Leitsatz
Einer Grundstücksgemeinschaft steht der Vorsteuerabzug aus Rechnungen für Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen eines Wohn- und Geschäftshauses nicht zu, wenn nach außen nur einer der Gemeinschafter als Vertragspartner auftritt, ohne offenzulegen, dass er auch im Namen des anderen Gemeinschafters handelt, und wenn die Rechnungen nur an ihn adressiert sind.
Normenkette
§ 15 Abs. 1 (S. 1) Nr. 1 S. 1, § 15 a, § 14 Abs. 4 UStG 1993/1999, Art. 17 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Grundstücksgemeinschaft, die in den Jahren 1994 bis 1996 umfangreiche Baumaßnahmen an einem Gebäude ausführen ließ, das im Miteigentum ihrer beiden Gemeinschafter, der Eheleute H, stand.
Das Gebäude wurde in den Jahren 1997 bis 2003 (Streitjahre) teils von den Eheleuten selbst genutzt, teils zu Wohnzwecken und teils zu gewerblichen Zwecken vermietet.
Im September 2004 optierte die Klägerin hinsichtlich der Vermietung der Gewerbeeinheiten nach § 9 UStG i.V.m. § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a UStG rückwirkend zur Steuerpflicht und beantragte die nachträgliche Gewährung von Vorsteuerbeträgen nach § 15a UStG. Sie machte außerdem Vorsteuerbeträge aus Leistungen geltend, die die laufenden Kosten des gewerblich vermieteten Gebäudeteils betrafen.
Das FA versagte den geltend gemachten Vorsteuerabzug und die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG mit der Begründung, dass ausweislich der vorliegenden Verträge der Gemeinschafter H der alleinige Auftraggeber sei und die Rechnungen auch nur an diesen adressiert seien.
Das FG gab der Klage statt. Es folgerte aus dem EuGH-Urteil in der Rs. "HE", dass der Klägerin der Vorsteuerabzug und der Vorsteuerkorrekturanspruch auch aus solchen Rechnungen zustünden, bei denen der Auftraggeber der Gemeinschafter H sei und die an diesen adressiert seien und nicht auf die Gemeinschaft Bezug nähmen (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.12.1007, 5 K 1821/05 C, Haufe-Index 1917613, EFG 2008, 572).
Entscheidung
Die Revision des FA führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Wegen des Anspruchs auf Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG habe das FG bereits nicht festgestellt, dass die Klägerin das Gebäude bei Bezug der Bauleistungen ihrem Unternehmen zugeordnet und es sich bei den Bauleistungen in den Jahren 1994 bis 1996 um nachträgliche Herstellungskosten und nicht um Erhaltungsaufwand gehandelt habe.
Im Übrigen habe das FG zu Unrecht angenommen, eine unternehmerisch tätige Bruchteilsgemeinschaft sei auch dann zum Vorsteuerabzug und zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs berechtigt, wenn nicht sie, sondern einer ihrer Gemeinschafter zivilrechtlicher Auftraggeber und Adressat der Rechnungen sei.
Hinweis
1. Bei einem sowohl privat als auch unternehmerisch genutzten Gebäude setzt der Vorsteuerabzug aus den (nachträglichen) Herstellungskosten eines Gebäudes voraus, dass der Unternehmer das Gebäude in Ausübung seines Zuordnungswahlrechts (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 08.05.2003, C-269/00, "Seeling", BFH/NV 2003, Beilage 3, 157) bei Bezug der Leistungen zumindest anteilig seinem Unternehmen zugeordnet hatte.
Die Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum Unternehmen erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers bei der Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands; die Zuordnung kann nicht unterstellt werden (vgl. BFH, Urteil vom 11.04.2008, V R 10/07, BFH/NV 2008, 1773, unter II. 4., BFH/PR 2008, 471).
Spätere Absichtsänderungen eines Steuerpflichtigen wirken nicht auf den Zeitpunkt des Leistungsbezugs zurück (vgl. BFH, Urteil vom 11.04.2008, V R 10/07, BFH/NV 2008, 1773, unter II.3.d.cc, BFH/PR 2008, 471).
2. Das für den Vorsteuerabzug des Unternehmers erforderliche Tatbestandsmerkmal des § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 UStG, dass die Lieferungen oder sonstigen Leistungen "für sein Unternehmen" ausgeführt worden sind, ist erfüllt, wenn der Unternehmer der Leistungsempfänger ist. Leistungsempfänger ist derjenige, der aus dem der Leistung zugrunde liegenden Schuldverhältnis als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist (vgl. BFH, Urteil vom 24.08.2006, V R 16/05, BFH/NV 2007, 172 unter II. 2.b, BFH/PR 2007, 108).
3. Ob eine Gemeinschaft oder Gesellschaft Leistungsempfängerin ist, hängt davon ab, ob der Handelnde gegenüber dem Auftragnehmer im eigenen Namen oder berechtigterweise in ihrem Namen aufgetreten ist (vgl. BFH, Urteil vom 24.08.2006, V R 16/05, BFH/NV 2007, 172 unter II. 2.b, BFH/PR 2007, 108).
Einer Gemeinschaft, die selbst unternehmerisch tätig ist, steht der Vorsteuerabzug danach nur zu, wenn die Leistung für sie in Auftrag gegeben worden und sie selbst Empfängerin dieser Leistung ist, wenn also Auftraggeber und Leistungsempfänger nicht die einzelnen Bauherren sind (BFH, Urteil vom 16.05.1995, XI R 50/93, BFH/NV 1996, 185).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Weg des Umkehrschlusses aus der Rechtsprechung des EuGH in dem Urteil vom 21.04.2005, C-25/03 "HE" (BFH/NV Beilage 2005, 196, BFH/PR 2005, 295). Dort hatte ei...