Rz. 63
Mit der Regelung in Abs. 3 sollen Doppelleistungen vermieden werden. Auch in anderen sozialen Sicherungssystemen hat sich das Versorgungsniveau gemindert mit der Folge, dass zum Ausgleich – wie in der Rentenversicherung – zusätzliche Leistungen beansprucht werden können. Sofern also die Witwe/der Witwer eine dem Zuschlag an Entgeltpunkten gleichwertige Leistung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen erhält, kommt ein Zuschlag im Rahmen von § 78a nicht in Betracht. In diesem Falle ist davon auszugehen, dass auch die Absenkung des Versorgungsniveaus für Hinterbliebene in der gesetzlichen Rentenversicherung damit ausgeglichen ist (GRA der DRV zu § 78a SGB VI, Stand: 31.7.2023, Anm. 9).
Rz. 64
Voraussetzung für die Ablehnung eines Zuschlags nach Abs. 1 ist, dass eine Gleichwertigkeit zwischen dem erstrebten Zuschlag und einer Leistung nach beamtenrechtlichen Vorschriften vorliegt. Hierbei reicht es aus, wenn der zuschlagsberechtigte Witwer oder Witwe nach Abs. 1 überhaupt nach beamtenrechtlichen Vorschriften diesbezüglich eine Leistung bezieht; diese gilt als systembezogen annähernd gleichwertige Leistung. Es ist dann keine Einzelfallprüfung mehr notwendig, um die Gleichwertigkeit im Einzelnen festzustellen. Dies ergibt sich aus § 56 Ab. 4 Nr. 3 (seit der Fassung des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes v. 23.6.2014, BGBl. I S. 787). Die Vorschrift sieht vor, dass als in diesem Sinne systembezogen annähernd gleichwertig eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften gilt. Der Gesetzgeber hat damit eine einfachgesetzliche unwiderlegbare Fiktion geschaffen. Der Gesetzgeber hatte diese unwiderlegbare Fiktion in das Gesetz aufgenommen, um eine doppelte Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung in jedem Falle zu vermeiden. Daher sollten Beamte wieder generell von der Anrechnung der Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen werden, da die Beamtenversorgung systembezogen Leistungen für Kindererziehung erbringt (BT-Drs. 18/909 S. 22).
Rz. 65
§ 78a i. d. F. v. 19.2.2002 (gültig bis 31.12.2011) sah in seinem Abs. 2 Satz 4 vor, dass für Witwen oder Witwer, die zum Personenkreis des § 56 Abs. 4 gehören, keine Zuschläge an persönlichen Entgeltpunkten ermittelt wurden. Mit dem Vierten Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 22.12.2011 (BGBl. I S. 3057) wurde Abs. 2 Satz 4 als Folgeregelung zum neu eingefügten Abs. 1a zwar aufgehoben. Um jedoch weiterhin Doppelleistungen durch Zuschläge in der Rentenversicherung bei gleichwertigen Zuschlägen zu vermeiden, wurde der neue Abs. 3 eingefügt (BT-Drs. 17/6764 S. 20), dem letztlich bereits der alte Abs. 2 Satz 4 diente. Mit der Neuregelung des § 78a sollte nur das Regelungsziel dieser Vorschrift zielgenauer als bisher zum Ausdruck gebracht werden.
Rz. 66
Da mit der Überführung der Vorschrift in Abs. 3 keine Rechtsänderung einhergehend sollte, ist immer noch § 56 Abs. 4 in seiner jeweils gültigen Fassung maßgeblich, auf den im Übrigen Abs. 1a Nr. 1 nach wie vor ausdrücklich verweist (Abs. 2 Satz 4 war als Folgeregelung zu Abs. 1a gerade aufgehoben worden). Bei dem außer Kraft gesetzten Abs. 2 Satz 4 handelte es sich um einen Rechtsgrundverweis. Es ist kein Grund ersichtlich, warum das nicht auch nach der aktuellen Rechtslage des Abs. 3 der Fall sein soll, sodass sich die Frage der Gleichwertigkeit immer noch an § 56 Abs. 4 ausrichtet und daher (nunmehr) auch die unwiderlegbare Vermutung erfasst.