Dorothée Gierlich, Dr. Ingo Heuel
War die ursprüngliche Erklärung "lediglich" fahrlässig oder gar schuldlos unrichtig oder verspätet, so ist die Korrekturerklärung eine schlichte steuerliche Berichtigungserklärung nach § 153 AO.
Nach § 153 Abs. 1 Satz 1 AO entsteht eine Pflicht zur unverzüglichen Anzeige und Korrekturpflicht innerhalb angemessener Frist, wenn (vereinfacht) folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
(1) unrichtige oder unvollständige Steuererklärung des Steuerpflichtigen,
(2) daraus resultierende Steuerverkürzung,
(3) nachträgliches Erkennen von 1. und 2. und
(4) Nichtablauf der Festsetzungsfrist für die fehlerhafte Veranlagung.
Wenn der Steuerpflichtige seiner Verpflichtung nach § 153 AO nicht nachkommt, so begeht er – einen entsprechenden Vorsatz unterstellt- nach ganz h. M. eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO.
Mangels Vertrauensschutzregelung für Altfälle im BMF-Schreiben ist dieses in allen offenen Fällen anzuwenden. Bei Abweichungen in bereits vor der Veröffentlichung des BMF-Schreibens abgegebenen Steuererklärungen sollte u. E. wie folgt differenziert werden:
- Wurden bei Abgabe der Steuererklärung sämtliche Sachverhalte offengelegt, deren Relevanz objektiv zweifelhaft ist, dann ist die Steuererklärung insoweit richtig und es besteht keine Korrekturpflicht nach § 153 AO.
- Wurden die Sachverhalte nicht offengelegt, entsteht – allein aufgrund der Veröffentlichung einer abweichenden Ansicht in einem (neuen) BMF-Schreiben nach Abgabe der Steuererklärung – ebenfalls keine Korrekturpflicht. Die Steuererklärung war im Zeitpunkt der Abgabe objektiv richtig, da sie nicht von der damaligen Rechtsauffassung der Finanzverwaltung abgewichen ist und damit keine Offenlegung erforderlich war.
Korrekturpflicht
Eine potenzielle Korrekturpflicht nach § 153 AO würde stets voraussetzen, dass der Steuerpflichtige nachträglich erkennt, dass seine Steuererklärung falsch ist. Hierfür ist positives Wissen erforderlich. Ein "Kennen-können" oder gar ein "Kennen-müssen" reicht nicht aus. Es liegt ebenso keine falsche Steuererklärung vor, wenn die Gerichte (also i. d. R. der BFH) später letztinstanzlich feststellen, dass das jeweilige BMF-Schreiben eine falsche Rechtsauffassung zu der Frage vertritt, zu denen der Steuerpflichtige die Sachverhalte nicht mitgeteilt hat. Insbesondere bei Dauersachverhalten bietet es sich für Berater an, frühere Steuererklärungen eines Mandanten daraufhin zu überprüfen, ob sich nach Ergehen eines neuen BMF-Schreibens Korrekturbedarf ergibt. Ohne einen Dauersachverhalt gerät ein früherer Sachverhalt naturgemäß leichter aus dem Blick. Nach der hier vertretenen Ansicht ist ein Steuerberater allein aufgrund seiner beruflichen Stellung steuerrechtlich nicht zur Korrektur gem. § 153 AO verpflichtet. Dies ist er nur dann, wenn er als gesetzlicher Vertreter oder Verfügungsbefugter gem. §§ 34, 35 AO handelte oder ihn im Einzelfall eine sonstige Garantenpflicht trifft. Eine weitergehende Ansicht würde diese gesetzlichen Voraussetzungen umgehen. Diese Auffassung ist jedoch höchstrichterlich bisher nicht abgesichert. Der BFH hat offengelassen, ob ein Steuerberater im Allgemeinen nach § 153 AO zur Berichtigung einer Erklärung verpflichtet ist und den Straftatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO erfüllen kann. In älterer strafrechtlicher Rechtsprechung wurde dies ausdrücklich bejaht.