Dipl.-Finw. (FH) Wilhelm Krudewig
Die steuerfreien Arbeitgeberleistungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mindern den als Entfernungspauschale (Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit) abziehbaren Betrag. Bei Überlassung einer Fahrberechtigung oder Zuschüssen zu einer vom Arbeitnehmer selbst erworbenen Fahrberechtigung sind die Kosten, die auf Dienstreisen entfallen, vorrangig zu berücksichtigen.
8.1 Höhe des Anrechnungsbetrags
Der Minderungsbetrag entspricht dem Wert der überlassenen Fahrberechtigung oder dem geleisteten Zuschuss, der ohne die Steuerbefreiung als Arbeitslohn zu besteuern gewesen wäre. Aus Vereinfachungsgründen bestehen keine Bedenken, als Wert der überlassenen Fahrberechtigung die Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen.
8.2 Aufteilung bei einer Gültigkeit über mehr als ein Kalenderjahr
Fahrberechtigungen mit einem Gültigkeitszeitraum, der sich über 2 oder mehr Kalenderjahre erstreckt, gelten in dem Kalenderjahr als zugeflossen, in dem die Arbeitgeberleistung erbracht wird. Für die Anrechnung auf die Entfernungspauschale ist der Wert der Fahrberechtigung anteilig auf den Gültigkeitszeitraum der Fahrberechtigung zu verteilen und entsprechend zu bescheinigen.
Entfernungspauschale wird durch steuerfreie Arbeitgeberleistung gemindert
Der Arbeitgeber überlässt seinem Arbeitnehmer am 1.7.01 ein Jahresticket (Gültigkeit bis zum 30.6.02) für den regionalen Verkehrsverbund B, das er zum Preis von 600 EUR erworben hat.
Lösung: Das überlassene Jahresticket im Wert von 600 EUR ist als Fahrberechtigung des öffentlichen Personennahverkehrs vollständig steuerfrei. Der Wert von 600 EUR ist für die Anrechnung auf die Entfernungspauschale aber anteilig auf den Gültigkeitszeitraum der Fahrberechtigung von 12 Monaten zu verteilen und entfällt somit mit 300 EUR auf das Jahr 01 und mit 300 EUR auf das Jahr 02.
Eine Minderung der Entfernungspauschale erfolgt maximal bis auf 0 EUR und ist unabhängig von der tatsächlichen Nutzung der vom Arbeitgeber überlassenen oder bezuschussten Fahrberechtigung vorzunehmen. Eine Kürzung der Entfernungspauschale erfolgt daher auch in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer die steuerfreie Fahrberechtigung tatsächlich nicht oder ganz bzw. teilweise privat nutzt. Die Minderung unterbleibt hingegen, wenn der Arbeitnehmer wirksam auf die Fahrberechtigung verzichtet hat.
Die Minderung erfolgt von der abziehbaren Entfernungspauschale, die nach § 9 Absatz 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG ermittelt wurde, d. h. nach Beachtung der 4.500-EUR-Grenze. Im Übrigen ist § 3c Abs. 1 EStG zu beachten.
8.3 Individuelle Bescheinigung der steuerfreien Leistung an Arbeitnehmer
Der Arbeitgeber muss die nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfreie Leistung grundsätzlich individuell für jeden Arbeitnehmer ermitteln und in Zeile 17 der Lohnsteuerbescheinigung bescheinigen. Bietet der Arbeitgeber gleichartige Fahrberechtigungen allen seinen Arbeitnehmern an und zahlt hierfür an den Verkehrsträger einen pauschalen Preis pro Arbeitnehmer, kann er zur Ermittlung des Minderungsbetrags für den einzelnen Arbeitnehmer seine Gesamtaufwendungen einschließlich Umsatzsteuer nach gleichen Anteilen auf die Anzahl aller Arbeitnehmer aufteilen, unabhängig davon, wie viele Arbeitnehmer die Fahrberechtigungen annehmen oder auf sie verzichten.
Arbeitgeber bietet allen Arbeitnehmern gleichartige Fahrberechtigungen und vereinbart pauschalen Ticketpreis
Ein Arbeitgeber schließt mit einem regionalen Verkehrsträger einen Vertrag, wonach alle 50 Arbeitnehmer des Arbeitgebers eine Fahrberechtigung für den gesamten Verkehrsbund erhalten sollen. Hierfür zahlt der Arbeitgeber einschließlich Umsatzsteuer 30.000 EUR an den Verkehrsträger (pro Arbeitnehmer pauschal 600 EUR im Kalenderjahr). Arbeitnehmer A nutzt die Jahreskarte an 220 Arbeitstagen für seine Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte; die Fahrtstrecke beträgt bei A 50 km. Arbeitnehmer B nutzt die Jahreskarte nicht und fährt die 5 km zur Arbeit an allen 220 Tagen mit dem Auto. Arbeitnehmer C verzichtet wirksam auf die Fahrberechtigung.
Lösung:
Der Arbeitgeber teilt seine Aufwendungen von 30.000 EUR einschließlich Umsatzsteuer durch die Anzahl der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber weist danach (30.000 EUR : 50 Arbeitnehmer =) 600 EUR bei jedem Arbeitnehmer au, der auf die Fahrberechtigung nicht wirksam verzichtet hat, in Zeile 17 der Lohnsteuerbescheinigung aus, unabhängig von der tatsächlichen Nutzung. Die Überlassung der Jahreskarten ist bei A und B steuerfrei nach § 3 Nr. 15 EStG, da es sich um eine Fahrberechtigung für den öffentlichen Personennahverkehr (Verkehrsverbund) handelt. Die Entfernungspauschale ist bei A und B um 600 EUR zu kürzen (maximal bis auf 0 Euro).
Bei A ergibt sich eine Entfernungspauschale von 2.700 EUR
(50 km × 220 Arbeitstage × 0,30 Cent = 3.300 EUR – 600 EUR = 2.700 EUR)
Bei B ergibt sich eine Entfernungspauschale von 0 EUR
(5 km × 220 Arbeitstage × 0,30 Cent = 330 EUR – 600 EUR = max. 0 EUR)
Da C auf die Jahreskarte verzichtet hat, erfolgt bei ihm kein Ausweis in Zeile 17 seiner Lohnsteuerbescheinigung und keine Kürzung der Entfernungspauschale.
Hinweis: Die...