Leitsatz
Sagt die GmbH nur einem ihrer beiden zu gleichen Teilen beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern eine Altersversorgung zu, so ist der diesem Gesellschafter-Geschäftsführer zustehende Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen auch dann um 16 % des Geschäftsführergehalts zu kürzen, wenn es sich bei dem anderen Gesellschafter-Geschäftsführer um den mit ihm zu-sammen veranlagten Ehegatten handelt.
Normenkette
§ 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2, § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG bis 2004
Sachverhalt
Die Kläger sind Eheleute, die für die Streitjahre (1999 und 2000) zusammen zur ESt veranlagt wurden. Beide Ehegatten führten die Geschäfte der E-GmbH, an welcher sie zu je 50 % beteiligt waren. 1999 sagte die GmbH dem Ehemann eine Pension zu.
Das FA verminderte in beiden Streitjahren den beiden Ehegatten gemeinsam zustehenden Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen um 16 % des Geschäftsführergehalts des Ehemanns. Dadurch verringerte sich der Vorwegabzug für 1999 auf 751 DM, für 2000 entfiel er ganz.
Das FG gab der Klage, mit der sich die Eheleute gegen die Kürzung des Vorwegabzugs wandten, statt (EFG 2005, 696). Die dagegen gerichtete Revision des FA hatte Erfolg. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.
Entscheidung
Der BFH führte aus, im Streitfall sei eine Kürzung des Vorwegabzugs geboten gewesen, weil die dem Kläger erteilte Pensionszusage nicht vollständig auf dessen eigener "Beitragsleistung" beruht habe. Denn der Kläger habe seine Anwartschaft zumindest zu dem Teil, der rechnerisch auf die Beteiligungsquote seiner Mitgesellschafterin – der Klägerin – entfallen sei (50 %) durch Minderung der Vermögensansprüche eines Dritten und mithin nicht durch eigene Beitragsleistung erworben. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass es sich bei der Mitgesellschafterin um den zusammen veranlagten Ehegatten handle. Die Gewinnminderung, die auf den GmbH-Anteil des Mitgesellschafters (hier: Ehefrau) entfalle, könne dem Steuerpflichtigen nicht als eigene Beitragsleistung zugerechnet werden.
Hinweis
1. Nach der Rechtsprechung des BFH ist unter dem Begriff der "Beitragsleistung" für den Erwerb von Anwartschaftsrechten auf eine (eigene) Altersversorgung i.S.v. § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 EStG bis 2004 (EStG a.F.) nicht nur eine Geldzahlung, sondern jede Minderung eines Vermögensanspruchs gegen eine Versorgungszusage zu verstehen. Daher hat der BFH angenommen, dass dem Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH der Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen ungekürzt zu belassen ist (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 28.7.2004, XI R 9/04, BFH/NV 2005, 196), weil dieser – wirtschaftlich betrachtet – eine ihm von der GmbH zugesagte Altersversorgung durch Verzicht auf entsprechende gesellschaftsrechtliche Ansprüche (§§ 29, 72 GmbHG) und damit letztlich allein durch eigene Beitragsleistung erwirbt.
Das Gleiche gilt, wenn eine GmbH mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern eine Altersversorgung zugesagt hat und der einzelne Gesellschafter-Geschäftsführer bei typisierender und wirtschaftlicher Betrachtung sein Anwartschaftsrecht auf Altersversorgung auf Dauer gesehen ausschließlich durch einen seiner Beteiligungsquote entsprechenden Verzicht auf gesellschaftsrechtliche Ansprüche erwirbt (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 23.2.2005, XI R 29/03, BFH-PR 2005, 314).
2. Nach diesen Maßstäben ist der vom Geschäftsführer einer GmbH von dieser bezogene Arbeitslohn allerdings nur dann aus der Bemessungsgrundlage für die Kürzung des Vorwegabzugs auszunehmen, wenn die gegen die Gesellschaft erworbenen Ansprüche auf eine eigene Altersversorgung vollständig mit dem – ggf. wechselseitigen – Verzicht auf die dem Steuerpflichtigen in seiner Eigenschaft als (Mit-)Gesellschafter zustehenden Ansprüche in Verbindung gebracht werden können.
Bei mehreren Gesellschafter-Geschäftsführern ist die vom Gesetz statuierte Voraussetzung für die Nichtkürzung des Vorwegabzugs, nämlich dass der betreffende Gesellschafter-Geschäftsführer seine Versorgungsansprüche vollständig durch eigene Beitragsleistungen "erkauft", nur dann erfüllt, wenn der Aufwand der GmbH für die Altersversorgung dieses Gesellschafter-Geschäftsführers dessen quotaler Beteiligung an der GmbH entspricht.
Letzteres traf im Streitfall nicht zu, weil die GmbH nur einem der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer – dem Ehemann – eine Pension zugesagt hatte. Die Kläger hätten hingegen die Kürzung des Vorwegabzugs dadurch vermeiden können, dass die GmbH nicht nur dem Ehemann, sondern auch der Ehefrau eine Pensionszusage in gleicher Höhe erteilt hätte.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 26.9.2006, X R 3/05