Entscheidungsstichwort (Thema)
Erforderlichkeit einer Schulungsveranstaltung. Schulung für Wirtschaftsausschussmitglieder. Schulung über Einsatz eines PC, Excel und Tabellenkalkulation. Grundlagenschulung. aktueller konkreter Schulungsbedarf. Erforderlichkeit bei zuvor erworbenen Kenntnissen und Erfahrungen. Schulungsbedarf bei Aufgabenverteilung im Betriebsrat; Kenntnisstand anderer Betriebsratsmitglieder
Leitsatz (redaktionell)
Auch Betriebsratsmitglieder des Wirtschaftsausschusses, die nicht die hierfür notwendigen Kenntnisse haben, haben Anspruch auf Schulung nach § 37 Abs. 6 BetrVG.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 2, 6; BGB § 611
Verfahrensgang
ArbG Rheine (Urteil vom 18.01.2010; Aktenzeichen 1 Ca 934/09) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 18.01.2010 – 1 Ca 934/09 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Arbeitsentgeltansprüche des Klägers für die Zeit der Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung.
Der am 02.09.1964 geborene Kläger ist seit dem 14.11.1983 bei der Beklagten, einem Betrieb der Textilindustrie mit ca. 750 Mitarbeitern, als Veredler mit einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 2.892,65 EUR tätig.
Im Betrieb der Beklagten ist ein aus 11 Personen bestehender Betriebsrat gewählt, dessen Mitglied der Kläger seit dem Jahre 2002 ist. Zwei Betriebsratsmitglieder sind freigestellt; ihre schriftliche Betriebsratsarbeit verrichten sie an zwei PC, die dem Betriebsrat mindestens seit dem Jahr 2001 zur alleinigen Nutzung zur Verfügung stehen.
Der Kläger, der nach seinen Angaben über selbsterarbeitete Grundkenntnisse im Bereich Word und Excel verfügt, wurde im Jahre 2002, als sich im Betrieb der Beklagten auch ein Wirtschaftsausschuss konstituierte, in den Wirtschaftsausschuss entsandt. Seit dem Jahre 2006 ist er Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses.
Die Beklagte organisiert in ihrem Betrieb für ihre Mitarbeiter betriebsinterne EDV-Schulungen, auch in den Bereichen Word und Excel. Ob der Kläger am 07.12.2005 an einer derartigen hausinternen Excel-Schulung der Beklagten teilgenommen hat, ist zwischen den Parteien streitig.
In der Zeit vom 21.11.2004 bis zum 26.11.2004 nahm der Kläger an einer Schulungsmaßnahme „Bilanzanalyse im Betriebsrat – der Jahresabschluss als Informationsquelle” teil. Hierzu gehörten auch EDV-gestützte Auswertungshilfen.
In der Zeit vom 17.05.2005 bis zum 20.05.2005 nahm der Kläger an einem Seminar „Bilanzanalyse II – Workshop: EDV-gestützte Auswertung des Jahresabschlusses” teil. Dieses Seminar basierte auf der zuvor genannten Schulung und befasste sich ausschließlich mit der Auswertung von Jahresabschlüssen durch die Arbeitnehmergremien. Eines von fünf Themen der viertägigen Schulung war die Auswertung mit Excel; ein anderes der fünf Themen waren Präsentationsformen und -techniken.
Mitglied des Wirtschaftsausschusses bei der Beklagten ist neben dem Kläger ein weiterer Mitarbeiter, Herr H4, der lange Zeit stellvertretende Leiter der EDV-Abteilung der Beklagten war. Der Mitarbeiter H4 verfügt über umfängliche und dezidierte Kenntnisse sowohl in Word als auch in Excel.
Am 11.11.2008 fasste der Betriebsrat der Beklagten den Beschluss, den Kläger zu einem von der Kritischen Akademie veranstalteten Seminar über „Tabellenkalkulation und weiterführende Textverarbeitung”, das vom 01.02.2009 bis zum 06.02.2009 in I2 stattfinden sollte, zu entsenden.
Gegenstand dieser Schulungsveranstaltung waren nach dem Themenplan (Bl. 6 d. A.) insbesondere folgende Inhalte:
- Word für Fortgeschrittene unter besonderer Berücksichtigung der Einsatzmöglichkeiten im Betriebsratsbüro; z. B. Betriebsratssitzung u.a. auf den jeweiligen Betriebsrat zugeschnittene Anwendungen
- Excel, unter besonderer Berücksichtigung der Einsatzmöglichkeiten für die Betriebsratsarbeit; z. B. Überstundenstatistik, Personalstatistik, Wirtschaftskennzahlen
- Workshops: Teilnehmerorientierte Anwendungen
- Betriebsrats-Grundwissen zum Computereinsatz im Betrieb; Computerarbeit, Qualifizierung
- Einführung in das Online-Lernen.
Ob die Beklagte, nachdem ihr der Betriebsratsbeschluss vom 11.11.2008 bekannt gemacht worden war, dem Betriebsrat angeboten hat, dass der Kläger auch durch die interne EDV geschult werden könne, ist zwischen den Parteien streitig.
Mit Schreiben vom 21.11.2008 (Bl. 7 d. A.) teilte die Beklagte dem Betriebsrat mit, dass sie mit der Teilnahme des Klägers an der benannten Schulungsveranstaltung nicht einverstanden sei, weil sie eine derartige Schulung nicht für erforderlich hielte.
Mit Schreiben vom 26.11.2008 (Bl. 8 d. A.) teilte der Betriebsrat daraufhin mit, dass die beabsichtigte Schulung des Klägers erforderlich sei, weil der Kläger zum Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses gewählt worden sei und die Schulungsteilnahme wegen der zurzeit vorliegenden wirtschaftlichen Situation notwendig sei.
Danach folgte ein weiterer Schriftwechsel zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat (Bl. 9 ff. d. A.), in dessen Rahmen...