Leitsatz
Wird einem Arbeitnehmer erlaubt, ein Firmenfahrzeug für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte entgeltlich zu nutzen und desgleichen nach vorheriger Genehmigung auch für sonstige Privatfahrten, so ist kein geldwerter Vorteil nach der 1%-Regelung anzunehmen, wenn als Entgelt ein angemessener Kilometersatz vereinbart ist (§ 8 Abs. 2 Satz 2 und 3 EStG; Abschnitt 31 Abs. 7 Nr. 4 LStR 1993). Es reicht dabei aus, wenn der Arbeitnehmer die Privatfahrt anhand eines Pflichtenheftes nachweist und die Kilometersätze aus Kostentabellen von Automobilclubs entnommen sind.
Sachverhalt
Ein Arbeitnehmer dürfte nach einer Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag "Kfz-Verträge" Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte generell mit dem Firmenfahrzeug zurücklegen und hatte dafür einen Kilometersatz von DM 0,80 an den Arbeitgeber entrichtet. Das Gleiche traf bei einzelnen Privatfahrten zu, die der Arbeitgeber vorab genehmigen musste. Der Arbeitnehmer musste ein Pflichtenheft führen, in dem allerdings die einzelnen Fahrten nicht aufzuzeichnen waren. Die Finanzverwaltung nahm mangels Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs einen geldwerten Lohnzufluss in Höhe der 1%-Regelung an und hat lediglich die tatsächlich entrichteten Beträge des Arbeitnehmers abgezogen - nach einer Billigkeitsregelung in den Lohnsteuerrichtlinien (Abschnitt 31 Abs. 7 Nr. 4 LStR 1993: der Sachverhalt spielte sich vor 1996 ab).
Entscheidung
Das FG München gab dem klagenden Arbeitnehmer Recht und setzte sich über die anders lautenden Lohnsteuerrichtlinien hinweg. Das Gericht geht zunächst davon aus, dass die Fallgestaltung gesetzlich nicht geregelt ist. Der Auffassung der Finanzverwaltung hält das Gericht vor, dass die Anrechnung des tatsächlich gezahlten Entgeltes auf den geldwerten Vorteil dogmatisch nicht einordenbar ist. Es handelt sich gerade nicht um Werbungskosten, da Privatfahrten vorliegen, andererseits fehlt es für die Annahme von negativen Einnahmen an einer gesetzlichen Grundlage. Konsequent kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Anwendungsbereich des § 8 EStG von vornherein nicht eröffnet ist, da kein geldwerter Zufluss festgestellt werden kann. Der Arbeitnehmer erhält zwar einen Nutzungsvorteil, muss ihn aber im Gegenzug vergüten. Ist das Entgelt angemessen taxiert, wonach eine Orientierung an den Kostentabellen von Automobilclubs ausreicht, ist das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ausgewogen und es liegt kein unentgeltlicher Vorteil für den Arbeitnehmer vor. Auch wenn kein Fahrtenbuch geführt wird, ist die 1%-Regelung nicht anzuwenden. Weiteres Erfordernis sei lediglich, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber gegenüber den Umfang der Privatfahrten im Rahmen eines Pflichtenheftes nachweist.
Hinweis
Rechtlich vermag das Urteil des FG München zu überzeugen. Begrifflich liegt kein geldwerter Vorteil für den Arbeitnehmer vor, wenn er den zugeflossenen Vorteil in angemessener Höhe vergüten muss. Leistung und Gegenleistung sind dann wie zwischen fremden Dritten ausgeglichen und die Kfz-Überlassung zu privaten Fahrten ist dann nicht Gegenleistung für geleistete Dienste sondern für das hierfür zu entrichtende, angemessene Entgelt. Im tatsächlichen Bereich lässt das FG jedoch noch Fragen offen: Da das Finanzgericht die Führung eines Fahrtenbuches nicht zur Voraussetzung des Ausschlusses des geldwerten Vorteiles macht, sondern nur ein nicht genauer definiertes Pflichtenheft verlangt, bleiben die Voraussetzung für die Lohnsteuerbefreiungen im Vagen. Es könnte also durchaus sein, dass der BFH im Revisionsverfahren die Anforderungen zu Lasten des Arbeitnehmers verschiebt: einerseits zur Frage, ob er nur vorab genehmigte Privatfahrten unternommen hat und andererseits inwieweit er den Umfang dieser Privatfahrten nachweisen muss. Insoweit ist es zu begrüßen, wenn der BFH in dieser Fallgestaltung für Klarheit sorgt (Az.: VI R 95/04).
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 16.11.2004, 6 K 229/02