Dorothée Gierlich, Dr. Ingo Heuel
Sofern Coins einer Kryptowährung zu unterschiedlichen Zeitpunkten ge- und wieder verkauft werden, muss festgelegt werden, welche konkreten Coins wieder verkauft wurden, sofern der Verkauf nicht alle vorhandenen Coins umfasst (sog. Teilverkäufe).
Wahl der günstigsten Methode
Bei entsprechend hohen Transaktionsvolumina und einer überschaubaren Anzahl von Transaktionen bietet es sich an, die steuerliche Auswirkung sämtlicher Methoden zu vergleichen und dann unter Offenlegung der gewählten Methode gegenüber dem Finanzamt die für den Mandanten steuerlich günstigste auszuwählen.
FiFo-Methode
Hinsichtlich der Verwendungsreihenfolge kam nach bislang nahezu einhelliger Meinung gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 EStG die FiFo-Methode (First in – First out) zur Anwendung. Dieses Bewertungsvereinfachungsverfahren stützt sich auf die Annahme, dass "bei Anschaffung und Veräußerung mehrerer gleichartiger Fremdwährungsbeträge […] zu unterstellen [ist], dass die zuerst angeschafften Beträge zuerst veräußert wurden". Die FiFo-Methode ist im Privatvermögen für vertretbare Wertpapiere, die einem Verwahrer zur Sammelverwahrung i. S. d. § 5 DepotG anvertraut worden sind und für Fremdwährungen gesetzlich vorgeschrieben. Insofern muss für die jeweils in den Blick genommene Kryptowährung geklärt werden, ob es sich um eine Fremdwährung handelt.. Da Kryptowährungen – mit Ausnahme von Bitcoins ab dem 7.9.2021 – nicht zu den sog. Fremdwährungen zählen, ist durchaus umstritten, ob sich die Verwendungsreihenfolge zwingend nach der sog. FiFo-Methode bestimmt. Lediglich für die den Tatbestand des § 23 EStG auslösenden Veräußerungen von Bitcoins ab dem 7.9.2021 ist – wenn man vom Vorliegen einer Fremdwährung ausgeht – die FiFo-Methode gesetzlich in § 23 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG vorgeschrieben.
Fraglich war bislang, ob bei Verwendung mehrerer Wallets das FiFo-Verfahren auf den Gesamtbestand oder walltetbezogen anzuwenden ist. Dies vor dem Hintergrund, dass für Fremdwährungsgeschäfte das FiFo-Verfahren depotübergreifend, also auf den Gesamtbestand anzuwenden ist.
Das BMF vertritt im BMF-Schreiben vom 10.5.2022 die Auffassung, dass für die Verwendungsreihenfolge im Grundsatz von einer Einzelbetrachtung auszugehen ist. Sofern eine Einzelbetrachtung nicht möglich ist, ist für die Berechnung der Haltefrist die FiFo-Methode anzuwenden und für die Wertermittlung die Durchschnittsmethode. Die Anwendung der FiFo-Methode sei aber aus Vereinfachungsgründen durch die Ausübung eines entsprechenden Wahlrechts auch zur Wertermittlung möglich.
Nach dem BMF-Schreiben ist die gewählte Methode – FiFo-Methode oder Einzelbetrachtung – auf jede einzelne Wallet anzuwenden und bis zur vollständigen Veräußerung der Einheiten einer virtuellen Währung in dieser Wallet beizubehalten. Erst nach einer vollständigen Veräußerung der Einheiten einer virtuellen Währung in dieser Wallet und anschließendem Neuerwerb von Einheiten dieser virtuellen Währung dürfe die Methode gewechselt werden.
Beim Halten von Einheiten mehrerer virtueller Währungen bestehe für jede virtuelle Währung in einer Wallet ein gesondertes Wahlrecht.
Bei Anlegern, die umfangreich auf mehreren Börsen handeln und Inhaber mehrerer Wallets sind, bedeutet dies im Ergebnis einen Zwang zum FiFo-Verfahren, aus dem sich der Anleger mit einer größeren Anzahl von Trades faktisch nicht mehr "befreien" kann. Die Coins entsprechend zu kennzeichnen und nachzuverfolgen, ob ein im Fifo-Verfahren "verhafteter" Coin in eine Wallet mit Einzelbetrachtung übertragen wird und dann für diesen isolierten Coin in der Wallet mit Einzelbetrachtung das FiFo-Verfahren anzuwenden (nach dem Grundsatz: einmal FiFo, immer FiFo), ist bei einer größeren Anzahl von Trades nahezu unmöglich. Solche Anleger sind auf die steuerlichen Reporting Tools angewiesen, die aber automatisiert ausschließlich auf dem FiFo-Verfahren aufsetzen. Nach Auffassung des BMF wechselt dieser "FiFo-Coin" mit dem Austausch der Wallet nicht in das Verfahren der Einzelbetrachtung und "infiziert" umgekehrt auch nicht die Wallet mit Einzelbetrachtung in eine Wallet mit FiFo-Betrachtung. Gedanklich bleibt dieser "FiFo-Coin" für die Bestimmung der Verwendungsreihenfolge mit der bisherigen "FiFo-Wallet "verbunden.
Vorteil der FiFo-Methode
Es ist eine Einzelfallbetrachtung, ob sich die FiFo-Methode günstiger als z. B. die sog. LiFo-Methode (Last in- First out) erweist. Eine positive Auswirkung hat die FiFo-Methode bei folgenden Konstellationen:
(1) im Falle einer Wertminderung, wenn weniger als ein Jahr seit der ersten noch vorhandenen Anschaffung vergangen ist
(2) im Falle einer Wertsteigerung, wenn mehr als ein Jahr seit der ersten noch vorhandenen Anschaffung vergangen ist.
Soweit ersichtlich, sind zu dieser Frage derzeit noch keine finanzgerichtlichen Verfahren anhängig.
Verwendungsreihenfolge offenlegen
Zur Vermeidung einer Steuerhinterziehung erscheint es auch hier angebracht, dem Finanzamt gegenüber offenzulegen, welche Verwend...