Leitsatz
Überlässt der Grundstücksverkäufer im Weg einer Vorleistung dem Käufer bereits vor der Zahlung des Kaufpreises die Nutzungen des Grundstücks, so stellt die vorzeitige Nutzungsüberlassung eine selbstständige (Neben-)Leistung des Verkäufers dar, die weder in seiner kaufvertraglichen Verpflichtung zur Übertragung von Besitz und Nutzungen aufgeht noch mit ihr identisch ist. Das für die Nutzungsüberlassung gesondert vereinbarte Entgelt gehört nicht zur Gegenleistung i.S.d. § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 GrEStG , § 2 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG , § 8 Abs. 1 GrEStG , § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG
Sachverhalt
Die Klägerin veräußerte zunächst zum Kaufpreis von 1,75 Mio. DM ein Grundstück an eine GmbH. Sodann bestellte die GmbH der Klägerin an diesem Grundstück sowie an weiterem Grundbesitz ein Erbbaurecht für einen Einmalbetrag von 18,5 Mio. DM, der zum Teil mit dem Kaufpreis verrechnet werden sollte. Außerdem war vereinbart, dass die Klägerin für die Zeit von der sofort erfolgten Übergabe der Grundstücke bis zur Eintragung des Erbbaurechts eine Nutzungsentschädigung von jährlich 7,5 % von den 18,5 Mio. DM zu zahlen hätte. Demgemäß zahlte die Klägerin eine Nutzungsentschädigung von rd. 979 000 DM.
Das FA unterwarf einmal den Grunderwerb der GmbH und zum anderen die Erbbaurechtsbestellung zugunsten der Klägerin der GrESt. Die Steuer für letzteren Erwerbsvorgang bemaß es nach dem Einmalbetrag zuzüglich der Nutzungsentschädigung.
Mit der Klage begehrte die Klägerin erfolglos, die Steuer auf die Erbbaurechtsbestellung um den Betrag zu mindern, der auf das zuvor an die GmbH veräußerte Grundstück entfällt.
Entscheidung
Mit der Revision erzielte die Klägerin aus anderen Gründen einen Teilerfolg. Der BFH entsprach dem Anliegen der Klägerin zwar nicht, reduzierte die Steuer aber um den auf die Nutzungsentschädigung entfallenden Betrag.
Das Erbbaurecht ist kein bloßer Ausschnitt des Grundstückseigentums. Infolgedessen stellt die Erbbaurechtsbestellung einen im Verhältnis zum Erwerb des Grundstückseigentums selbstständigen Erwerbsvorgang dar. Die Nutzungsentschädigung gehört dagegen nicht zur Bemessungsgrundlage; insoweit haben die Vertragsparteien lediglich die gesetzliche Regelung des § 452 BGB näher ausgestaltet.
Hinweis
Der amtliche Leitsatz behandelt nur eine von zwei mit dem Urteil abgehandelten Problemstellungen. Bei dem nicht behandelten Problem ging es darum, dass der Erwerber eines Erbbaurechts zuvor eines der zu belastenden Grundstücke auf den Erbbaurechtsbesteller übertragen hatte. Hier hätte sich eine niedrigere Grunderwerbsteuerbelastung erreichen lassen, wenn der Erwerber des Erbbaurechts an dem zuvor auf den Besteller übertragenen Grundstück vor der Übertragung ein Erbbaurecht für sich selbst bestellt und sodann dieses Grundstück bereits mit dem Erbbaurecht belastet übertragen hätte.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 8.8.2001, II R 49/01