Fraglich ist aber, ob die Steuerermäßigung in § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. a UStG so ausgelegt werden kann, dass hauptsächlich Lieferungen der Künstler selbst ermäßigt besteuert werden sollen. Konkret geht es um die Frage, ob man den Begriff des "Urhebers" nach urheberrechtlichen Maßstäben bestimmt oder ob für die Zwecke der Umsatzsteuer ein anderes Verständnis zugrunde zu legen ist.
Definition des "Urhebers": Urheber ist nach § 7 UrhG der Schöpfer des Werkes, also der Künstler selbst. Juristische Personen oder Personengesellschaften können keine Urheber sein, sondern nur die Personen, die in diesen Gesellschaften tätig sind. Legt man dieses Verständnis des Urhebers zugrunde, wie es der BFH in einer jüngeren Entscheidung tut, können in erster Linie die Künstler der Werke die Steuerermäßigung beanspruchen. Das führt aber im Ergebnis dazu, dass Verkäufe auf dem Primärmarkt regelmäßig nicht ermäßigt besteuert werden, weil es nicht die Künstler selbst sind, die die Verkäufe tätigen, sondern Galerien oder Kunsthändler im Kommissionswege für Rechnung der Künstler. Das hat zur Folge, dass das Ziel des ermäßigten Steuersatzes, den Erwerb von Kunstgegenständen aus kultur- und bildungspolitischen Erwägungen zu begünstigen, nicht vollständig erreicht wird.
Legt man den Begriff des "Urhebers" anhand des UrhG aus, so muss folgerichtigerweise auch der "Rechtsnachfolger" urheberrechtlich bestimmt werden. Danach kann es sich nur um den Erben handeln, weil Urheberrechte zwar vererbbar, allerdings nicht veräußert oder auf andere Weise auf einen Dritten übertragen werden können.
Beispiel 5 (angelehnt an BFH v. 18.10.2023 – XI R 15/20, UR 2024, 209):
G ist eine in Düsseldorf ansässige Galeristin, die Skulpturen des Künstlers K verkaufen möchte. Hierfür gründen G und K eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), in die K Originalentwürfe und Skizzen eigener Kunstwerke unentgeltlich einbringt. Die GbR lässt auf dieser Grundlage die Skulpturen bei einem externen Dienstleister anfertigen und verkauft diese sodann im eigenen Namen und für eigene Rechnung. Die GbR verkauft auf diese Weise eine Skulptur des K für 10.000 EUR (netto) an den Kunstsammler S.
Die GbR als Verkäuferin kann den ermäßigten Steuersatz von 7 % nach § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. a UStG nicht in Anspruch nehmen, da sie als Personengesellschaft keine Urheberin der verkauften Werke ist; Urheber ist nur der K. Ebenso ist die GbR mit der Einbringung der Entwürfe und Skizzen durch K nicht dessen Rechtsnachfolgerin geworden, weil das Urheberrecht nicht übertragbar ist.
Die GbR kann auch nicht die Steuerermäßigung in § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. b UStG in Anspruch nehmen. Zwar ist sie keine Wiederverkäuferin, weil sie nicht Kunstgegenstände in gewerblicher Weise ankauft und wiederverkauft. Für die Steuerermäßigung müssen aber die Kunstgegenstände an den Verkäufer zuvor gegen Entgelt übertragen worden sein. Nicht erfasst ist hingegen die Konstellation einer unentgeltlichen Einbringung durch den Urheber, wie es hier der Fall ist.
Im Ergebnis ist auf den Verkauf an S der Regelsteuersatz von 19 % anzuwenden, wodurch Umsatzsteuer i.H.v. 1.900 EUR fällig wird. Hätte G die Skulptur im Kommissionswege verkauft, wie es sonst üblich ist, hätte immerhin eine dadurch erfolgte Lieferung des K an die G (§ 3 Abs. 3 UStG) ermäßigt besteuert werden können, wohingegen G die Differenzbesteuerung hätte anwenden können. Durch die gewählte Struktur der Schaffung einer GbR als vermeintliche Urheberin bzw. Rechtsnachfolgerin haben G und K im Ergebnis ihre steuerliche Situation "verschlimmbessert".