Dipl.-Kffr. Carmen Mausbach
Wenn Kunden Waren oder Dienstleistungen bei einem Lieferanten bestellen, so müssen sie diese in der Regel nicht sofort begleichen. Vielmehr räumt der Lieferant seinen Abnehmern Zahlungsziele ein, die je nach Länge und Qualität der Geschäftsbeziehung und dem Verhandlungsgeschick des Abnehmers durchaus zwei Monate betragen können. Durch die Gewährung von Zahlungsaufschüben setzt sich der Lieferant jedoch einem Forderungsausfallrisiko oder einem Delkredererisiko aus, also der Gefahr, dass der Abnehmer seine offenen Rechnungen nicht zahlen kann. Vor allem bei kleineren mittelständischen Lieferanten wirkt sich ein Forderungsausfall mitunter dramatisch aus, denn er kann zu erheblichen Vermögenseinbußen führen und einen Lieferanten sogar in die Insolvenz stürzen, wenn dieser seine Vorlieferanten oder seine Mitarbeiter nicht mehr bezahlen kann.
Durch den Abschluss einer Kreditversicherung können sich Unternehmen gegen den Ausfall von Forderungen bei Lieferantenkrediten schützen. Der grundsätzliche Gedanke ist hierbei, dass Forderungen Vermögensgegenstände darstellen, deren Ausfallrisiko als versicherungswürdig eingeschätzt wird. Durch die Kreditversicherung wird ein Unternehmen vor existenzbedrohenden Vermögensschäden geschützt, die durch Zahlungsunfähigkeit des Kunden entstehen können. Kreditversicherungen sind jedoch keine alleinige Patent-Lösung, um sich vor einem Forderungsausfall zu schützen. Vielmehr stellen sie einen zusätzlichen Baustein des Forderungsmanagements dar, der gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sehr hilfreich sein kann.
Insolvenzen bedrohen Kreditversicherungsmarkt
Die Unsicherheiten auf der Welt nehmen zu. Zunächst war es die Corona-Pandemie, die zu einem Anstieg der Insolvenzen geführt hat. Nun gesellen sich die Klimakrise, der Ukraine-Krieg und der Nahost-Konflikt hinzu, die Auswirkungen auf viele Branchen bereits haben oder in naher Zukunft haben werden. Die Versicherer meldeten bereits, dass sich die Zahlungsmoral der Unternehmen spürbar verschlechtert hat und Forderungen nicht mehr beglichen werden. Die aktuelle Situation verdeutlicht, wie wichtig eine Warenkredit- und Forderungsausfallversicherung für Lieferanten ist. Denn darauf vertrauen, dass die Abnehmer auch wirklich zahlen, können die Lieferanten derzeit nicht.
Auswirkungen des Krieges in der Ukraine
Die Bundesregierung hat die Exportkreditgarantien (sogenannte Hermesdeckungen) für Russland und Belarus seit dem 24.2.2022 bis auf Weiteres ausgesetzt. Unternehmen sollten sich bei bestehenden Verträgen an ihren Kundenbetreuer wenden und offene Fragen und Modalitäten zum Geschäft mit den betroffenen Ländern in einem persönlichen Gespräch klären.
Der Begriff Kreditversicherung umfasst neben der eigentlichen Versicherungsleistung weitere Tätigkeitsbereiche. So steht im Vorfeld der Auftragsabwicklung die Bonitätsprüfung des Kunden im Vordergrund. Dabei ermöglichen die umfangreichen Datenpools des Kreditversicherers eine solide Einschätzung des Kunden. Zudem können sich Kreditversicherer der Expertise von Wirtschaftsauskunfteien bedienen. Doch auch im Rahmen der Auftragsabwicklung wird die Bonität des Abnehmers ständig überwacht. Dadurch werden ausfallgefährdete Forderungen frühzeitig erkannt und es können geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um größere Ausfälle zu vermeiden. Im Fall der Insolvenz eines Kunden wird durch die Kreditversicherung die Höhe des Zahlungsausfalls begrenzt und es kommt zu einer schnellen Entschädigung durch den Versicherer. Hierdurch haben große Forderungsausfälle einen geringeren Einfluss auf die Liquidität und den Ertrag des versicherten Unternehmens.
Es gibt verschiedene Arten der Kreditversicherung. Die in der Geschäftspraxis bekannteste ist die Delkredereversicherung, die wiederum die Warenkredit, die Ausfuhr-, die Investitionsgüter- und die Konsumentenkreditversicherung umfasst. Neben der Delkredereversicherung fallen unter die Tätigkeiten eines Kreditversicherers auch die Kautionsversicherung und die Vertrauensschadenversicherung (vgl. Abb. 1).
Abb. 1: Formen der Kreditversicherung