Leitsatz
Die Teilnahme an der Beratung der Prüfungskommission über das Ergebnis des mündlichen Teils der Steuerberaterprüfung kann Dritten nicht gestattet werden, selbst wenn diese bei der für die Abnahme der Prüfung zuständigen obersten Landesbehörde als Prüfer oder stellvertretende Prüfer bestellt sind.
Normenkette
§ 14 Abs. 2 DVStB, §§ 175, 193 Abs. 1 GVG
Sachverhalt
Im mündlichen Teil der Steuerberaterprüfung 2009 sowie bei der Beratung über die Notenvergabe für den mündlichen Teil der Prüfung hatte die Prüfungskommission die Anwesenheit eines Herrn X zugelassen, der nicht Mitglied des für die Abnahme der Prüfung berufenen Prüfungsausschusses war. Einer der erfolglosen Prüfungskandidaten hat daraufhin die Prüfungsentscheidung als verfahrensfehlerhaft angefochten. Das FG hat die Entscheidung (Sächsisches FG, Urteil vom 31.5.2011, 2 K 243/10, Haufe-Index 2721528, EFG 2012, 367) aufgehoben und das Staatsministerium verpflichtet, erneut für den Kläger eine mündliche Prüfung zum Steuerberaterexamen durchzuführen. Es hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass es für die Teilnahme von Herrn X an der Beratung des Prüfungsausschusses keine Rechtsgrundlage gebe und schon aufgrund der bloßen Anwesenheit desselben nicht auszuschließen sei, dass durch diese das Prüfungsergebnis beeinflusst worden sei.
Entscheidung
Der BFH hat die Entscheidung des FG bestätigt.
Hinweis
1. Für die Abnahme der Steuerberaterprüfung ist ein Prüfungsausschuss zuständig, der bei der für die Finanzverwaltung zuständigen obersten Landesbehörde gebildet wird (§ 37b Abs. 4 Satz 1 StBerG). StBerG bzw. DVStB meinen mit dem Begriff Prüfungsausschuss nicht etwa die Gesamtheit der bei der betreffenden Behörde berufenen Prüfer und deren Stellvertreter, sondern das Gremium, welches – was den mündlichen Teil der Prüfung angeht – das Prüfungsgespräch führt und über die Bewertung der dort von den Prüflingen gezeigten Leistungen entscheidet.
2. Die Teilnahme an der Beratung über das Ergebnis des mündlichen Teils der Steuerberaterprüfung kann Dritten nicht gestattet werden, selbst wenn diese bei der für die Abnahme der Prüfung zuständigen obersten Landesbehörde ebenfalls als Prüfer oder stellvertretende Prüfer bestellt sind. "Die Prüfungen und die Beratungen des Prüfungsausschusses sind nicht öffentlich (§ 14 Abs. 2 Satz 1 DVStB)."
§ 14 Abs. 2 DVStB gestattet zwar u.a. den "Vertretern" der Finanzverwaltung bzw. des Vorstandes der Steuerberaterkammer die Anwesenheit, dies aber nur während des Prüfungsgesprächs; er gestattet nicht etwa auch eine Teilnahme an der Beratung. Denn die Vorschrift bezieht sich nicht auf die Prüfungen und Beratungen i.S.d. § 14 Abs. 2 Satz 1 DVStB, sondern nur auf die (mündlichen) Prüfungen, also das Prüfungsgespräch mit dem Prüfling, welches § 14 Abs. 2 Satz 1 DVStB klar und eindeutig von der Beratung als eines davon zu unterscheidenden weiteren Teils des Prüfungsverfahrens begrifflich trennt. Die Anwesenheit "fremden" Dritten wie X zu gestatten, kommt deshalb nicht ernsthaft in Betracht.
§ 175 GVG rechtfertigte schwerlich eine andere Beurteilung, ebenso wenig eine entsprechende Anwendung des § 71 Abs. 2 Satz 2 VwVfG.
3. Der dem Prüfungsamt unterlaufene Verfahrensfehler konnte auch nicht etwa dadurch geheilt werden, dass das Staatsministerium lediglich verpflichtet wird, die Beratung über das Ergebnis der mündlichen Prüfung zu wiederholen. Die rechtswidrige Beeinflussung des Prüfungsausschusses durch die Anwesenheit Dritter bei der Beratung ließe sich dadurch wohl kaum eliminieren, zumal wenn eine zweite Beratung nicht in einem hinreichend engen zeitlichen Zusammenhang mit der Abnahme der mündlichen Prüfung steht!
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 18.9.2012 – VII R 41/11