Entscheidungsstichwort (Thema)
Besonderer Kündigungsschutz. Kündigung im Kleinbetrieb
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Kündigungsverbot gem. § 18 Abs. 2 Ziff. 1 oder 2 setzt voraus, dass der Arbeitnehmer sich zur Zeit der Kündigung in einem Teilzeitarbeitsverhältnis mit bis zu 30 Stunden befindet.
2. Typische Tatbestände einer in diesem Sinn treuwidrigen Kündigung sind insbesondere ein widersprüchliches Verhalten des Arbeitgebers, der Ausspruch einer Kündigung zur Unzeit oder in ehrverletzender Form und eine Kündigung die den Arbeitnehmer außerhalb eines besonderen Anwendungsbereichs des § 612 a BGB diskriminiert oder auf einer Auswahlentscheidung des Arbeitgebers beruht, die jede soziale Rücksichtnahme vermissen läßt.
Orientierungssatz
Einzelfallbezogene Ausführungen zu einer Kündigung im Kleinbetrieb und zum Vorliegen der Voraussetzungen des besonderen Kündigungsschutzes nach § 18 BEEG.
Normenkette
BEEG § 18; BGB § 242
Tenor
I. Die Berufung des Klägers wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
II Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung. Hinsichtlich des Sachverhaltes heißt es im Urteil des Arbeitsgerichts S. vom 05.06.2009 – 1 Ca 227/08 – wie folgt:
Der am 17.06.1971 geborene, verheiratete, einem 2-jährigen Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist eingeschriebener Student. Seit März 1998 ist er als Tankwart/Verkäufer in der vom Beklagten übernommenen „T.”-Tankstelle in S. beschäftigt. Sein durchschnittliches Bruttomonatsentgelt betrug zuletzt 915,35 EUR
Der Beklagte hatte am 15.06.2007 die „T.”-Tankstelle in S. von dem vorherigen Pächter im Rahmen eines Betriebsübergangs übernommen. Der übergebene Pächter, R. J., hatte zunächst neben der S. „T.”-Tankstelle noch eine Tankstelle in R.-D. betrieben. Diese war bereits zum 01.12.2005 von Frau V. übernommen worden (vgl „Tankstellen-Änderungsmitteilung”, Bl. 228 d.A.)
Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Kündigung beschäftigte der Beklagte neben dem Kläger noch drei weitere Arbeitnehmer, die bereits am 31.12.2003 beschäftigt waren: P. K., M. S. und I. B., wobei letztere bereits am 20.10.2007 eine außerordentliche Kündigung erhalten hatte, gegen welche sie sich mittels Kündigungsschutzklage wehrt (Aktenzeichen des Arbeitsgerichts S. 1 Ca 115/07). In R.-D. arbeiteten zum Kündigungszeitpunkt neben der Pächterin V. noch zwei weitere Arbeitnehmerinnen, die schon zum 31.12.2003 beim vorherigen Pächter, R. J., beschäftigt waren.
Vom 07.02.2008 bis zum 06.04.2008 hatte der Kläger Elternzeit in Anspruch genommen Nachdem eine Mitarbeiterin des Beklagten Strafantrag wegen Köperverletzung gegen den Kläger infolge einer am 25.07.2007 erfolgten Auseinandersetzung am Arbeitsplatz gestellt hatte, wurde dieser von dem Vorwurf mit Urteil des Amtsgerichts S. vom 16.04.2008 (Aktenzeichen 16 Ds 979/07) freigesprochen, da nach der durchgeführten Beweisaufnahme die gesetzliche Unschuldsvermutung nicht widerlegt worden war (Anlage K 4, Bl. 152/153 d.A.).
Trotz Anweisung des Beklagten weigerte sich der Kläger zuletzt bei Schichtübergabe, die Geldrollenschublade auszuzählen und den Inhalt zu vermerken und hierfür zu unterzeichnen. Den Defekt an einer Zapfsäule am 28.05.2008 meldete der Kläger nicht. Dieser wurde einen Tag später durch den Beklagten durch ein Hinweisschild an der Zapfsäule beiläufig entdeckt.
Unter dem 30.05.2008, dem Kläger am selben Tag zugegangen, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ordentlich zum 30.09.2008. Am 31.05.2008 wandte sich der Kläger an den Beklagten. Er schrieb u. a. (Bl. 62/63 d.A.).:
„Bezüglich der Gehaltsabrechnung für den Monat Mai 2008 bitte ich um die Korrektur der Abrechnung im Hinblick auf die noch nicht berücksichtigten Zuschläge für die Sonntags- und Feiertagsarbeit … Da meine Frau derzeit nicht berufstätig und ohne jedes Einkommen ist und wir gemeinsam eine Tochter im Alter von einem Jahr zu versorgen haben, bitte ich um eine baldige Korrektur der Abrechnung des Monats Mai 2008. …”
Nachdem das Arbeitsgericht S. durch Versäumnisurteil vom 15.01.2009 die Klage abgewiesen hatte, hat es in dem vorgenannten Teilurteil das Versäumnisurteil vom 15.01.2009 aufrechterhalten hinsichtlich des Antrages aus der Klageschrift vom 19.06.2008. Die Entscheidung über die Kosten hat es dem Schlussurteil vorbehalten. Der Streitwert ist auf 2.746,05 EUR festgesetzt worden. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz. Die Unwirksamkeit der Kündigung ergebe sich auch nicht aus der vom Kläger behaupteten Missachtung des Mindestgebotes sozialer Rücksichtnahme. Die Kündigung sei auch nicht wegen Verstoßes gegen das Maßregelungsgebot unwirksam. Allein der Umstand, dass gegen den Kläger wegen einer körperlichen Auseinandersetzung mit einer Kollegin Anklage erhoben worden sei, reiche in einem Fall wie dem vorliegenen als subjektive Erwägung für den Ausspruch zumindest einer Verdachtskündigung aus.
Auch der Betriebsübergang sei nic...