Ergänzender Hinweis:
Vgl. auch Nr. 77, 117 RiVASt.
Rz. 1078
Der persönliche Eindruck von einem Zeugen ist i.d.R. durch nichts zu ersetzen. In einem Ersuchen um Vernehmung von Beschuldigten oder Zeugen bzw. Sachverständigen ist gem. Nr. 117 RiVASt anzugeben, ob die Vernehmung durch ein Gericht, durch eine Staatsanwaltschaft oder eine andere Behörde erfolgen soll. Bei einem Ersuchen um richterliche Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen ist anzugeben, ob um eidliche oder uneidliche Vernehmung ersucht wird. Steht der Person, die vernommen werden soll, ein Recht zur Verweigerung der Aussage, der Auskunft oder der Eidesleistung zu, ist unter wörtlicher Anführung oder Beifügung in Ablichtung der deutschen Gesetzesbestimmungen darum zu bitten, die Person vor der Vernehmung über das ihr nach den deutschen Vorschriften etwa zustehende Recht zur Verweigerung zu belehren. Es muss sichergestellt werden, dass dieses Recht nicht unterlaufen wird.
Rz. 1079
Die Vernehmung im Ausland befindlicher Beschuldigter oder Zeugen kann durch unmittelbare schriftliche Anhörung (Nr. 121 Abs. 2 RiVASt), mittels förmlichen Rechtshilfeersuchens (Nr. 117 RiVASt), durch eine konsularische Vernehmung (Nr. 130 Abs. 2 RiVASt) oder durch Vernehmung im Wege der Videokonferenz erfolgen.
Rz. 1080
Eine schriftliche oder ggf. telefonische Zeugenauskunft oder schriftliche Anhörung des Beschuldigten kommt im Anwendungsbereich der EEA und des SDÜ in Betracht. Mittels EEA (Art. 10 Abs. 2 Buchst. c EEA) ist nunmehr auch die Vernehmung im Wege der Videokonferenz (Art. 24 EEA) und im Wege der Telefonkonferenz (Art. 25 RL EEA) möglich.
Rz. 1081
Besondere Bedeutung wird zukünftig die Vernehmung mittels Videokonferenz (Skype, Facetime) erlangen. Über § 247a StPO i.V.m. Art. 10 EU-RhÜbK 2000 ist eine solche Vernehmung mittels Videokonferenz möglich. Im internationalen Steuerstrafrecht ist dieser Weg von besonderer Bedeutung, wenn es um die Vernehmung einer Vielzahl von Personen, etwa zur Frage des gewöhnlichen Aufenthalts oder der Ansässigkeit geht.
Rz. 1082
Für eine Vernehmung im Wege der Videokonferenz oder sonstiger audiovisueller Übertragung gelten nach Art. 24 Abs. 5 RL EEA nunmehr konkrete Regeln. Bei der Vernehmung ist ein Vertreter der zuständigen Behörde des Vollstreckungsstaats, bei Bedarf unterstützt von einem Dolmetscher, anwesend, der auch die Identität der zu vernehmenden Person feststellt und auf die Einhaltung der wesentlichen Grundsätze des Rechts des Vollstreckungsstaats achtet (Art. 25 Abs. 5 Buchst. a Satz 1 RL EEA). Zwischen den zuständigen Behörden des Anordnungsstaats und des Vollstreckungsstaats sind ggf. Schutzmaßnahmen zu treffen (Stimmverzerrung, Verfremdung, Art. 25 Abs. 5 Buchst. b RL EEA). Die Vernehmung ist unmittelbar von oder unter Leitung der zuständigen Behörde des Anordnungsstaats nach deren nationalem Recht durchzuführen (Art. 25 Abs. 5 Buchst. c RL EEA). Auf besonderen Wunsch des Anordnungsstaats oder der zu vernehmenden Person hat der Vollstreckungsstaat sicherzustellen, dass die zu vernehmende Person bei Bedarf von einem Dolmetscher unterstützt wird (Art. 25 Abs. 5 Buchst. d RL EEA).
Rz. 1083
Der Beschuldigte und auch der Verdächtige sind vor der Vernehmung darüber zu belehren, welche Verfahrensrechte ihnen nach dem Recht des Vollstreckungsstaats und des Anordnungsstaats zustehen, insb. was das Aussageverweigerungsrecht betrifft. Zeugen und Sachverständige können sich auf das Aussageverweigerungsrecht berufen, das ihnen nach dem Recht des Vollstreckungs- oder des Anordnungsstaats zusteht. Hierüber hat ebenfalls eine Belehrung stattzufinden. In der Praxis war es bislang so, dass die relevanten Vorschriften insoweit mitübermittelt wurden (Art. 25 Abs. 5 Buchst. d RL EEA).
Rz. 1084
Sofern nichts anderes vereinbart wird, gilt Art. 24 Abs. 3, 5, 6 und 7 RL EEA für Vernehmungen per Telefonkonferenz sinngemäß.
Rz. 1085
Die Vernehmung durch eine deutsche Auslandsvertretung ist keine Rechtshilfe, sondern gem. § 15 KonsularG i.V.m. Nr. 128–132 RiVASt innerstaatliche Amtshilfe. Ausgehende Ersuchen sind nach Maßgabe von Nr. 117 RiStBV abzufassen. In dem Ersuchen ist anzugeben, ob sie durch ein Gericht, durch eine Staatsanwaltschaft oder eine andere Behörde erfolgen soll.
Rz. 1086
Der Aufenthalt eines Zeugen im Ausland hebt seine Erreichbarkeit nicht auf. Ein entsprechender Beweisantrag im Rahmen einer Hauptverhandlung kann nur dann abgelehnt werden, wenn die Vernehmung nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist (vgl. auch § 244 Abs. 5 StPO). Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Auslandzeugen kann ferner abgelehnt werden, wenn dieser nach den vorliegenden polizeilichen und richterlichen Vernehmungsniederschriften nicht erforderlich ist. Nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO darf die Ladung eines Zeugen im Ausland nach pflichtgemäßem Ermessen des Geric...