Rz. 2
Sind für einen Versicherten während seines versicherungspflichtigen Erwerbslebens Rentenversicherungsbeiträge zu verschiedenen Versicherungszweigen entrichtet worden, so ist ein Fall der Wanderversicherung gegeben. Während bis zum 31.12.2004 vom Grundsatz her 3 – an Berufstätigkeiten orientierte – Versicherungszweige nebeneinander bestanden, nämlich die Rentenversicherung der Arbeiter, der Angestellten und die knappschaftliche Rentenversicherung, hat sich die Struktur der gesetzlichen Rentenversicherung mit der zum 1.1.2005 in Kraft getretenen Organisationsreform grundlegend geändert (vgl. insoweit die §§ 125ff. und die dortige Komm.), indem nur noch zwischen den Zweigen der allgemeinen und der knappschaftlichen Rentenversicherung unterschieden wird (vgl. Dünn, in: Kreikebohm, SGB VI Sozialgesetzbuch Gesetzliche Rentenversicherung, 3. Aufl., § 125 Rz. 3). Beitragsentrichtungen zu verschiedenen Versicherungszweigen können entweder auf einem Wechsel der Tätigkeit (z. B. Ausübung eines Angestelltenberufs im Anschluss an eine bergmännische Tätigkeit) oder auf Mehrfachbeschäftigungen (gleichzeitige Ausübung von Tätigkeiten verschiedener Versicherungszweige) beruhen. Die hierdurch begründete Wanderversicherung bedurfte in zweierlei Hinsicht der gesetzlichen Regelung: Zum Einen war entsprechend dem Gedanken eines einheitlichen Versicherungsverhältnisses sicherzustellen, dass Versicherte im Leistungsfall aus den von ihnen zu den verschiedenen Versicherungszweigen entrichteten Beiträgen von dem zuständigen Versicherungsträger eine einheitliche Gesamt-Rentenleistung erhalten. Dieser Grundsatz ist seit dem 1.1.1934 in der gesetzlichen Rentenversicherung gesetzlich verankert und wird heute durch § 80 gewährleistet. Darüber hinaus erschien ein Belastungsausgleich zwischen den in Anspruch genommenen Trägern der verschiedenen Versicherungszweige insbesondere vor dem Hintergrund des Rückgangs der Beschäftigten im Bergbau seit dem Ende der 60iger Jahre sowie im Bergbau der neuen Bundesländern nach der Wiedervereinigung geboten. Hierdurch gingen der knappschaftlichen Rentenversicherung zunehmend Beitragszahler verloren, die nachfolgend Beiträge zu anderen Versicherungszweigen entrichteten, obwohl von der Knappschaft auf der anderen Seite trotz Minderung des Beitragsaufkommens Rentenleistungen weiterhin in erheblichem Umfang zu erbringen waren bzw. sind.
Verschärfend kam zulasten der knappschaftlichen Rentenversicherung hinzu, dass die ehemalige Bundesknappschaft seit dem 1.1.2002 bzw. die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See seit dem 1.1.2005 für Rentenzahlungen und die übrigen in § 23 Abs. 1 SGB I aufgeführten Leistungen schon immer dann zuständig ist, wenn nur ein Beitrag zur knappschaftlichen Rentenversicherung entrichtet wurde (§ 130, § 140 a. F.). Das Gesetz ist allerdings nicht auf Ausgleichzahlungen allein zugunsten der Knappschaft-Bahn-See beschränkt, sondern regelt in den Abs. 1 bis 5 den Grundsatz eines an den Leistungsfällen orientierten wechselseitigen Lastenausgleichs (vgl. hierzu auch Rz. 4 und 5): Wird ein Leistungsanspruch nach dem SGB VI festgestellt, erstattet im Falle der Leistungspflicht der Knappschaft-Bahn-See (als Träger der knappschaftlichen Rentenversicherung) der Träger der allgemeinen Rentenversicherung der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See den Leistungsanteil, der auf den Träger der allgemeinen Rentenversicherung entfällt (§ 223 Abs. 1). Im umgekehrten Fall erstattet die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See dem jeweiligen Träger der allgemeinen Rentenversicherung im Falle seiner Leistungspflicht den auf Zeiten der knappschaftlichen Rentenversicherung entfallenden Leistungsanteil (§ 223 Abs. 2). Dies gilt nach Abs. 4 entsprechend für die von der Rentenversicherung zu tragenden Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung nach § 249a SGB V sowie für die Zuschüsse zur Krankenversicherung nach § 106. Darüber hinaus regelt Abs. 6 durch den mit dem SGB VI erstmalig eingeführten Wanderversicherungsausgleich hingegen einen einseitig zugunsten der Knappschaft-Bahn-See ausgestalteten Zahlungsausgleich. In Übereinstimmung mit der durch das RVOrgG v. 9.12.2004 (BGBl. I 3242) mit Wirkung zum 1.1.2005 neu geregelten Organisations- und Zuständigkeitsstruktur der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, die nicht mehr zwischen einer Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten unterscheiden (vgl. §§ 125ff.), regelt auch § 223 einen finanziellen Ausgleich nur noch zwischen den Trägern der allgemeinen Rentenversicherung auf der einen und der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Träger der knappschaftlichen Rentenversicherung auf der anderen Seite (vgl. grundlegend Mörschel/Wiederspahn, DRV 2005 S. 15). Ein Finanzausgleich zwischen den Trägern der allgemeinen Rentenversicherung untereinander findet im Hinblick auf den zwischen diesen Trägern bestehenden Finanzverbund (vgl. § 219) nicht statt.