0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift ist durch Art. 1 Nr. 129 des Renten-Überleitungsgesetzes (RÜG) v. 25.7.1991 (BGBl. I S. 1606) mit Wirkung zum 1.1.1992 (Art. 42 Abs. 1 RÜG) in das SGB VI eingefügt worden. Abs. 2 wurde durch Art. 1 Nr. 74 des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes v. 21.7.2004 (BGBl. I S. 1791) mit Wirkung zum 1.8.2004 (Art. 15 Abs. 1 RV-Nachhaltigkeitsgesetz) geändert. Hierbei handelt es sich um eine redaktionelle Folgeänderung zu § 314, dessen Abs. 3 bis 5 wegen Zeitablaufs entbehrlich geworden sind. Durch Art. 3 Nr. 16 des Fünften Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (5. SGB IV-ÄndG) v. 15.4.2015 (BGBl. I S. 583) wurde Abs. 3 mit Wirkung zum 1.7.2015 aufgehoben. Zuletzt wurde Abs. 2 durch Art. 4 Nr. 20b und Art. 23 Abs. 2 des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (6. SGB IV-ÄndG) v. 11.11.2016 (BGBl. I S. 2500) mit Wirkung zum 17.11.2015 erneut an § 314 redaktionell angepasst, weil jene Vorschrift um einen Absatz erweitert worden ist.
1 Allgemeines
Rz. 2
§ 314a regelt die Anwendung der Vorschriften über die Einkommensanrechnung gemäß §§ 97 und 314 auf Hinterbliebenenrenten im Beitrittsgebiet in Übergangsfällen.
Abs. 1 bestimmt, dass die Vorschriften über die Anrechnung von Einkommen auf Renten wegen Todes (§ 97) ab dem 1.1.1992 (auch) auf Witwen- oder Witwerrenten anwendbar sind, die sich am 31.12.1991 nach den im Beitrittsgebiet geltenden Vorschriften richteten. Dies hat einerseits zur Folge, dass die bisher im Beitrittsgebiet geltenden Bestimmungen über die Kürzung der neben einer Versichertenrente bezogenen Witwenrente oder Witwerrente auf 25 % sowie die dortigen einschränkenden Voraussetzungen (z. B. Witwenrente grundsätzlich nur an über 60-jährige Witwen, Witwerrente nur an über 65-jährige Witwer) entfallen. Andererseits werden auf den nunmehr unbedingten Witwenrentenanspruch und – bei Todesfällen ab 1.1.1986 – Witwerrentenanspruch die Vorschriften über die Einkommensanrechnung auf Renten wegen Todes auch im Beitrittsgebiet angewendet. Dies gilt auch in den Fällen, in denen – bei Todesfällen vor 1986 – Anspruch auf Witwerrente besteht, weil die Voraussetzung des überwiegenden Unterhalts durch die verstorbene versicherte Ehefrau erfüllt war (BR-Drs. 197/91).
Darüber hinaus enthält Abs. 2 eine Sonderregelung zu der Vertrauensschutzvorschrift des § 314; denn des in § 314 gewährten Schutzes Hinterbliebener, die auf den Fortbestand des bis zum 31.12.1985 in den alten Bundesländern geltenden Hinterbliebenenrechts vertraut haben, bedarf es für Berechtigte des Beitrittsgebiets, die am 18.5.1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatten, nicht.
2 Rechtspraxis
2.1 Einkommensanrechnung auf Witwenrenten/Witwerrenten im Beitrittsgebiet (Abs. 1)
Rz. 3
Eine Einkommensanrechnung gemäß § 97 erfolgt nach Abs. 1 – abweichend von § 314 – bei Witwen- und Witwerrenten, wenn der Versicherte vor dem 1.1.1992 verstorben ist, die Witwen- oder Witwerrente am 31.12.1991 nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht gewährt und durch Umwertung oder Neuberechnung ab dem 1.1.1992 nach §§ 307a oder 307b neu festgestellt wurde.
Darüber hinaus werden von Abs. 1 auch diejenigen Witwen- und Witwerrenten erfasst, auf die erstmalig ab dem 1.1.1992 nach §§ 46, 243 ein Anspruch besteht, weil die einschränkenden Voraussetzungen der §§ 19 und 21 der 1. Renten-VO, die im Beitrittsgebiet bis zum 31.12.1991 für einen Anspruch auf Witwenrente/Witwerrente maßgebend waren, nicht vorgelegen haben.
Nicht unter Abs. 1 fallen hingegen Ansprüche nach Art. 2 RÜG; diese richten sich nicht nach den Vorschriften des SGB VI.
2.2 Keine Vertrauensschutzregelungen für Witwenrenten/Witwerrenten im Beitrittsgebiet (Abs. 2)
Rz. 4
Nach Abs. 2 sind die in § 314 Abs. 1 und 2 enthaltenen Vertrauensschutzregelungen, nach denen eine Einkommensanrechnung nicht erfolgt, wenn der Versicherte vor dem 1.1.1986 gestorben ist oder die Ehegatten bis zum 31.12.1988 eine wirksame Erklärung über die weitere Anwendung des bis zum 31.12.1985 in den alten Bundesländern geltenden Hinterbliebenenrechts abgegeben haben (§ 314 Abs. 1) oder der Versicherte vor dem 1.1.1986 gestorben ist und zu einem späteren Zeitpunkt eine Witwen- oder Witwerrente nach dem vorletzten Ehegatten beansprucht wird (§ 314 Abs. 2), nicht anzuwenden, wenn der Versicherte, die Witwe oder der Witwer am 18.5.1990 den gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatten. Hatte die Witwe oder der Witwer am 18.5.1990 seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet, so wird das Einkommen also auch dann nach Maßgabe des § 97 angerechnet, wenn die Voraussetzungen des § 314 Abs. 1 oder 2 vorliegen.
Rz. 5
Die Beurteilung des gewöhnlichen Aufenthalts richtet sich nach § 30 SGB I. Danach hat jemand dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt.
Rz. 6
Gemäß § 18 Abs. 3 SGB IV ist Beitrittsgebiet das in Art. 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet. Nach dem Einigungsvertrag setzt sich das Beitrittsgebiet zusammen aus den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie vom Land Berlin...