Überblick über wesentliche einkommen- und gewerbesteuerliche Änderungen
[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. Karl-Heinz Günther, StB
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 22.11.2024 dem Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) sowie dem Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 zugestimmt. Nachfolgend geben wir einen Überblick über die wesentlichen einkommensteuerlichen und gewerbesteuerlichen Änderungen, die in einigen Teilbereichen vom Regierungsentwurf abweichen.
A) JStG 2024
I. Einkommensteuerliche Änderungen
1. Steuerbefreiung für kleine Photovoltaikanlagen (§ 3 Nr. 72 EStG)
Die Anwendung der Steuerbefreiung wird für eine maximal zulässige Bruttoleistung von 30 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit für alle Gebäudearten vereinheitlicht. Die bisherige Begrenzung der Bruttoleistung auf insgesamt höchstens 100 Kilowatt (peak) pro Steuerpflichtigem oder Mitunternehmerschaft bleibt bestehen. Das Gesetz wurde zudem um die Klarstellung erweitert, dass es sich bei der Steuerbefreiung um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag handelt.
Inkrafttreten: Die Neuregelung gilt erstmals für Anlagen, die nach dem 31.12.2024 angeschafft, in Betrieb genommen oder erweitert werden.
2. Steuerbefreiung für Sanierungserträge (§ 3a EStG)
Nach § 3a Abs. 4 EStG sind bei Mitunternehmerschaften auch die Höhe des Sanierungsertrages und die Höhe der nach § 3a Abs. 3 S. 2 Nr. 1-6 und 13 EStG mindernden Beträge gesondert festzustellen. In § 3a Abs. 4 S. 1 EStG wird nun klargestellt, dass dies auch in den Fällen der Restschuldbefreiung gilt (§ 3a Abs. 4 S. 1 EStG).
Inkrafttreten: Ab dem Tag nach der Verkündung des Gesetzes.
3. Ausgleichsposten bei Entstrickung (§ 4g EStG)
§ 4g Abs. 1 S. 4 EStG wurde dahingehend neu gefasst, dass nun die Regelungen zur Bildung und Auflösung eines Ausgleichspostens entsprechend anzuwenden sind, wenn es aufgrund einer Umwandlung zu einer Aufdeckung stiller Reserven infolge der Beschränkung oder des Ausschlusses des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland kommt.
Inkrafttreten: Gilt in allen offenen Fällen.
4. Erweiterter Datensatz der E-Bilanz (§ 5b Abs. 1 EStG)
Mit einer (gegenüber dem Regierungsentwurf neuen) Ergänzung von § 5b Abs. 1 EStG wird eine Lücke bei der bislang unvollständigen elektronischen Übermittlungspflicht geschlossen. Die elektronische Übermittlungspflicht betrifft nun auch die Kontennachweise und das Anlagenverzeichnis. Sie gilt auch für Anhang, Lagebericht, Prüfungsbericht und die Verzeichnisse nach § 5 Abs. 1 S. 2 und § 5a Abs. 4 EStG.
Inkrafttreten: Die erweiterte Übermittlungspflicht der Kontennachweise gilt für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2024 beginnen. Die weiteren neuen Übermittlungspflichten finden erst für Wirtschaftsjahre Anwendung, die nach dem 31.12.2027 beginnen.
5. Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften (§ 6 Abs. 5 EStG)
Mit § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 4 EStG wird die Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften zum Buchwert ermöglicht. Hintergrund hierfür sind die Vorgaben des BVerfG (BVerfG v. 28.11.2023 – BvL 8/13, EStB 2024, 60 [Bleschick]). Abweichend vom Regierungsentwurf liegt eine unmittelbare oder mittelbare Begründung oder Erhöhung eines Anteils einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse an dem übertragenen Wirtschaftsgut auch vor, wenn dieser Anteil an die Stelle eines unmittelbaren oder mittelbaren Anteils einer anderen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse tritt.
Inkrafttreten: Die Neuregelung gilt in allen offenen Fällen. Da nicht auszuschließen ist, dass der Buchwertansatz sich im Einzelfall zuungunsten der Mitunternehmer auswirken kann, kann aus Vertrauensschutzgründen bei Übertragungen vor dem 12.1.2024 von einer Anwendung des § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 4 EStG abgesehen werden, wenn die an beiden Mitunternehmerschaften beteiligten Mitunternehmer dies gemeinsam beantragen.
6. Gebäudeabschreibung (§ 7a Abs. 9 EStG)
§ 7a Abs. 9 EStG wird an § 7 Abs. 5a EStG angepasst und stellt klar, dass sich nach Ablauf des maßgebenden Begünstigungszeitraums einer Sonderabschreibung die weitere AfA auch nach § 7 Abs. 5a EStG – also nach dem Restwert und dem nach § 7 Abs. 5a EStG maßgebenden Prozentsatz – bemessen kann. Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut auch vor Ablauf des Begünstigungszeitraums der Sonderabschreibung bereits degressiv nach § 7 Abs. 5a EStG abgeschrieben hat.
Inkrafttreten: Die Änderung gilt rückwirkend ab VZ 2023.
7. Kinderbetreuungskosten (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG)
Die in § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG enthaltene Begrenzung von zwei Drittel der Aufwendungen wird auf 80 % der Aufwendungen und der Höchstbetrag von 4.000 EUR auf 4.800 EUR erhöht. Diese Regelung war im Regierungsentwurf noch nicht enthalten.
Inkrafttreten: Ab Veranlagungszeitraum (VZ) 2025.
8. Sonderausgabenabzug von Vorsorgeaufwendungen
a) Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen (§ 10 Abs. 2 EStG)
Das Verbot des Abzugs von Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben bei einem Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen gilt nach § 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG nicht, soweit die Vorsorgeaufwendungen mit in der EU, im EWR oder in der Schweiz erzielten Einnahmen "aus nichtselbstständiger Tätigkeit" im Zusammenhang stehen, diese Einnahmen nach einem DBA im Inland steuerfrei sind und der Beschäftigungsstaat keinerlei steuerliche Berücksichtigung der Vorsorgeaufwendungen zulässt.
Die Beschränkung auf Arbeitnehmereinkünfte wird nun aufgehoben, so dass die Aus...