Dr. Brigitte Hilgers-Klautzsch
Schrifttum:
Amelung, Zur dogmatischen Einordnung strafprozessualer Grundrechtseingriffe, JZ 1987, 737; Amelung/Mittag, Beweislastumkehr bei Haussuchungen ohne richterliche Anordnung gemäß § 105 StPO, NStZ 2005, 614; Baldarelli, Der Richtervorbehalt oder Gefahr im Verzuge bei der Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung, Kriminalistik 2006, 135; Burhoff, Durchsuchung und Beschlagnahme – Bestandsaufnahme zur obergerichtlichen Rechtsprechung, StraFo 2005, 140; Degener, Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und strafprozessuale Zwangsmaßnahmen, 1995; Finger, Prozessuale Beweisverbote – Eine Darstellung ausgewählter Fallgruppen, JA 2006, 529; Harms, Kann ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss auch mündlich erlassen werden?, DRiZ 2004, 25; Heinrichs, Die Durchsuchung im Wirtschaftsstrafverfahren, wistra 2017, 219; Hofmann, Der "unwillige" Bereitschaftsrichter und Durchsuchungsanordnungen wegen Gefahr im Verzug, NStZ 2003, 230; Klemke, StPO § 98 – Gefahr im Verzug durch richterliche Untätigkeit, StraFo 2004, 13; König, Richtervorbehalt im Strafverfahrens- und Polizeirecht, Kriminalistik 2003, 513; Krehl, Wirksame Strafverfolgung und Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung, JR 2003, 300; Krüger, Der Richtervorbehalt als Königsweg für den Schutz von Grundrechten?, DRiZ 2004, 247; Kudlich, Schutz des Telekommunikationsgeheimnisses und Auslesen von Daten auf einer SIM-Karte auf einem beschlagnahmten Mobiltelefon, JA 2006, 88; Kutscha, Rechtsschutzdefizite bei Grundrechtseingriffen von Sicherheitsbehörden, NVwZ 2003, 1296; Kutzner, Die Beschlagnahme von Daten bei Berufsgeheimnisträgern, NJW 2005, 2652; Lindemann, Der Schutz des "Kernbereichs privater Lebensgestaltung" im Strafverfahren, JR 2006, 191; Malek/Rüping, Zwangsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren: Verteidigerstrategien, 1991; Nelles, Strafprozessuale Eingriffe in das Hausrecht von Angehörigen, StV 1991, 488; Rau, Beschlagnahme von elektronischen Daten bei Rechtsanwälten und Steuerberatern – Zugleich Anmerkung zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12.4.2005, WM 2005, 1241, WM 2006, 1281; Rüping, Steuerberatung, Steuerhinterziehung und Durchsuchung, DStR 2006, 1249; Schroeder, Eine funktionale Analyse der strafprozessualen Zwangsmittel, JZ 1985, 1028; Schulte-Kellinghaus, Bereitschaftsdienst bei den Amtsgerichten – Welche Interessen verfolgen die Landesjustizverwaltungen?, NJW 2004, 477; Schulz, Letztmals: Der "unwillige" Bereitschaftsrichter und Durchsuchungsanordnungen wegen Gefahr im Verzug, NStZ 2003, 635.
1. Überblick
Rz. 232
Für das Steuerstrafverfahren kommen als Zwangsmaßnahmen insb. in Betracht:
Rz. 233
Zur Anordnung der Zwangsmittel ist grds. nur der Richter befugt (vgl. § 385 Abs. 1 AO, §§ 98, 100, 100e,105, 114, 111j StPO). Die Anordnung ergeht auf entsprechenden Antrag der FinB (BuStra) bzw. StA. Die FinB (StA) sowie die Fahndungsbeamten und "Ermittlungspersonen der StA" sind lediglich bei Gefahr in Verzug zuständig (§ 386 Abs. 2, § 399 Abs. 1, 404 AO, §§ 98, 100, 105 StPO). Über die Verhängung der Untersuchungshaft entscheidet hingegen "nur" der Richter, s. § 114 StPO.
Rz. 234
In der Verfahrenspraxis hatte sich aber das gesetzlich vorgeschriebene Regel-Ausnahme-Prinzip ins Gegenteil verkehrt. Das BVerfG hatte deutliche Kritik an der damaligen Praxis der Ermittlungsbehörden geübt und vorschnellen Hausdurchsuchungen einen Riegel vorgeschoben. Zur Wahrung des in der Verfassung vorgesehenen Richtervorbehalts auch in der Masse der Alltagsfälle müsse die personelle Ausstattung und die innere Organisation der Gerichte verbessert werden, so die Forderung des BVerfG. Die AG müssen hierzu einen Bereitschaftsdienst einrichten, § 22c GVG (s. Rz. 112).
Rz. 234.1
Zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Einrichtung eines richterlichen Bereitschaftsdienstes durch das BVerfG vom 12.3.2019 s. Rz. 112.1; s. dazu auch Rz. 1108.
Rz. 234.2
Mit der tatsächlichen Befassung eines Ermittlungs- oder Eilrichters durch Antrag auf Erlass einer Beschlagnahme- bzw. Durchsuchungsanordnung endet stets die Eilkompetenz der Ermittlungsbehörden wegen "Gefahr in Verzug" und kann danach nur in Ausnahmefällen neu begründet werden. Mit der durch Art. 97 Abs. 1 GG gewährleisteten richterlichen Unabhängigkeit – so das BVerfG – sei es insbesondere nicht vereinbar, eine bestimmte "Prüffrist" festzuschr...