Dorothée Gierlich, Dr. Ingo Heuel
Im Privatvermögen betreffen grds. nur Steuerpflichtige, deren Überschusseinkünfte mehr als 500.000 EUR im Kalenderjahr betragen, die besonderen Aufbewahrungsvorschriften des § 147a AO.
Demnach sind die bestehenden Aufzeichnungen und Unterlagen 6 Jahre aufzubewahren und, sofern ein Datenverarbeitungssystem oder eine spezielle Software zur Erfüllung der Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten eingesetzt werden, kann auch ein Datenzugriff nach § 147 Abs. 6 i. V. m. § 147a Abs. 1 Satz 5 AO verlangt werden.
Hier stellt sich bereits die Frage, ob die Blockchain, die nur die Transaktionsdaten aufzeichnet, ein Datenverarbeitungssystem im Sinne dieser Vorschrift ist, was an der mangelnden Verfügungsmacht des Steuerpflichtigen über den Inhalt der Blockchain scheitern dürfte. Die bereits angesprochenen steuerlichen Reporting-Tools dürften allerdings unter die Regelung fallen.
Unterhalb dieser Grenze von 500.000 EUR bestehen für die Steuerpflichtigen nur die allgemeinen Mitwirkungspflichten. Jedoch können die Finanzämter die Steuerpflichtigen unter Beachtung der allgemeinen Beweislastregeln zur Nachweisführung auffordern. Der Nachvollziehbarkeit der Angaben der Steuerpflichtigen durch die Finanzämter können dabei insbesondere die folgenden Daten und dazugehörige Belege dienlich sein:
- Wallet-Adressen und genutzte (Handels-)Plattformen
- Wallet-Bestände zum 31.12 des Veranlagungszeitraums
- Anschaffungszeitpunkt und Art des Anschaffungsvorgangs (Kauf/Tausch, ICO, Mining/Forging, Staking, Lending etc.), bei Airdrop alternativ Darstellung des Nichtvorliegens der Leistung
- Anschaffungskosten in Euro, ggf. mit Angabe des Marktkurses
- Anschaffungsnebenkosten (z. B. Transaktionsgebühren) und sonstige Kosten (z. B. für die Einrichtung eines Accounts) in Euro
- Veräußerungszeitpunkt
- Veräußerungserlös in Euro, ggf. mit Angabe des Marktkurses
- Veräußerungskosten (z. B. Transaktionsgebühren) in Euro
- Dokumentation der gewählten Einzelbetrachtung, Durchschnitts- oder FiFo-Methode
- Summen der Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG und § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG (Überschreiten der Freigrenzen).
Im Hinblick auf diese Mitwirkungspflichten bahnt sich als künftiges zentrales Streitthema mit der Finanzverwaltung die Frage hinsichtlich der Verpflichtung zur Offenlegung der "Public Keys" an. Sofern der Steuerpflichtige diese mitteilt, wäre es der Finanzverwaltung möglich, nicht nur sämtliche jeweils mit der Wallet verbundenen Vorgänge aus der Blockchain nachvollziehen zu können, sondern auch die Durchführung einer Echtzeitüberwachung. Daher wird zu Recht bezweifelt, ob die Zurverfügungstellung der public keys von den (ggf. erweiterten) steuerlichen Mitwirkungspflichten erfasst ist.
Datenhunger der Finanzverwaltung
Bloßer Datenhunger der Finanzverwaltung stellt keine Rechtsgrundlage zur Erhebung dieser Daten dar. Derartige Auskunftsverlangen sind u. E. nicht durch die §§ 85, 150 AO gedeckt. Es dürfen nur solche Angaben verlangt werden, die für die Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse sachdienlich sind.
Kritisch ist auch die Verpflichtung zur Angabe des Marktkurses zu sehen, welcher einer Handelsplattform oder einer webbasierten Liste entnommen werden soll. Dieser Marktpreis hat z. B. Bedeutung im Falle des Tauschs von Kryptowährungen und beim Erhalt von Coins als Rewards beim Mining, Staking, Lending oder Airdrops. Dieser Marktpreis der erhaltenen Kryptowährung ist dem Steuerpflichtigen in aller Regel im Zeitpunkt des Erhalts nicht bekannt gewesen. Wenn der Steuerpflichtige jedoch – mangels einer entsprechenden gesetzlichen Verpflichtung – nie über solche Angaben oder Unterlagen verfügt hat, kann grds. auch keine Mitteilungsverpflichtung i. S. v. § 93 Abs. 3 Satz 2 AO bestehen. Eine solche wäre nicht erforderlich und angemessen, da diese Recherche den Finanzbehörden ebenso möglich ist und für den Steuerpflichtigen ebenso aufwendig wäre.
Zu den Mitwirkungs- und Aufzeichnungspflichten haben in der Vergangenheit die FAQ der Senatsverwaltung für Finanzen in Berlin
folgenden Hinweis enthalten:
"Es ist daher ratsam, sämtliche Erwerbs-, Veräußerungs- bzw. Tauschvorgänge im Zusammenhang mit Kryptowährungen einzeln und zeitnah aufzuzeichnen und – soweit möglich – geeignete Unterlagen (z. B. Kontoauszüge, Rechnungen, E-Mail-Verkehr, Bestätigungen der Online-Plattformen o. ä.) bereitzuhalten."
Mitwirkungspflichten beachten
Mandanten sollten auf die erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten nach § 90 Abs. 2 AO und die Schätzungsbefugnis nach § 162 Abs. 2 AO hingewiesen werden. Da viele dieser Plattformen nicht darauf ausgelegt sind, deutschen steuerlichen Aufzeichnungspflichten zu entsprechen, müssen sich Mandanten notfalls mit Screenshots behelfen. Dies gilt umso mehr, als nicht sichergestellt ist, dass z. B. die Exchanges im Zeitpunkt der Erstellung der Steuererklärung und erst recht einige Jahre später noch existieren und die Daten noch abrufbar sind. Wegen des weltumspannenden...