Für Galeristen und Kunsthändler kommen regelmäßig die Regelungen der Differenzbesteuerung in § 25a UStG in Frage.
Der Anwendungsbereich der Sonderregelung ist im Kunsthandel typischerweise unproblematisch gegeben: Sowohl Galeristen als auch Kunsthändler handeln gewerbsmäßig mit körperlichen Gegenständen, so dass es sich regelmäßig um Wiederverkäufer nach § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG handelt. Außerdem ist der Kunsthandel wegen § 25a Abs. 2 UStG stets Gegenstand einer Differenzbesteuerung. In allen anderen Fällen kann das Sonderregime nämlich nur angewendet werden, wenn der Wiederverkäufer Gegenstände von einem Nicht- bzw. Kleinunternehmer oder von einem anderen Differenzbesteuerer erwirbt.
Folge der Differenzbesteuerung ist – einfach gesprochen –, dass Umsatzsteuer nicht auf den Verkaufspreis, sondern auf die Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis erhoben wird. Die Umsatzsteuer ist dabei nicht Teil der Bemessungsgrundlage. Maßgebliche Rechengröße für die Umsatzsteuer ist daher die Netto-Marge.
Im Einzelnen birgt die Vorschrift indes einige Fallstricke, die nachfolgend aufgezeigt werden:
1. "Einkaufspreis" und "Verkaufspreis", insbesondere bei Einkäufen innerhalb der EU
Begriffsbestimmung von Einkaufs- und Verkaufspreis: Die Probleme beginnen bereits damit, was als "Einkaufspreis" und "Verkaufspreis" zu verstehen ist. Diese Begriffe werden im nationalen Recht nicht näher definiert. Nach der maßgeblichen unionsrechtlichen Vorlage in Art. 312 Nr. 1 MwStSystRL ist unter "Verkaufspreis" die gesamte Gegenleistung zu verstehen, die der Wiederverkäufer vom Erwerber oder von einem Dritten erhält oder zu erhalten hat, einschließlich sämtlicher Nebenkosten, Steuern und Zuschüsse. "Einkaufspreis" ist wiederum nach Art. 312 Nr. 2 MwStSystRL die gesamte Gegenleistung, die der Lieferer vom Wiederverkäufer erhält, ebenso einschließlich sämtlicher Nebenkosten, Steuern und Zuschüsse. Im Wege einer unionsrechtskonformen Auslegung können die Begriffe im nationalen Recht entsprechend ausgelegt werden. Vereinfacht gesprochen ist also der Verkaufspreis das, was der Wiederverkäufer an Geld einnimmt, und der Einkaufspreis das, was er an Geld ausgibt.
Die Folge hiervon ist, dass Umsatzsteuer aus dem Einkaufs- oder Verkaufspreis grundsätzlich nicht herausgerechnet wird. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Galerist bzw. Kunsthändler Kunstwerke aus einem anderen EU-Mitgliedstaat angeschafft hat; hier muss er die Umsatzsteuer, die auf den innergemeinschaftlichen Erwerb anfällt, nach einem jüngeren Urteil des BFH aus dem Einkaufspreis herausrechnen. Dies ergibt sich jedoch nicht aus dem Wortlaut der deutschen Vorschrift, weil § 25a Abs. 3 UStG so konzipiert ist, dass die Umsatzsteuer immer im Einkaufs- oder Verkaufspreis einkalkuliert wird. Vielmehr erschließt sich dies aus den Vorgaben der MwStSystRL:
Beispiel 6 (angelehnt an EuGH, Urt. v. 29.11.2018 – C-264/17 – Mensing I, UR 2019, 32 sowie EuGH, Urt. v. 13.7.2023 – C-180/22 – Mensing II, UR 2023, 691)
Kunsthändler S kauft Skulpturen und Gemälde von niederländischen und belgischen Künstlern und verkauft diese in Deutschland an mehreren Standorten. Im Jahr 2014 erwirbt er von der niederländischen Bildhauerin V eine Skulptur zum Preis von 150.000 EUR (brutto). V wendet die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen an. S versteuert in Deutschland einen innergemeinschaftlichen Erwerb. S verkauft die Skulptur an K für 200.000 EUR und wendet dabei die Differenzbesteuerung an. In seiner Umsatzsteuererklärung deklariert er eine Nettomarge von 42.016,81 EUR (50.000 EUR brutto) sowie darauf anfallende Umsatzsteuer von 7.983,19 EUR. Das Finanzamt setzt für diesen Verkauf indes Umsatzsteuer i.H.v. 31.932,77 EUR fest, weil es der Ansicht ist, dass die Differenzbesteuerung nicht angewendet werden könne und daher Umsatzsteuer auf den Verkaufspreis von 200.000 EUR brutto fällig sei. Jedenfalls sei die Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb i.H.v. 150.000 EUR aus der Marge herauszurechnen.
Das Finanzamt stützt sich hier mit seinem ersten Argument auf die Vorschrift des § 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a UStG. Danach findet die Differenzbesteuerung keine Anwendung, soweit Lieferungen von Gegenständen betroffen sind, die der Verkäufer aus einem anderen EU-Mitgliedstaat erworben hat und diese Lieferungen an ihn steuerfrei erfolgt sind. Allerdings ist diese Regelung unionsrechtswidrig. Sie schafft eine nicht gerechtfertigte, ungleiche steuerliche Behandlung von Verkäufen von Kunstgegenständen, die allein davon abhängig ist, woher der Wiederverkäufer diese Gegenstände zuvor erworben hat.
Allerdings behält das Finanzamt recht, wenn es der Ansicht ist, dass die Steuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb sich nicht margenmindernd auswirken darf – heißt, dass diese nicht im Einkaufspreis berücksichtigt wird. Zwar muss nach der deutschen Regelung in § 25a Abs. 3 UStG der Brutto-Einkaufspreis vom Brutto-Verkaufspreis abgezogen werden, also vorlieg...