Die Steuerermäßigung wird also in Abhängigkeit der Person des Lieferers gewährt und nicht, wie es bei anderen Leistungen im Kulturbereich der Fall ist (z.B. Theatervorführungen oder Musikkonzerte, darunter sogar auch Besuche in bestimmten Nachtclubs), allein aufgrund der Art der Leistung. Das war nicht immer so. Vor dem 1.1.2014 wurden sämtliche Lieferungen von Kunstgegenständen ermäßigt besteuert, und zwar unabhängig von der Person des leistenden Unternehmers. Die Neufassung des § 12 Abs. 2 Nr. 13 UStG erfolgte seinerzeit auf Druck der EU-Kommission, weil mit der alten Rechtslage die Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSystRL), welche die Grundlage für das nationale UStG bildet, nicht richtig umgesetzt wurde. Sodass die Europäische Kommission Ende Februar 2012 Deutschland mit der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gedroht hatte. Denn nach dem für das deutsche Recht maßgeblichen Art. 103 Abs. 2 MwStSystRL a.F. können Lieferungen von Kunstgegenständen nur dann dem ermäßigten Steuersatz unterliegen, wenn sie vom Urheber der Werke oder von Nicht-Wiederverkäufern geliefert werden. Dass Deutschland sich seinerzeit dem Druck der EU-Kommission gebeugt hatte und nicht die Gelegenheit nutzte, um die Regelung der Richtlinie anzugreifen, stieß auf heftige Kritik im Schrifttum.
Durch die Anwendung zweier unterschiedlicher Steuersätze werden Aufwendungen für den Erwerb von Kunstgegenständen unterschiedlich besteuert, was folgendes Beispiel illustrieren soll:
Beispiel 4:
K erwirbt ein Porträt von seinem befreundeten Künstler U für 5.000 EUR (brutto). Daneben ersteigert er auf der Kunstauktion des Kunsthändlers V eine Miniaturskulptur ebenso für 5.000 EUR (brutto). V erwarb die Miniaturskulptur von einer Privatperson. Der Einkaufspreis für die Miniatur beträgt 2.000 EUR (brutto).
Auf das Porträt fällt Umsatzsteuer i.H.v. 7 % an, also in diesem Fall (5.000 EUR/1,07)*0,07 = ca. 327,10 EUR.
V wiederum unterliegt als Wiederverkäufer der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG. Die Bemessungsgrundlage für den Verkauf des V beträgt (5.000 EUR – 2.000 EUR)/1,19 = 2,521 EUR. Auf den Verkauf fällt Umsatzsteuer i.H.v. 19 % an. Daraus ergibt sich Umsatzsteuer i.H.v. ca. 479 EUR.
Abwandlung:
Die Miniaturskulptur erwarb V als Teil einer größeren Sammlung mit vielen verschiedenen Kunstgegenständen, für die er insgesamt 400.000 EUR aufwendete.
In diesem Fall ist der Einkaufspreis der Miniaturskulptur nicht ermittelbar. Daher kann die Marge pauschal mit 30 % des Verkaufspreises angesetzt werden, abzgl. der darin enthaltenen Umsatzsteuer. Bemessungsgrundlage ist also (5.000 *0,3)/1,19 = 1,260,50 EUR. Die hierauf anfallende Umsatzsteuer von 19 % beträgt dadurch ca. 239,50 EUR.
Die Anwendung der Differenzbesteuerung führt zwar, wie das Beispiel zeigt, zu einer geringeren Belastung mit Umsatzsteuer, als dies bei Anwendung des regulären Steuersatzes auf den Verkaufspreis sein würde. Im Ergebnis werden daher aufgrund des Zusammenspiels zwischen der Regelung zum ermäßigten Steuersatz sowie der Regelung zur Differenzbesteuerung die Lieferungen von Kunstgegenständen trotzdem gewissermaßen begünstigt. Dennoch ist die steuerliche Belastung bei Verkäufen durch Galerien und Kunsthändler regelmäßig höher als unter Anwendung des ermäßigten Steuersatzes. Zwar kann in einigen Fällen auf den Verkauf eine Umsatzsteuer fällig werden, die geringer ausfällt als unter Anwendung des ermäßigten Steuersatzes – das zeigt die Abwandlung des obigen Beispiels. Das führt allerdings nicht zwangsläufig auch zu einer geringeren Belastung mit Umsatzsteuer, weil der Wiederverkäufer etwaige, auf den Einkauf anfallende Vorsteuern nicht abziehen darf.
Diese Systematik hat jedenfalls zur Folge, dass Aufwendungen für dieselben Gegenstände jeweils unterschiedlich mit Umsatzsteuer belastet werden – ein rechtlicher Zustand, der mit Blick auf eine gleichmäßige Besteuerung zweifelhaft ist.