Leitsatz
Das erhöhte Unfallruhegehalt nach § 37 BeamtVG wird "aufgrund der Dienstzeit" i.S.v. § 3 Nr. 6 EStG gewährt und ist somit nicht nach dieser Vorschrift steuerbefreit.
Normenkette
§ 3 Nr. 6, § 19 Abs. 2 S. 2 Nr. 1a EStG, § 36, § 37 BeamtVG
Sachverhalt
Der 1937 geborene Kläger, ein Polizeibeamter, wurde wegen eines 1966 erlittenen Dienstunfalls für dauernd dienstunfähig erklärt und in den Ruhestand versetzt. Der Kläger bezog im Streitjahr 2001 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen Erwerbsunfähigkeit, einen nach § 3 Nr. 6 steuerfrei ausgezahlten Unfallausgleich sowie ein erhöhtes Unfallruhegehalt gem. § 37 BeamtVG. Letzteres belief sich auf 80 % der Dienstbezüge nach A 9.
Das FA berücksichtigte das erhöhte Unfallruhegehalt als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Der Kläger vertrat die Auffassung, das erhöhte Ruhegehalt sei steuerfrei nach § 3 Nr. 6 EStG, da es ihm nicht aufgrund der Dienstzeit, sondern aufgrund seines Dienstunfalls gewährt worden sei. Einspruch und Klage blieben erfolglos (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.02.2007, 3 K 1435/03, Haufe-Index 1724778, EFG 2007, 992).
Entscheidung
Die Revision des Klägers blieb aus den in den Praxis-Hinweisen angeführten Gründen erfolglos. Auch beim erhöhten Unfallruhegehalt handle es sich um ein qualifiziertes (nicht steuerfreies) Ruhegehalt.
Hinweis
1. Nach § 36 Abs. 1 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) erhält ein Beamter ein Unfallruhegehalt, wenn er infolge eines Dienstunfalls dienstunfähig geworden ist. Ein erhöhtes Unfallruhegehalt erhält ein Beamter, wenn er sich bei Ausübung einer Diensthandlung einer damit verbundenen besonderen Lebensgefahr aussetzt und infolge dieser Gefährdung einen Dienstunfall erleidet. Ein solcher Fall lag der Besprechungsentscheidung zugrunde, in der ein Polizeibeamter in Ausübung seines Dienstes einen Unfall erlitten hatte. Das (erhöhte) Unfallruhegehalt ist indessen nach § 3 Nr. 6 EStG nicht steuerfrei.
2. Zum personellen Anwendungsbereich des § 3 Nr. 6 EStG: Die Vorschrift begünstigt Bezüge, die versorgungshalber u.a. an Wehrdienstbeschädigte, Zivildienstbeschädigte, Kriegsbeschädigte und ihnen gleichgestellte Personen gezahlt werden. Derartige Bezüge regeln für Wehrdienstbeschädigte das Soldatenversorgungsgesetz (§§ 80ff. SVG), für Zivildienstbeschädigte das Zivildienstgesetz (§§ 47ff. ZDG) und für Kriegsbeschädigte das Bundesversorgungsgesetz (BVG). Voraussetzung des Versorgungsanspruchs und damit der Steuerbefreiung ist in diesen Fällen die Verrichtung insbesondere eines militärischen oder (wegen der Gleichstellung von Ersatzdienstpflicht und Wehrpflicht) eines diesen ersetzenden Dienstes. Nicht einbezogen in die Begünstigung nach § 3 Nr. 6 EStG sind u.a. Beamte, die etwa als Polizist einen gefährlichen Dienst ausüben. Für diese ist die Unfallfürsorge ausdrücklich in § 37 BeamtVG geregelt.
3.Sachlicher Anwendungsbereich: Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 EStG greift nicht ein, wenn die Bezüge "aufgrund der Dienstzeit" gewährt werden. Insoweit hatte der BFH schon früher entschieden, dass ein Bezug dann aufgrund der Dienstzeit gewährt wird, wenn sich die Dienstzeit bei der Errechnung der Bezüge ausgewirkt hat, die Zahlungen also an die ruhegehaltsfähigen Bezüge anknüpfen. Dies hatte der BFH bereits für das (normale) Unfallruhegehalt nach § 140 Abs. 2 BBG (§ 36 BeamtVG) bejaht. Denn bei diesem Unfallruhegehalt handelt es sich nur um ein modifiziertes bzw. qualifiziertes Ruhegehalt. Wie das "normale" Ruhegehalt ist auch dieses modifizierte Ruhegehalt eine steuerbare Leistung i.S.d. § 19 Abs. 2 S. 2 Nr. 1a EStG.
4. Entsprechendes gilt für das erhöhte Unfallruhegehalt (§ 37 BeamtVG). Denn dieses ist ein qualifiziertes Unfallruhegehalt; § 37 BeamtVG ist lex specialis zu § 36 BeamtVG. Auch wenn das erhöhte Unfallruhegehalt Elemente einer sozialen Entschädigung aufweist, so kann hieraus nicht gefolgert werden, a) dass für denjenigen Teil der Bezüge, der das übliche Ruhegehalt übersteigt, die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 EStG in Betracht kommt bzw. b) dass die unfallbedingt gewährten Erhöhungsbeträge die rechtliche Qualifikation der Leistung als einheitliches Ruhegehalt in Frage stellen.
5. Die Rechtsprechung des BFH entspricht im Übrigen derjenigen des BVerwG (Urteil vom 18.04.1991, 6 C 56/88, Zeitschrift für Beamtenrecht 1991, 305). Dieses sieht den Unterhaltsbeitrag nach § 38 BeamtVG – und zwar ausdrücklich im Gegensatz zum Unfallruhegehalt – als einen Bezug an, der nicht dienstzeitbezogen ist bzw. eine Sonderform des Schadenersatzes darstellt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.05.2008, VI R 25/07