erforderlich, dass z. B. der Inhalt der Lehrveranstaltung außerhalb des Kurses reproduzierbar ist. Das BSG knüpft insoweit daran an, dass der Begriff des Lehrers nicht auf solche Personen beschränkt ist, deren Unterrichtstätigkeit auf die Vermittlung ganz oder überwiegend von Lernstoff geistiger Art ausgerichtet ist. Daher handelt es sich um eine Lehrertätigkeit im rentenrechtlichen Verständnis, wenn der Betroffene – wenn auch nur flüchtige – spezielle Fähigkeiten durch praktischen Unterricht in der organisierten Form eines Kurses im institutionellen Rahmen des jeweiligen Studios vermittelt (vgl. in diesem Sinne bereits BSG, Urteil v. 12.10.2000, B 12 RA 2/99 R m. w. N.; und insbesondere auch BSG, Urteil v. 22.6.2005, B 12 RA 6/04 R, Rz. 21 f.).
Rz. 41
Ein Yoga- und Pilates-Lehrer bzw. ein Aerobic-Trainer, der Gesundheitskurse gibt, erfüllt daher die Merkmale einer Tätigkeit eines Lehrers, wenn er spezielle Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zum Training sämtlicher Muskelgruppen vermittelt (BSG, Urteil v. 27.9.2007, B 12 R 12/06 R; zur Rentenversicherungspflicht selbstständiger Aerobic-Trainer als Lehrer vgl. auch BSG, Urteil v. 22.6.2005, B 12 RA 6/04 R). Die Vermittlung von Bewegungsabläufen reicht daher aus. Dies ist im Einzel- oder im Gruppenunterricht möglich. Sofern jedoch die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten nicht tragend ins Gewicht fällt und es hauptsächlich um die Motivation der Kursteilnehmer geht, entfällt die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung, z. B. bei sog. Spinning-Lehrern (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 18.3.2013, L 3 R 713/12). Weiter gehören die Personen dazu, die Unterricht in praktischen Tätigkeiten erteilen (z. B. Turn-, Reit-, Schwimm-, Fahr- und Golflehrer). Hingegen werden gemäß Nr. 1 nicht die Selbstständigen einbezogen, die im künstlerischen Bereich (z. B. als Ballettlehrer) tätig sind. Insofern greift Nr. 5 ein. Besondere Anforderungen an die Qualifikation des Lehrers sind hingegen nicht zu stellen, es ist insbesondere nicht zu prüfen, welche fachlichen und/oder pädagogischen Kenntnisse und Fähigkeiten vorhanden sind. Die Versicherungspflicht nach Nr. 1 erfasst daher auch Personen, die über keine besondere pädagogische Ausbildung verfügen (BSG, Urteil v. 12.10.2000, B 12 RA 2/99 R; BSG, Urteil v. 29.8.1963, 3 RK 86/59 am Beispiel des Golflehrers). Der weite Lehrerbegriff setzt dabei keine abgeschlossene Ausbildung voraus (so ausdrücklich für das Berufsbild des Erziehers auch: Pietrek, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 2 Rz. 104). Auch spielt es keine Rolle, ob es sich um ein durch eine Ausbildungsordnung geregeltes Berufsbild handelt (BSG, a. a. O.). Daher unterliegt auch eine Tagesmutter der Versicherungspflicht nach § 2 Nr. 1 (BSG, Urteil v. 25.5.2011, B 12 R 13/09 R). Ebenso ist es unerheblich, ob die Tätigkeit im eigenen Betrieb ausgeübt wird oder nicht (BSG, Urteil v. 19.12.1979, 12 RK 52/78). Die Ausübung der Tätigkeit als Lehrer ist auch nicht deshalb zu negieren, weil der Betroffene über eine anderweitige Absicherung verfügt. Der eindeutige Wortlaut, der Zweck und Systematik des Gesetzes verbieten es, gesetzlich geregelte Tatbestände der Versicherungspflicht jeweils entsprechend der individuellen Schutzbedürftigkeit des Betroffenen zu definieren (Bay. LSG, Urteil v. 11.11.2010, L 6 R 220/09 Rz. 24, unter Bezugnahme auf BSG, Urteil v. 23.9.1980, 12 RK 41/79). Ein in einem Sportverein tätiger selbstständiger ...