Leitsatz
Die vom Bundesamt für Finanzen (jetzt: Bundeszentralamt für Steuern) antragsgemäß nach § 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 EStG 1997 festgesetzte Erstattung von Abzugsteuern gem. § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1997 ist nicht nach § 233a Abs. 1 Satz 2 AO zu verzinsen (Anschluss an EuGH, Urteil vom 03.10.2006, Rs. C-290/04 „FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH”, BFH-PR 2007, 490).
Normenkette
§ 233a AO, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d, § 50 Abs. 5 Satz 1, Satz 4 Nr. 3, § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1997, Art. 59, Art. 60 EGV (= Art. 49, Art. 50 EG)
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Kapitalgesellschaft britischen Rechts mit Sitz und Geschäftsleitung in Großbritannien, stellte einer deutschen Konzertveranstalterin im Jahr 1997 eine Musikgruppe für verschiedene Konzerte in Deutschland zur Verfügung. Die Konzertveranstalterin hat von den der Klägerin zustehenden Vergütungen KSt nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d i.V.m. § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1997, § 73e EStDV, § 2 Nr. 1 und § 49 Abs. 1 KStG 1996 im Weg des Steuerabzugs in der gesetzlich bestimmten Höhe einbehalten. Der Kläger stellte daraufhin beim BfF einen Erstattungsantrag gem. § 50 Abs. 5 Satz 4 Nr. 3 EStG 1997, anlässlich dessen er diverse Betriebsausgaben geltend machte, woraufhin ihm eine Erstattung gewährt wurde. Die daraufhin beantragte Verzinsung des Erstattungsbetrags lehnte das BfF aber ab. Die dagegen erhobene Klage blieb ebenso erfolglos (EFG 2005, 677) ...
Entscheidung
... wie die anschließende Revision vor dem BFH: Das Gesetz sehe für Steuerabzugsbeträge erklärtermaßen keine Verzinsung vor. Dabei bleibe es auch bei Steuerausländern, die dem besonderen Steuerabzug für beschränkt Steuerpflichtige unterfielen. Einerseits könne ein solcher sich mittels beizeiten gestellten Freistellungsantrags oder beizeiten mitgeteilter Betriebsausgaben ganz oder partiell vom Steuerabzug „befreien”. Oder er müsse seinen Zinsschaden auf dem Zivilrechtsweg geltend machen. Qua § 233a AO gehe das jedenfalls nicht.
Hinweis
Und schon wieder ein Fall der grenzüberschreitenden Künstler- (und Sportler-) Besteuerung (s. zuletzt z.B. BFH, Beschluss vom 29.11.2007, I B 181/07, BFH-PR 2008, 100 sowie Beschluss vom 07.11.2007, I R 19/04, BFH-PR 2008, 98).
1. Zur Erinnerung:
Bei beschränkt steuerpflichtigen selbstständig tätigen Künstlern, Berufssportlern, Schriftstellern, Journalisten und Bildberichterstattern wird ein Steuerabzug i.H.v. nunmehr 20 % der Einnahmen vorgenommen (§ 50a Abs. 4 Satz 2 EStG). Der Abzugsteuersatz i.H.v. 20 % soll unterstellen, dass die Aufwendungen (Betriebsausgaben/Werbungskosten) die Hälfte der Einnahmen ausmachen. Die pauschal unterstellten Einkünfte werden so gesehen „an sich” im Abzugsweg einem Steuersatz von 40 % unterworfen.
Betragen die Aufwendungen mehr als die Hälfte der Einnahmen, würde es durch die Bruttobesteuerung zu einer Überbesteuerung kommen. Diese soll durch das vereinfachte Erstattungsverfahren gem. § 50 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 Satz 2 EStG verhindert werden.
Der Steuerpflichtige kann danach die völlige oder teilweise Erstattung der einbehaltenen und abgeführten Steuer beantragen. Die Steuer wird erstattet, soweit sie 50 % des Unterschiedsbetrags zwischen den Einnahmen und mit diesen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben übersteigt.
Zur europarechtlichen Einschätzung dieser Rechtslage s. das Urteil des EuGH vom 15.02.2007, Rs. C-345/04 in der Rechtssache „Centro Equestre da Lezíria Grande Lda.” (BFH-PR 2007, 138) sowie das dazu ergangene Anschlussurteil des BFH vom 24.04.2007, I R 93/03 (BFH-PR 2007, 332).
2. Dieses Mal ging es darum, ob etwaige sich hieraus ergebende Erstattungsansprüche des Künstlers nach zunächst erfolgtem Steuerabzug gem. § 233a AO zu verzinsen sind.
Das Gesetz sagt eindeutig: Nein, Steuerabzugsbeträge sind unverzinslich. Grund hierfür ist vor allem, dass eine Verzinsung dort „in aller Regel ins Leere gehen (würde), da die Steuerfestsetzungen bzw. Steueranmeldungen insoweit zeitnah, d.h. innerhalb der vorgesehenen Karenzzeit von 15 Monaten, erfolgen und nach der Steuerfestsetzung oder Steueranmeldung das geltende Zins- und Säumnisrecht eingreift” (BTDrucks. 11/2157, S. 195).
3. Der BFH akzeptiert diese gesetzgeberische Beschränkung des Prinzips der sog. Vollverzinsung und dies auch und trotz gemeinschaftsrechtlicher Anforderungen:
Zwar liegt auf der Hand, dass der Steuerausländer hier „schlechter” als ein Steuerinländer behandelt wird. Ein Letzterer muss zwar auch die Zinslosigkeit erstatteter Steuerabzüge hinnehmen. Ein solcher unterliegt jedoch auch gar nicht erst den besonderen Steuerabzügen, wie sie das Gesetz für beschränkt Steuerpflichtige festlegt.
Allerdings hat der EuGH das Steuerabzugssystem als solches bekanntermaßen hingenommen, ja, er hat diesem sogar besondere und sinnvolle Effektivität zuerkannt; ein Gemeinschaftsrechtsverstoß wurde verneint.
Wenn dem aber so ist und wenn die unterschiedliche Besteuerung als solche hingenommen wird, dann liegt es nicht fern, auch die Unverzinslichkei...