Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhöhung der Wochenarbeitszeit bei Neueingestellten – Neue Vergütungsordnung?
Leitsatz (amtlich)
1. Eine neue Vergütungsordnung wird nicht dadurch eingeführt, daß für Neueingestellte die wöchentliche Arbeitszeit erhöht wird.
2. Die Gegenleistung des Arbeitnehmers, die bei Erhöhung der Wochenarbeitszeit abgewertet wird, hat außer Betracht zu bleiben.
3. Läge wegen der Änderung des Gegenseitigkeitsverhältnisses eine neue VergütungsO vor, müßte immer noch die Sperre aus § 77 Abs 3 BetrVG beachtet werden.
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 1, § 87 Abs. 1 Nr. 10
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde der Arbeitgeber (Beteiligte zu 1. – 5.) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 8. Juni 2000 – 28 BV 1/00 – abgeändert:
Die Zustimmung des Betriebsrats wird ersetzt
- zur Eingruppierung der Mitarbeiterin … der Beteiligten zu 1) in die Vergütungsgruppe 5 D des Gehaltstarifvertrags für Angestellte des Zeitschriftenverlagsgewerbes in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern,
- zur Eingruppierung der Mitarbeiterin … der Beteiligten zu 2) in die Vergütungsgruppe II des Gehaltstarifvertrags für Redakteurinnen und Redakteure an Zeitschriften und der Mitarbeiterin … der Beteiligten zu 2) in die Vergütungsgruppe I des Gehaltstarifvertrags für Redakteurinnen und Redakteure an Zeitschriften,
- zur Eingruppierung der Mitarbeiterinnen … und … der Beteiligten zu 3) in die Vergütungsgruppe I des Gehaltstarifvertrags für Redakteurinnen und Redakteure an Zeitschriften,
- zur Eingruppierung der Mitarbeiterin … der Beteiligten zu 4) in die Vergütungsgruppe I des Gehaltstarifvertrags für Redakteurinnen und Redakteure an Zeitschriften und der Mitarbeiterin … der Beteiligten zu 4) in die Vergütungsgruppe 5 D des Gehaltstarifvertrags für Angestellte des Zeitschriftenverlagsgewerbes in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern,
- zur Eingruppierung der Mitarbeiterin … der Beteiligten zu 5) in die Vergütungsgruppe 7 C des Gehaltstarifvertrags für Angestellte des Zeitschriftenverlagsgewerbes in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im Zustimmungsersetzungsverfahren darüber, ob der Betriebsrat seine Zustimmung zu den hier streitigen Eingruppierungen unter Berufung auf sein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Ziff. 10 BetrVG verweigern durfte, insbesondere darüber, ob der Arbeitgeber bereits dadurch, daß er Neueinstellungen nur auf der Grundlage einer höheren Wochenarbeitszeit durchführt, eine andere Vergütungsordnung einführte.
Die antragstellenden Arbeitgeber (Beteil. zu 1 – 5) sind Unternehmen der Verlagsgruppe …
Antragsgegner und Beteiligter zu 6) ist der gemeinsame Betriebsrat.
Der Betriebsrat hat den Einstellungen der in den Verfahrensanträgen aufgeführten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zugestimmt, jedoch der jeweils beabsichtigten Eingruppierung die Zustimmung verweigert, weil nach seiner Auffassung die Anwendung der bisherigen Vergütungsordnung bei vom Arbeitgeber einseitig heraufgesetzter Wochenarbeitszeit auf die Aufstellung neuer Entlohnungsgrundsätze hinausläuft.
Hierzu ist unstreitig, daß die infolge Verbandsaustritts nicht tarifgebundenen Beteiligten zu 1) bis 5) auf ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die einschlägigen Tarifverträge anwenden, nämlich den Gehaltstarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Zeitschriften (GTV Red. = Bl. 238 ff d. A.) und den Gehaltstarifvertrag für Angestellte des Zeitschriftenverlagsgewerbes (GTV Ang. = Bl. 231 ff d. A.). Während jedoch die tarifliche Wochenarbeitszeit für Redakteure 36 Stunden beträgt und für die übrigen Angestellten 35 Stunden, sind die Beteiligten zu 1) bis 5) dazu übergegangen, im Falle einer Neueinstellung die Wochenarbeitszeit für Redakteure auf 40 Stunden und für die übrigen Angestellten auf 38 Stunden zu erhöhen. Diese Entscheidung wurde 1996 getroffen und dem Betriebsrat per Hauspost bekannt gegeben. Darin heißt es auszugsweise (Bl. 164 d. A.):
(…)
Betr.: Neue Arbeitsverträge
Tarifverträge müssen sich den wirtschaftlichen Bedingungen anpassen. (…)
Ungeachtet der kritischen Bewertung der tariflichen Entwicklung im Verlagswesen werden in den Verlagsgesellschaften und Redaktionen die Flächentarife für Zeitschriftenredakteure und kaufmännische Angestellte weiter angewendet. Der… Verlag setzt auf eine Reform dieser Tarifwerke durch die beteiligten Verbände.
Um die Reformbestrebungen zu fördern, wird die Verlagsgruppe … beim Neuabschluß von Arbeitsverträgen vorhandene Gestaltungsmöglichkeiten maßvoll nutzen. Das betrifft die Arbeitszeit bei den Redakteuren und kaufmännischen Angestellten des Zeitschriftenverlagsgewerbes und bei den Redakteuren des weiteren die Kündigungsfristen und die Urheberrechtsklausel:
Bei den Redakteuren wird künftig eine wöc...