0 Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift wurde im Zusammenhang mit der Neufassung des SGB X v. 18.1.2001 (BGBl. I S. 130) neu bekanntgemacht. Sie wurde durch das Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer Gesetze v. 18.5.2001 (BGBl. I S. 904), mit dem die Vorschriften des SGB X an die EU-Datenschutzrichtlinie angepasst wurden (Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 24.10.1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, ABl. EG L 281 v. 23.11.1995 S. 31), nur redaktionell geändert.
Mit dem Hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherungs-Neuregelungs-Gesetz (HZvNG) v. 21.6.2002 (BGBl. I S. 2167) und dem Zweiten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2002 (BGBl. I S. 4621) wurde jedoch Abs. 1 ergänzt und der Kreis der Stellen, zwischen denen Abrufverfahren möglich sind, erweitert. Dabei wurde der Bereich der Sozialleistungsträger i. S. v. § 35 SGB I und der ihnen gleichgestellten Stellen nach § 69 Abs. 2 verlassen.
Abs. 1 Satz 1 wurde zum 1.10.2005 durch Art. 9 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung (RVOrgG) v. 9.12.2004 (BGBl. I S. 3242) den neuen Gegebenheiten in der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst.
Durch Art. 5 des Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 5.8.2010 (BGBl. I S. 1127) wurden zum 11.8.2010 in Abs. 1 die Worte "/Verwaltungsstelle Cottbus" gestrichen.
Durch Art. 9 des Gesetzes zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-NOG) v. 12.4.2012 (BGBl. I S. 579) wurde § 79 zum 1.1.2013 um einen Abs. 1a erweitert, der die Einrichtung eines automatisierten Abrufverfahrens für eine Datei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau gegenüber bestimmten Stellen zulässt.
Mit Wirkung zum 5.4.2017 wurde durch Art. 166 des Gesetzes zum Abbau verzichtbarer Anordnungen der Schriftform im Verwaltungsrecht des Bundes v. 29.3.2017 (BGBl. I S. 626) Abs. 2 Satz 2 erweitert um die Alternative "oder elektronisch".
Zum 25.5.2018 wurde § 79 durch Art. 24 des Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften vom 17.7.2017 (BGBl. I S. 2541) an die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG – Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), ABl. L 119/1, redaktionell angepasst, insbesondere an die Begriffsbestimmungen des Art. 4 DSGVO.
1 Allgemeines
Rz. 2
§ 79 regelt automatisierte Verfahren auf Abruf und soll durch Vorgabe besonderer zusätzlicher Kriterien für die Übermittlung im Wege der Datenfernübertragung der erhöhten Gefahr eines Verstoßes gegen die Zweckbindungsvorschriften (§§ 67b und 67c) in Fällen eines Bereithaltens der Daten zum Abruf für andere Stellen entgegenwirken (BT-Drs. 18/12611). Die Zulässigkeit der Norm ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und e i. V. m. Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 Buchst. b, Satz 2 DSGVO.
Online- oder Abrufverfahren enthalten besondere Risiken, weil alle Aktivitäten beim Dritten, an den übermittelt wird, liegen. Um hierzu einen Ausgleich zu schaffen und das Sozialgeheimnis zu wahren, wurde mit § 79 eine spezielle Vorschrift geschaffen. Sie regelt die Zulässigkeit, die Ausgestaltung und die Kontrolle automatisierter Verfahren auf Abruf, nicht dagegen die Zulässigkeit des einzelnen Abrufs. Dieser ist nur zulässig, wenn eine Rechtsvorschrift dies anordnet oder erlaubt oder die betroffene Person eingewilligt hat.
Rz. 3
Der Begriff "Abruf" ist im Sozialdatenschutz und auch in Art. 4 DSGVO nicht definiert. Er wird in der DSGVO nicht und im SGB nur im Zusammenhang mit automatisierten Verfahren "auf Abruf" verwendet, z. B. auch in § 148 Abs. 3 SGB VI.
Aus dem Wortlaut "wegen der Vielzahl der Übermittlungen" in § 79 Abs. 1 Satz 1 ergibt sich, dass das Abrufen von Daten in diesem Zusammenhang als eine Form der Übermittlung einzuordnen ist. Auch der Begriff der Übermittlung ist seit dem 25.5.2018 weder in der DSGVO noch im SGB definiert. Aus § 67d Abs. 1 ist jedoch zu entnehmen, welche Vorgänge der Verarbeitung Übermittlung i. S. d. SGB X sind: "Bekanntgabe von Sozialdaten durch ihre Weitergabe an einen Dritten oder durch Einsichtnahme oder den Abruf eines Dritten von zur Einsicht oder zum Abruf bereitgehaltenen Daten". Zu den Begriffsbestimmungen des Art. 4 DSGVO und des § 67 wird auf die Komm. zu § 67 verwiesen.
Rz. 4
Die besonderen, aber auch engeren Vorschriften der Rentenversicherung (§ 148 Abs. 3, § 150 Abs. 4 SGB VI) haben für diesen Versicherungszweig jedoch Vorrang (vgl. § 37 SGB I).
2 Rechtspraxis
2.1 Zur Anwendung berechtigte Stellen (Abs. 1)
Rz. 5
Die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens auf Abruf ist nur zulässig zwischen den in § 35 SGB I genannten Stellen und den Stellen nach § 69 Abs. 2 sowie der Deutschen Rentenversicherung Bund zur Erfüllung ihrer Aufgabe als Zentrale Zulagenstelle (ZfA). Die ZfA wird hier als Finan...