Rz. 179

[Autor/Stand] Der Durchsuchungsbeschluss ist innerhalb eines halben Jahres zu vollstrecken. Es handelt sich dabei um keine Verwirkungsfrist[2], sondern lediglich um einen Zeitpunkt, ab dem eine neuerliche richterliche Überprüfung der Verdachtslage zu veranlassen ist. Nach Ablauf der sechs Monate ist von einer veränderten Sachlage und damit einer überholten Durchsuchungsanordnung auszugehen[3] (Entsprechendes gilt für Beschlagnahmebeschlüsse[4]). Es bedarf dann einer erneuten richterlichen Prüfung und Durchsuchungsanordnung. Die zur Begründung herangezogenen Beweismittel und Erkenntnisse können älter als sechs Monate sein.[5] Der Durchsuchungsbeschluss ist nicht automatisch mit Fristablauf rechtswidrig.

 

Rz. 180

[Autor/Stand] Ein schriftlicher Beschluss ist auszuhändigen.[7] Gegebenenfalls ist eine Übersetzung herbeizuführen. Die Übung, den vom Grundrechtseingriff Betroffenen nur die "Durchsuchungsanordnung", also lediglich die Beschlussformel der Entscheidung des Ermittlungsrichters, nicht aber den vollständigen Durchsuchungsbeschluss mit Gründen auszuhändigen, begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies gilt nicht, sofern andernfalls der Untersuchungszweck gefährdet würde.[8] Kann indes die Gefährdung des Untersuchungszwecks dadurch ausgeräumt werden, dass in der auszuhändigenden Ausfertigung vom Abdruck einzelner Passagen der Begründung abgesehen wird, darf auch eine in den Gründen unvollständige Ausfertigung übergeben werden. Auf etwaige Auslassungen ist jedoch hinzuweisen. Dies kommt namentlich dann in Betracht, wenn anderenfalls die steuerlichen Verhältnisse Dritter offenbart würden.

 

Rz. 181

[Autor/Stand] Die Vollstreckung ist unzulässig, wenn sich die Ermittlungslage so geändert hat, dass sie eine Durchsuchung nicht mehr rechtfertigt. Auch im Zeitpunkt des Vollzugs müssen die Anordnungsvoraussetzungen vorliegen. Mit Vollzug der Durchsuchung ist der Durchsuchungsbeschluss verbraucht.[10] Für jede weitere Durchsuchung ist stets eine erneute Anordnung erforderlich. Die Anordnung mehrmonatiger, regelmäßiger Durchsuchungen oder Dauerdurchsuchungen ist unzulässig. Eine Unterbrechung ist dem Beschuldigten oder Dritten mitzuteilen. Die Durchsuchung ist jedoch so lange nicht beendet, wie die sichergestellten Papiere und Unterlagen nach § 110 Abs. 1 StPO durchgesehen werden.

 

Rz. 182

[Autor/Stand] Die Anfertigung von Fotoaufnahmen während der Durchsuchung ist zulässig, wenn das Dokumentationsinteresse das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen überwiegt. Das Fotografieren kommt insb. dann als mildere Maßnahme in Betracht, wenn anderenfalls die Beschlagnahme des Gegenstands die Folge wäre. Im Hinblick auf das neue Recht zur Vermögensabschöpfung kann indes auch die Dokumentation des Auffindeorts von Bedeutung sein (z.B. in Wänden verstecktes Geld, sonstige verborgene Vermögenswerte).

 

Rz. 183

[Autor/Stand] Der Inhaber der Räume hat bei der Durchführung der Durchsuchung gem. § 106 StPO ein Anwesenheitsrecht. Unerlässliche und zugleich verhältnismäßige Begleitmaßnahmen sind zulässig. Dies gilt etwa für die Anwendung unmittelbaren Zwangs in Form körperlicher Gewalt gegen Sachen (gewaltsames Öffnen von Türen oder geschlossenen Behältnissen). Zulässig ist auch die Absicherung der Örtlichkeit zur Sicherung des Durchsuchungszwecks. Das Festhalten von Personen und die zeitweise Untersagung von Telefongesprächen und Computernutzung sind nur im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zulässig, wenn der Erfolg der Ermittlungen konkret gefährdet ist.

 

Rz. 184

[Autor/Stand] Dem Betroffenen ist es zu gestatten, sich mit seinem Berater in Verbindung zu setzen. Ein Arrest des Betroffenen ist nur dann in Betracht zu ziehen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, er werde Beweismittel manipulieren oder vernichten. Gleiches gilt für eine sog. "Telefonsperre" oder eine vorherige Festnahme des Beschuldigten.[14] Indes kann der Beschuldigte in Störerhaft genommen werden, wenn er die Durchsuchungsmaßnahmen aktiv stört.

 

Beispiel

Im Rahmen der Durchsuchung bei dem Beschuldigten A wegen Korruption und Steuerhinterziehung greift dieser den eingesetzten Beamten immer wieder dazwischen, wirft Unterlagen durcheinander, stellt sich absichtlich in den Weg, verschüttet absichtlich Kaffee über seinen Schreibtisch und Laptop und droht schließlich damit, im Keller den Gashahn aufzudrehen und das Haus in die Luft zu jagen.

[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.10.2022
[2] So aber LG Berlin v. 24.9.2002 – 508 Qs 115/02, NStZ 2004, 102.
[3] BVerfG v. 27.5.1997 – 2 BvR 1992/92, wistra 1997, 223 (226); diese Größenordnung erlaubt aber ein Überschreiten um wenige Tage: LG Zweibrücken v. 23.9.2002 – Qs 103/02, NJW 2003, 156; für eine Verwirkung LG Berlin v. 24.9.2002 – 508 Qs 115/02, NStZ 2004, 102.
[4] LG Neuruppin v. 11.7.1997 – 14 Qs 59 Js 315/96, NStZ 1997, 563 (564).
[5] BVerfG v. 15.12.2004 – 2 BvR 1873/04, BVerfGK 4, 303, abrufbar unter www.bverfg.de; gegen LG Berlin v. 24.9.2002 – 508 Qs 115/02, NStZ 2004, 102.
[Autor/Stand] Autor: Peters, Stand: 01.10.202...

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