Ingo Heuel, Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Rz. 1247
Sowohl auf europäischer als auf nationaler Ebene ist eine Fülle von Regelungen geschaffen worden bzw. im Entstehen, die der Steuervermeidung und -umgehung entgegenwirken sollen. Dazu gehören: Die Anti-Tax Avoidance Richtlinie (mit mehreren nachfolgenden Änderungen) macht Mindestvorgaben für die Mitgliedstaaten zur Umsetzung von Maßnahmen gegen unangemessene steuerliche Gestaltungen. Sie enthält mit Art. 6 ATAD eine Missbrauchsvorschrift, die wie § 42 AO eine unangemessene Gestaltung oder eine unangemessene Abfolge von Gestaltungen erfasst, die dem Ziel oder Zweck des geltenden Steuerrechts zuwiderläuft, und ihre steuerliche Unbeachtlichkeit anordnet. Nach Art. 9 ATAD wird ein steuerlich wirksamer Abzug nur in einem Mitgliedstaat gewährt, soweit eine hybride Gestaltung zu einem doppelten Abzug führen würde. Die Richtlinie wurde durch das ATADUmsG vom 30.6.2021 in der Bundesrepublik durch Änderungen vor allem des Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- und Außensteuergesetzes umgesetzt. Zur Verhinderung der Steuerumgehung zielt das StUmgBG auf erhöhte Transparenz ab und erweitert die Mitwirkungspflichten der Stpfl. und Dritter. Dadurch sowie durch neue Ermittlungsbefugnisse der FinB soll gegen "Drittstaat-Gesellschaften" unter Einschluss von Domizilgesellschaften bzw. Briefkastenfirmen künftig wirksamer ermittelt werden können.
Durch die Richtlinie (EU) 2011/16 vom 15.2.2011, geändert durch die Richtlinie (EU) 2018/822 vom 25.5.2018, wird der automatische Informationsaustausch im Bereich der Besteuerung bei grenzüberschreitenden Gestaltungen geregelt, um Steuervermeidungspraktiken und Gewinnverlagerungen zeitnah zu identifizieren und zu verringern. Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das "Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen" am 21.12.2019 beschlossen. Es trat am 1.1.2020 in Kraft. Dadurch wurden §§ 138d-138k AO eingeführt, die manche als verfassungswidrig ansehen. Zum am 1.7.2021 in Kraft getretenen Steueroasen-Abwehrgesetz, das Maßnahmen gegen Gewinnkürzung und -verschiebung über Staaten, die bestimmte Mindeststandards an Steuertransparenz nicht einhalten, vorsieht, s. Rz. 1581 ff. Das Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 21.12.2023 will eine globale effektive Mindestbesteuerung sicherstellen. Unternehmen ab einer bestimmten Größe werden verpflichtet, niedriger besteuerte Gewinne zum Mindeststeuersatz i.H.v. 15 % nachzuversteuern. Umgesetzt wird damit die Richtlinie (EU) 2022/2523 vom 14.12.2022 zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung. Neben der Sicherstellung der Mindestbesteuerung soll einem schädlichen Steuerwettbewerb und aggressiven Steuergestaltungen entgegengewirkt werden.