Zu prüfen bliebe, ob es unionsrechtskonform wäre, wenn in dem vorstehend unter V.2.b.dd. genannten Fall (Lieferung von fest installierten VuM, die als BV anzusehen sind, mit einem (Gebäude-)Grundstück) stets von der Steuerpflicht des Umsatzes auszugehen wäre (vorausgesetzt, es würde nicht ohnehin dem unter IV. dargestellten Verständnis gefolgt). Möglicherweise ergäbe sich aus dem Unionsrecht, dass der Umsatz als steuerfrei behandelt werden könnte.
1. Berufung auf Unionsrecht
Voraussetzungen: Weicht das nationale Recht, das eine EU-Richtlinie umsetzen soll, von dieser ab (hat also ein Mitgliedstaat eine Richtlinie nicht innerhalb der Umsetzungsfrist ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt), können sich Steuerpflichtige unmittelbar auf das Unionsrecht berufen, wenn dieses günstiger für sie ist. Voraussetzung ist, dass die betreffenden Bestimmungen der Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind.
Anspruch des Steuerpflichtigen: Ergäbe sich also aus dem Unionsrecht inhaltlich unbedingt und hinreichend genau, dass die gesamte Lieferung (Lieferung von fest installierten VuM, die als BV anzusehen sind, mit einem (Gebäude-)Grundstück) steuerfrei wäre, könnte ein Steuerpflichtiger – sofern das für ihn günstiger wäre – verlangen, dass unmittelbar die Regelungen der MwStSystRL angewendet werden und entgegenstehendes nationales Recht außer Anwendung bleibt.
Keine Ermächtigung für Behandlung von steuerfreien Umsätzen als steuerpflichtig: Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Ausnahme in Art. 371 MwStSystRL Deutschland lediglich dazu berechtigt, die Lieferung von Neubauten und Baugrundstücken weiterhin als steuerfrei zu behandeln, nicht aber dazu, Lieferungen, die ggf. nach Unionsrecht steuerfrei sind, als steuerpflichtig. Insofern ist also denkbar, dass das deutsche Mehrwertsteuerrecht in diesem Punkt (zumindest teilweise) zuungunsten der Steuerpflichtigen vom Unionsrecht abweicht.
2. Steuerfreiheit nach Unionsrecht
a) Gebäudegrundstücke
Nach nationalem Recht steuerpflichtig: Als Beispiel soll von der unter V.2.b.bb. dargestellten Fallkonstellation (Übertragung eines Stallgebäudes mit Heizungs-, Lüftungs- und Beleuchtungsanlagen) ausgegangen werden. Wäre diese ausnahmsweise so zu werten, dass die Übertragung der BV den Hauptbestandteil darstellt (z.B. weil die Anschaffungskosten der BV einen Anteil von 80 % an den gesamten Anschaffungskosten ausmachen bzw. weil es dem Erwerber in erster Linie darauf ankommt, die BV zu erwerben), käme nach nationalem Recht in Betracht, dass nicht nur die Übertragung dieser BV steuerpflichtig wäre, sondern auch die Übertragung des Stallgebäudes (mit GuB), da diese mehrwertsteuerrechtlich so zu behandeln wäre wie der Hauptbestandteil des Vorgangs.
Andere Regelungen im Unionsrecht: Dies wäre nach Unionsrecht, in diesem Fall Art. 135 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL, anders zu sehen. Wie oben gesagt (s. oben II.1.) sind nach dieser Regelung nicht die Umsätze mehrwertsteuerfrei, die der GrESt unterfallen (und die Umsätze steuerpflichtig, die nicht der GrESt unterfallen), sondern im Prinzip die Lieferungen von Gebäuden oder Gebäudeteilen und dem dazugehörigen GuB.
Fest installierte BV sind Gebäudeteile: Die Lieferung der eingebauten Anlagen (Heizungs- und Lüftungsanlagen zur Regelung des Stallklimas, Beleuchtungsanlagen etc.; s. oben V.2.b.dd.) wäre wohl als Lieferung von Gebäuden oder Gebäudeteilen anzusehen. Das ergibt sich nicht zuletzt aus den Wertungen, die dem Art. 13b MwStDVO zugrunde liegen. Nach dieser Regelung gehören zu einem "Grundstück" neben dem GuB und den Gebäuden bzw. Bauwerken, die fest mit dem GuB verbunden sind (samt ihren wesentlichen Bestandteilen), auch Sachen, Ausstattungsgegenstände oder Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude oder einem Bauwerk installiert sind, und die nicht bewegt werden können, ohne das Gebäude oder das Bauwerk zu zerstören oder zu verändern.
Lieferung daher steuerfrei: Sind die BV also fest installiert, sind sie Gebäudeteile, so dass ihre Übertragung gem. Art. 135 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL als steuerfrei behandelt werden könnte, wenn sich der Steuerpflichtige auf das Unionsrecht beruft. Da die Regelung hinreichend bestimmt und unbedingt ist, liegen die Voraussetzungen für ein unmittelbares Berufen auf das Unionsrecht auch vor.