Leitsatz
Einlagen, die eine Trägerkörperschaft ihrem Betrieb gewerblicher Art ohne eigene Rechtspersönlichkeit unter Geltung des Anrechnungsverfahrens zum Ausgleich von Verlusten zugeführt hat, erhöhen nicht den Anfangsbestand des steuerlichen Einlagekontos.
Normenkette
§ 27, § 34 Abs. 1 und 2 KStG 1999 i.d.F. des UntStFG
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Stadt, unterhielt im Streitjahr 2001 einen Bäderbetrieb, der als Betrieb gewerblicher Art gem. § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Abs. 1 KStG der KSt unterliegt. Seit 1990 ermittelte die Klägerin die Einkünfte durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG. Bis zum Jahr 2000 hatten sich Verluste von rd. 2,3 Mio. DM ergeben, die die Klägerin durch Einlagen ausglich.
Bei der Ermittlung des steuerlichen Einlagekontos gem. § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG 1999 i.d.F. des UntStFG vom 20.12.2001 erhöhte die Klägerin ihr Eigenkapital laut Steuerbilanz zum 31.12.2000 um diese in den Jahren 1990 bis 2000 durch Einlagen ausgeglichenen Verluste.
Das FA ließ bei der gesonderten Feststellung des steuerlichen Einlagekontos gem. § 27 Abs. 2 Satz 2 KStG 1999 n.F. die in den Vorjahren geleisteten Einlagen außer Acht und stellte das Kapitalkonto zum 31.12.2001 unter Berücksichtigung der Entnahmen und Einlagen aus dem Jahr 2001 fest.
Die dagegen gerichtete Klage wies das FG ab (EFG 2007, 212).
Entscheidung
So sah das aus den in den Praxis-Hinweisen entwickelten Gründen auch der BFH.
Hinweis
Es handelt sich um einen recht komplizierten Fall zum Übergangsrecht von KSt-Anrechnungs- zum sog. Halbeinkünfteverfahren und hierbei speziell bei Betrieben gewerblicher Art, also um einen Fall für „Spezialisten”:
1. Unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften haben die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jedes Wirtschaftsjahrs auf einem besonderen Konto (steuerliches Einlagekonto) auszuweisen. Das steuerliche Einlagekonto ist ausgehend von dem Bestand des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs um die jeweiligen Zu- und Abgänge des Wirtschaftsjahrs fortzuschreiben und zum Schluss eines jeden Wirtschaftsjahrs gesondert festzustellen (§ 27 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 Satz 1 KStG 1999 n.F.). Dieser Feststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid für den Bescheid über die gesonderte Feststellung zum folgenden Feststellungszeitpunkt (§ 27 Abs. 2 Satz 2 KStG 1999 n.F.). Die gesonderte Feststellung erfolgt nach § 34 Abs. 2a KStG 1999 n.F. bei Kapitalgesellschaften, deren Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr entspricht, erstmals auf den 31.12.2001.
2. Die Regelungen in § 27 Abs. 1 bis 6 KStG 1999 n.F. gelten gem. § 27 Abs. 7 KStG 1999 n.F. sinngemäß für andere Körperschaften und Personenvereinigungen, die Leistungen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nrn. 9 und 10 EStG 1997 i.d.F. des UntStFG gewähren können, also auch für Körperschaften, die Betriebe gewerblicher Art unterhalten (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 1997 n.F.).
3. Ausgangspunkt für die erstmalige Ermittlung des steuerlichen Einlagekontos ist bei Kapitalgesellschaften gem. § 39 Abs. 1 KStG 1999 n.F. der nach § 36 Abs. 7 KStG 1999 n.F. festgestellte positive Betrag an Einlagen der Anteilseigner, die das Eigenkapital in nach dem 31.12.1976 abgelaufenen Wirtschaftsjahren erhöht haben (§ 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG 1999 a.F.). Für Betriebe gewerblicher Art galt das nicht: Sie verfügten unter Geltung des Anrechnungsverfahrens über kein gegliedertes Eigenkapital (§§ 27 ff. KStG 1999 a.F.).
4. Darüber, wie der Anfangsbestand des Einlagekontos bei solchen Körperschaften, die unter Geltung des Anrechnungsverfahrens nicht zur Gliederung ihres Eigenkapitals verpflichtet waren, erstmals zu ermitteln ist, schweigt das Gesetz. Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben vom 04.06.2003, BStBl I 2003, 366 Tz. 5) geht deswegen bei diesen Körperschaften im Grundsatz von einem Anfangsbestand von 0 DM aus:
5. Der BFH hat das bestätigt:
Zwar droht dann, wenn im Zeitpunkt des KSt-Systemwechsels vorhandenes Eigenkapital nicht einbezogen wird, eine steuerliche Mehrbelastung in Gestalt einer KapESt-Belastung von 10 %. Denn immer dann, wenn dieses Eigenkapital das Nennkapital (oder eine vergleichbare Kapitalgröße) übersteigt und zudem aus Gewinnrücklagen gebildet worden ist, hat es bereits einer KSt-Vorbelastung von 40 % oder mehr unterlegen. Deshalb legt auch die Finanzverwaltung (ausnahmsweise) das im Zeitpunkt des Systemwechsels vorhandene Eigenkapital in jenem Umfang des Nennkapitalübersteigens zugrunde (BMF, Schreiben vom 11.09.2002, BStBl I 2002, 935 Tz. 13 und 25; vom 10.11.2005, BStBl I 2005, 1029 Tz. 11).
Jedoch: Für den Fall, dass solche Eigenkapitalanteile bereits vor dem Systemwechsel durch Verluste vernichtet worden sind, droht jene Mehrbelastungsgefahr nicht. Folglich gibt es auch keinen Grund, das Gesetz insoweit als lückenhaft anzusehen und es durch Auslegung zu „ergänzen”.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 21.08.2007, I R 78/06