Leitsatz
Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur mittelbaren Grundstücksschenkung gelten auch im Rahmen des § 6b EStG. Eine §-6b-Rücklage kann daher nicht auf ein im Weg der mittelbaren Grundstücksschenkung erworbenes Grundstück übertragen werden.
Normenkette
§ 6b EStG
Sachverhalt
Ein Landwirt hatte nach größeren Grundstücksverkäufen in den beiden Vorjahren den Hof unentgeltlich zum 01.10. auf seinen Sohn übertragen. Die Gewinne aus den Grundstücksverkäufen hatte der Vater in Rücklagen nach § 6b EStG eingestellt. Einen Teil des zugehörigen Barvermögens schenkte der Vater seinem Sohn am Tag nach der Hofübertragung mit der Auflage, einen genau bestimmten anderen Hof zu erwerben. Noch an demselben Tag wurde der Vertrag über den Kauf des betreffenden Hofs beurkundet. Ähnlich wurde ein halbes Jahr später mit dem Kauf weiterer landwirtschaftlicher Flächen verfahren. Der Sohn übertrug die vom Vater übernommene §-6b-Rücklage auf die erworbenen Wirtschaftsgüter.
Das FA war der Auffassung, der Sohn habe die Grundstücke und Gebäude im Weg einer mittelbaren Grundstücksschenkung unentgeltlich erworben und deshalb keine Anschaffungskosten getragen. Es löste die Rücklagen nach Ablauf der Reinvestitionsfrist mit einem Gewinnzuschlag auf. Dabei behandelte das FA die beiden Rumpfwirtschaftsjahre bei Vater und Sohn jeweils als ganzes Reinvestitionsjahr.
Mit seiner Klage hatte der Sohn bei dem FG Erfolg. Das FG (Niedersächsisches FG, Urteil vom 08.12.2005, 16 K 20544/02, Haufe-Index 1501412, EFG 2006, 722) entschied, für Zwecke des § 6b EStG sei die mittelbare Grundstücksschenkung nicht zu berücksichtigen. Deshalb habe der Sohn Anschaffungskosten getragen, auf die die Rücklage übertragen werden könne.
Entscheidung
Der BFH kam zu einem anderen Ergebnis. Dem Sohn seien keine Anschaffungskosten entstanden, sodass die Rücklage erfolgswirksam aufzulösen sei. Im Rahmen einer unentgeltlichen Betriebsübertragung komme es durch die Bildung zweier Rumpfwirtschaftsjahre nicht zum Verbrauch von zwei Reinvestitionsjahren. Vielmehr seien beide Rumpfwirtschaftsjahre zu einem Reinvestitionsjahr zu verklammern, sodass die Rücklagen hier erst jeweils ein Wirtschaftsjahr später aufgelöst werden müssten.
Allerdings sei die Steuerfestsetzung zulasten des Sohns sachlich unbillig, weil wirtschaftlich die Reinvestitionen vom Vater durchgeführt worden seien, der auch grundsätzlich eine Übertragung der Rücklagen hätte vornehmen können. Im Weg einer Billigkeitsmaßnahme i.S.d. § 163 AO sei der Sohn so zu stellen, als ob dies beim Vater geschehen sei.
Hinweis
1. Die mittelbare Grundstücksschenkung diente bisher schenkungsteuerlich dazu, die Bewertung der Bereicherung mit dem Grundbesitzwert zu erreichen, der i.d.R. deutlich niedriger als der Grundstückskaufpreis und damit der Bemessungsgrundlage im Fall einer Geldzuwendung gewesen wäre. Zivilrechtlich ist die Unterscheidung zwischen einer Geldschenkung und einer Grundstücksschenkung für die Frage von Bedeutung, was der Beschenkte bei einer Rückabwicklung der Schenkung (z.B. bei Widerruf wegen groben Undanks gem. § 530 Abs. 1 BGB) zurückzugeben hat.
2. Für das Ertragsteuerrecht stellt sich im Fall einer mittelbaren Grundstücksschenkung die Frage, ob der Beschenkte Anschaffungskosten für das Grundstück hat. Der BFH hat dies in der Vergangenheit etwa für Zwecke der Eigenheimzulage, des Abzugsbetrags nach § 10e EStG oder der erhöhten AfA nach § 7b EStG verneint. Im Besprechungsfall hatte das FG daraus den Schluss gezogen, die mittelbare Grundstücksschenkung wirke sich ertragsteuerlich nur auf Subventionstatbestände aus. Dem widerspricht der BFH nun ausdrücklich und behandelt die mittelbare Grundstücksschenkung ganz generell als unentgeltlichen Erwerb der Immobilie. Ein derart geschenktes Grundstück wird also im Fall der betrieblichen Nutzung durch den Beschenkten aus dessen Privatvermögen in das Betriebsvermögen eingelegt.
3. Notwendige Konsequenz aus der Behandlung des Vorgangs als Schenkung ist, dass der Beschenkte nicht Investor i.S.d. § 6b EStG sein kann. Nicht er, sondern der Schenker schafft das Grundstück an. Demnach kann der Beschenkte eine Rücklage nicht auf die Anschaffungskosten des Grundstücks übertragen. Der Schenker könnte andererseits ebenfalls nicht von § 6b EStG Gebrauch machen, wenn er über eine solche Rücklage verfügt. Denn das Grundstück wird nicht Anlagevermögen seines Betriebs.
4. Besonders missliche Folgen ergeben sich, wenn der Schenker nicht nur mittelbar ein notwendig dem Betrieb zu widmendes Grundstück, sondern zugleich auch den ganzen Betrieb samt einer §-6b-Rücklage schenkweise überträgt. Die mittelbare Grundstücksschenkung bewirkt zwar wirtschaftlich, dass der Schenker selbst das Grundstück erwirbt, das bei ihm notwendiges Betriebsvermögen sein würde. In seiner Hand wäre die Übertragung der Rücklage auf die Anschaffungskosten kein Problem. Weil die Schenkung aber nicht nur die Hingabe des Geldbetrags, sondern auch zumindest die Auflassung des daraus erworbenen Grundstücks erfo...