Leitsatz
1. Sagt eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Alters- und/oder eine Invaliditätsversorgung zu, so ist diese Zusage im Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn die Versorgungsverpflichtung im Zeitpunkt der Zusage nicht finanzierbar ist. In diesem Fall stellen die Zuführungen zu der zu bildenden Pensionsrückstellung vGA dar (Bestätigung des Senatsurteils vom 20.12.2000, I R 15/00, BFHE 194, 191).
2. Eine Versorgungszusage ist nicht finanzierbar, wenn die Passivierung des Barwerts der Pensionsverpflichtung zu einer Überschuldung der Gesellschaft im insolvenzrechtlichen Sinn führen würde.
3. Auch bei der Beurteilung der Finanzierbarkeit einer im Invaliditätsfall eintretenden Versorgungsverpflichtung ist nur deren im Zusagezeitpunkt gegebener versicherungsmathematischer Barwert (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG) anzusetzen. Es ist nicht von demjenigen Wert auszugehen, der sich bei einem alsbaldigen Eintritt des Versorgungsfalls ergeben würde (Bestätigung des Senatsurteils in BFHE 194, 191).
4. Ist eine Versorgungsverpflichtung in ihrer Gesamtheit nicht finanzierbar, so ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter statt der unfinanzierbaren eine finanzierbare Verpflichtung eingegangen wäre.
Normenkette
§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG , § 6a Abs. 1 EStG , § 6a Abs. 3 EStG
Sachverhalt
Es ging um eine 1989 gegründete GmbH, die ein Restaurant betreibt und die ihrem Alleingesellschafter-Geschäftsführer am 1.1.1994 eine Pensionszusage über eine lebenslange Altersrente i.H.v. 6 000 DM mtl. ab dem 65. Lebensjahr und eine gleich hohe Invaliditätsrente gegeben hatte. Ende 1995 schloss sie für die Alterszusage eine sog. partiell kongruente Rückdeckungsversicherung ab; das Invaliditätsrisiko blieb ungesichert.
Das FA errechnete, dass der Kapitalwert der Rentenverpflichtung das bilanzielle Eigenkapital der Klägerin übersteige. Deshalb müssten die Zuführungen zu der Pensionsrückstellung in den Streitjahren 1994 bis 1996 als vGA angesehen werden.
Entscheidung
Anders als das FG (EFG 200, 1348) vertrat der BFH die aus den Praxis-Hinweisen ersichtliche differenzierte Lösung: Die Versorgungsanwartschaft müsse zwar finanzierbar sein. Dabei dürfe jedoch nicht der jederzeitige Eintritt des Versorgungsfalls als des größten denkbaren Risikos unterstellt werden, vielmehr nur ein wahrscheinlichkeitsgerechter Geschehensablauf.
Maßgebend sei deswegen der sog. Anwartschaftsbarwert der Zusage, dem die insolvenzrechtlichen Werte gegenüberzustellen seien. Eine ggf. positive Fortführungsprognose sei zu berücksichtigen, was wiederum die Berücksichtigung der Ertragslage und der Ertragsaussichten bedinge. Sei hiernach eine Überschuldungssituation gegeben, komme unter Umständen eine Teilfinanzierbarkeit des jeweiligen Versorgungsversprechens – abgegrenzt nach Alters-, Invaliditäts- und/oder Witwenversorgung – in Betracht.
Hinweis
Der BFH setzt für den Themenkreis "vGA und Pensionszusage" gewissermaßen den Schlussstein in einer Reihe von Entscheidungen, die er in jüngster Zeit zur Frage der Finanzierbarkeit der Pensionszusage getroffen hat. Anlass dazu bot das vielfach diskutierte BMF-Schreiben vom 14.5.1999 (BStBl I 1999, 512), dem der BFH ersichtlich nicht zu folgen bereit ist.
1. Dabei geht es zum einen um die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Finanzierbarkeit der Versorgungsanwartschaft im Zusagezeitpunkt gesichert sein muss, und zum anderen darum, ob, unter welchen Voraussetzungen und wann eine Zusagenanpassung vorgenommen werden muss, wenn sich die wirtschaftliche Situation der zusagenden Kapitalgesellschaft mit Folgen für die Finanzierbarkeit in späterer Zeit verschlechtert. Die Gegebenheiten waren so, dass der BFH zuerst die zweite – und an sich nachrangige – Frage zu beantworten hatte, nämlich im Urteil vom 8.11.2000, I R 70/99. Dieses wurde in BFH-PR 2001, 182 mit etlichen Praxis-Hinweisen vorgestellt und darauf ist zu verweisen.
Nur so viel sei wiederholt: Der BFH hat im Grundsatz entschieden, dass eine Anpassung nur dann in Betracht kommen kann, wenn (1.) die Passivierung des Barwerts der Pensionsverpflichtung zu einer Überschuldung der Gesellschaft im insolvenzrechtlichen Sinn führen würde, und (2.), ausschlaggebend ist auch im Fall der Invaliditätsrente nicht derjenige (Erfüllungs-)Wert, der sich bei fiktivem Eintritt des Versorgungsfalls am Bilanzstichtag ergäbe, vielmehr derjenige Wert, der einer versicherungsmathematischen Wahrscheinlichkeit des Versorgungsfalls entspricht. Das ist der sog. Anwartschaftsbarwert i.S.v. § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG.
2. Soweit zur Frage der Versorgungsanpassung. Es lag nahe, dass der BFH für den Fall der erstmaligen Zusage (oder deren erstmaliger Erhöhung) nicht anders entscheiden würde. Das bahnte sich bereits in einer weiteren Entscheidung an, jener vom 20.12.2000, I R 15/00. Auch über dieses Urteil wurde in dieser Zeitschrift ausführlich berichtet (BFH-PR 2001, 222).
Dort war bereits "Klartext" hinsichtlich der Passivseite und dami...