Antrag des Insolvenzverwalters
Der Insolvenzverwalter kann beim Arbeitsgericht beantragen, der Durchführung der Betriebsänderung zuzustimmen, wenn zwischen ihm und dem Betriebsrat innerhalb von 3 Wochen nach Verhandlungsbeginn und rechtzeitiger umfassender Unterrichtung ein Interessenausgleich nicht zustande kommt. Dem Verhandlungsbeginn gleichgestellt ist die schriftliche Aufforderung zur Aufnahme von Verhandlungen.
In der Praxis ist regelmäßig die umfassende Unterrichtung streitig. Die lediglich pauschale Beschreibung im Entwurf eines Interessenausgleichs ist nicht ausreichend. Der Betriebsrat muss sich ein vollständiges Bild von der geplanten Maßnahme und deren Auswirkungen machen können. Da der Betriebsrat durch die Unterrichtung in die Lage versetzt werden soll, eigene Vorschläge für einen Sozialplan zu machen, muss nicht nur die Maßnahme als solche beschrieben werden, sondern es müssen auch folgende Unterlagen zur Verfügung gestellt werden:
- Interne Planungsunterlagen
- Gutachten von Unternehmensberatungen
- Berichte des Wirtschaftsprüfers
- Bilanzen
- Technische Bewertungen
Regelmäßig erschöpft sich die Unterrichtung nicht in der einmaligen Übergabe von Unterlagen, sondern bedingt die Ergänzung in Folge von Nachfragen oder zulässigen Zusatzwünschen des Betriebsrats. Die 3-Wochenfrist beginnt nach der Unterrichtung erst dann, wenn – gleichzeitig oder später – über den Interessenausgleich als solchen verhandelt wird oder eine entsprechende schriftliche Aufforderung erfolgt.
Die Unterrichtung kann aber auch schon vor der Insolvenzeröffnung durch den Schuldner oder den vorläufigen Insolvenzverwalter stattgefunden haben. Ist die 3-Wochenfrist dann nach der Insolvenzeröffnung abgelaufen, kann der Insolvenzverwalter die gerichtliche Zustimmung beantragen.
Entscheidungsumfang des Arbeitsgerichts
Das Arbeitsgericht prüft zunächst, ob die Abkürzung des Interessenausgleichsverfahrens aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens geboten ist. Das ist der Fall, wenn die Entstehung von weiteren, im Verhältnis zur Gesamtmasse nicht unerheblichen Verlusten vermieden oder vermindert werden kann. Auch die Erhöhung der Chancen, das Unternehmen noch veräußern zu können, kann ausreichend sein. Des Weiteren prüft das Arbeitsgericht, ob die sozialen Belange eine andere Entscheidung erfordern. Das wird nur dann angenommen, wenn die Durchführung des Interessenausgleichsverfahrens die Interessen der Arbeitnehmer besser wahrt. Eine bloße Verzögerung der Maßnahme ist kein solches Interesse.
Nach der stattgebenden Entscheidung durch das Arbeitsgericht, gegen die regelmäßig kein Rechtsmittel möglich ist, kann der Insolvenzverwalter die Betriebsänderung durchführen, insbesondere Kündigungen aussprechen. Weist das Arbeitsgericht den Antrag zurück, hat der Insolvenzverwalter das Interessenausgleichsverfahren mit dem Betriebsrat fortzuführen. In Ausnahmefällen ist gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Rechtsbeschwerde zum BAG zulässig, wenn diese durch das Arbeitsgericht zugelassen wurde.