Leitsatz
Die gesetzlichen Regelungen zur Umrechnung des am 31.12.2001 vorhandenen verwendbaren Eigenkapitals einer Kapitalgesellschaft in ein KSt-Guthaben (§ 36 KStG i.d.F. des StSenkG vom 23.10.2000) sind mit dem GG vereinbar.
Normenkette
§ 36 KStG n.F. , § 37 KStG n.F.
Sachverhalt
Klägerin war eine inländische Holding-Kapitalgesellschaft.
Das FA stellte auf den 31.12.2001 Besteuerungsgrundlagen gem. § 36 Abs. 7 und § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 und § 38 Abs. 1 KStG i.d.F. des StSenkG vom 23.10.2000 gesondert fest. Dabei wurden die Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals i.S.d. § 47 KStG 1999 zum Ende des Wirtschaftsjahrs, für welches das KStG 1999 letztmalig anzuwenden ist, wie folgt festgestellt:
EK 45 10.591.535 DM
EK 40 1.697.322 DM
EK 01 36.151 DM
EK 02 ./. 142.039 DM
EK 04 2.000.000 DM
Nach Verringerung des Bestands an EK 45 aufgrund von Ausschüttungen i.S.d. § 36 Abs. 2 Satz 1 KStG n.F. (445.107 DM) und einer Erhöhung um Einkommensteile, die mit 45 % der KSt unterlagen (2.498 DM), wurde das verbleibende EK 45 (10.148.926 DM) gem. § 36 Abs. 3 KStG n.F. in EK 40 (12.455.500 DM) und EK 02 (./. 2.306.574 DM) umgegliedert. Sodann wurde das negative EK 02 (insgesamt ./. 2.448.613 DM) zunächst i.H.v. 36.151 DM mit dem EK 01 und anschließend i.H.d. restlichen Betrags (./. 2.412.462 DM) mit dem EK 40 verrechnet. Daraus ergab sich unter Berücksichtigung einer Erhöhung des EK 40 um Einkommensteile, die mit 40 % der KSt unterlegen hatten, ein EK 40 von (14.187.292 DM ./. 2.412.462 DM =) 11.774.830 DM. Aus diesem wurde gem. § 37 Abs. 1 KStG n.F. ein verbleibendes KSt-Guthaben von 1.962.472 DM ermittelt.
Die Klage, mit der die Klägerin geltend machte, dass die vom FA angewandten gesetzlichen Regelungen gegen Art. 14 GG verstießen, blieb ohne Erfolg (EFG 2005, 141).
Entscheidung
Der BFH folgte dem FG. Auch er hielt die körperschaftsteuerlichen Übergangsvorschriften für verfassungskonform.
Hinweis
1. Beim Übergang vom früheren KSt-Anrechnungsverfahren zum nunmehrigen KSt-Halbeinkünfteverfahren wird aus einem mit KSt belasteten Eigenkapital ein KSt-Guthaben gebildet, welches in der Folgezeit (binnen 18 Jahren) bei Gewinnausschüttungen die KSt der ausschüttenden Gesellschaft i.H.v. 1/6 der jeweiligen Ausschüttung mindert.
Bei der Umgliederung konnte es zu beträchtlichen Vermögenseinbußen kommen: Nach altem Recht führte die Ausschüttung von belastetem verwendbarem Eigenkapital zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung von 15/55 des Ausschüttungsbetrags. Nach neuem Recht reduziert sich der Minderungsbetrag auf 1/6, wobei der Gesellschaft als Bemessungsgrundlage fortan nur noch EK 40 statt des vorherigen EK 45 zur Verfügung steht (§ 37 Abs. 2 Sätze 1 und 2 KStG n.F.). Dadurch, dass das bisherige EK 45 gem. § 36 Abs. 3 KStG n.F. bei der (Zwangs-)Umrechnung in "neues" EK 40 mit 27/22 und damit in ein höheres Guthaben umzurechnen ist, wird häufig – und so auch im Urteilsfall – nur ein unzulänglicher Ausgleich herbeigeführt. (U.a.) diese "Vernichtung" von latentem KSt-Guthaben wird im Schrifttum vielfach als verfassungswidrig angesehen.
Der BFH hat in seinem Grundsatzurteil hingegen entschieden, dass die körperschaftsteuerlichen Übergangsregelungen in §§ 36 ff. KStG n.F. keinen Verfassungsverstoß auslösen.
2. Im Mittelpunkt steht hier das Grundrecht auf Eigentum in Art. 14 GG und in diesem Zusammenhang das Vorliegen einer Enteignung infolge der gesetzlichen Reduzierung des KSt-Minderungspotenzials. Um einen solchen Verstoß zu bejahen, muss zweierlei vorliegen, nämlich erstens ein Eingriff und zweitens ein solcher in ein Eigentumsrecht. Letzteres wird kontrovers diskutiert und auch vom BFH nicht beantwortet. Denn es mangele jedenfalls (und bereits) an einem Eingriff. Dem Gesetzgeber stehe ein weiter Gestaltungsspielraum zu, um den Systemwechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren zu bewerkstelligen, solange und soweit er Gemeinwohlinteressen und die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit in abgewogener Weise berücksichtige.
Das wird vom BFH bejaht, dies allerdings mit einem vielleicht nicht allseits überzeugenden und sicherlich diskussionswürdigen Kernargument: Die besagten Pole der Gemeinwohlinteressen und der Verhältnismäßigkeit seien in concreto gewahrt, habe den einschlägigen Verkehrskreisen doch die denkbare und rechtzeitige Auswegstrategie zu Verfügung gestanden, das belastete vEK rechtzeitig "leer zu schütten". Wer das nicht getan habe, sei sozusagen selbst schuld, und wer dazu mangels Eigenkapitals zur Finanzierung von EK 45 nicht in der Lage gewesen sei, der habe eben Pech gehabt. Derartige "Nachteilsüberhänge" in Einzelfällen müssten aus Gründen der Typisierung hingenommen werden, hilfsweise lasse sich ja auch ein Billigkeitserweis in Betracht ziehen.
3. Der BFH hat sicherlich die Nachteile seiner Argumentation gesehen. Das betrifft insbesondere das "Halten" der Verfassungsgemäßheit unter Hinweis auf den Aspekt der denkbaren Ausweichstrategie, eine Erwägung, die sich immer wieder als beliebt erweist.
Verwiesen sei dazu be...