Leitsatz
Die Umsätze eines Landwirts aus dem Einstellen, Füttern und Betreuen von Reitpferden (sog. Pensionspferdehaltung) unterliegen nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG.
Normenkette
§ 24 UStG 1999/2005, Art. 25 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Klägerin unterhielt einen landwirtschaftlichen Betrieb und betreute neben 15 eigenen Pferden auch gegen Pauschalentgelt 15 Pensions-Reitpferde. Das FG bestätigte die Klägerin, § 24 UStG sei anzuwenden (Niedersächsisches FG, Urteil vom 05.11.2009, 16 K 10340/07, Haufe-Index 2306186). Aufgrund der Verwendung von eigenem Heu, Stroh und z.T. eigenem Hafer handle es sich um Leistungen, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitrügen. Gleiches gelte für das Hüten von Vieh.
Entscheidung
Die Revision des FA hatte aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten gründen Erfolg.
Hinweis
1. Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gelten nach § 24 Abs. 2 S. 1 UStG u.a. die Landwirtschaft sowie Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände nach den §§ 51 und 51a des Bewertungsgesetzes zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören”. Zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehören nach § 24 Abs. 2 S. 1 UStG auch die Nebenbetriebe, die dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen bestimmt sind.
§ 24 UStG ist nach ständiger Rechtsprechung richtlinienkonform auszulegen. Zu Art. 25 Abs. 1 der 6. EG-RL hat der EuGH wiederholt entschieden, dass die Regelung eng auszulegen sei und nur für die Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse und die Erbringung landwirtschaftlicher Dienstleistungen gelte, wie sie in Abs. 2 dieser Bestimmung definiert sind. Andere Umsätze der Pauschallandwirte unterliegen der allgemeinen Besteuerung. Keine "landwirtschaftliche Dienstleistungen" sind daher Leistungen, die keinen landwirtschaftlichen Zwecken dienen und sich nicht auf normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendete Mittel beziehen.
2. Danach ist insbesondere die Nutzung land- und forstwirtschaftlicher Flächen zur Verschaffung von Freizeiterlebnissen keine landwirtschaftliche Dienstleistung. Die ertragsteuerrechtliche Beurteilung ist – wie schon die "Hofladen-Entscheidung" des BFH vom 14.06.2007, V R 56/05 (BFH/NV 2007, 2205, BFH/PR 2008, 24) betont hat – ohne Bedeutung.
3. Zwar fällt auch die Veräußerung selbst erzeugter landwirtschaftlicher Produkte unter den § 24 UStG. Dass zugekaufte Produkte die Vermarktung erleichtern, rechtfertigt jedoch nicht schon die Einbeziehung dieser Umsätze in die Pauschalbesteuerung ("Hofladen-Urteil").
Dass Unterstellung, Betreuung und Fütterung von Reitpferden (Pensionspferdehaltung) – vom FG zu Recht als einheitliche Leistung beurteilt – allein deshalb, weil dabei auch Heu, Stroh und Hafer des Landwirts verwendet wird, keine Leistungen i.S.v. § 24 UStG sind, konnte daher schon nach dem BFH-Beschluss vom 23.02.2010, V B 93/09 (BFH/NV 2010, 963 – der den ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG betraf – nicht überraschend sein. Dass fremde Reitpferde auch kein Vieh sind, deren Haltung und Betreuung landwirtschaftlichen Zwecken dient, kann jedenfalls spätestens seit dem EuGH-Urteil vom 03.03.2011, C-41/09"Kommission/Niederlande" (BFH/NV 2011, 735, BFH/PR 2011, 230) zum ermäßigten Steuersatz nicht mehr überraschen. Danach ist auf die Lieferung von Pferden eine Ermäßigung nur zulässig, wenn das Pferd zur Schlachtung geliefert wird, um für die Zubereitung von Nahrungs‐ oder Futtermitteln verwendet zu werden. Das trifft für Pensionspferde für Reitsportliebhaber typischerweise nicht zu.
Dass eine Tätigkeit dazu dient, die wirtschaftliche Basis des Landwirts zu verbreitern, reicht nicht aus.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.01.2011 – V R 65/09