Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachverständiger. Honorar
Leitsatz (amtlich)
Honoraransprüche eines Beraters des Betriebsrates nach § 111 S. 2 BetrVG für Tätigkeiten vor Insolvenzeröffnung sind Insolvenzforderungen.
Normenkette
BetrVG § 40 I, § 111 S. 2; InsO §§ 38, 55
Verfahrensgang
ArbG Kempten (Beschluss vom 07.02.2006; Aktenzeichen 1 BV 37/04) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3. und die Anschlussbeschwerde des Antragstellers und unter Zurückweisung beider Rechtsmittel im Übrigen wird derBeschluss des Arbeitsgerichts Kempten vom7.2.2006 – 1 BV 37/04 – teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt gefasst.
Die Beteiligte zu 3. wird verpflichtet, an den Antragsteller EUR 1.967,08 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.8.2004 zu zahlen.
Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten vor allem über ein Honorar, das der Antragsteller für eine Tätigkeit als Sachverständiger/Berater des Betriebsrats der Insolvenzschuldnerin geltend macht.
Die Firma H. GmbH & Co. KG (Insolvenzschuldnerin) beantragte ebenso wie drei weitere Unternehmen der S. Gruppe Ende 2003 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Beteiligte zu 2. wurde zunächst zum vorläufigen Insolvenzverwalter und mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1.2.2004 zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Insolvenzschuldnerin unterhielt in Kempten einen Betrieb mit mehr als 300 Arbeitnehmern, in dem es einen Betriebsrat gab (ehemals Beteiligter zu 4.).
Mit Schreiben vom 22.12.2003 teilte der Antragsteller dem Beteiligen zu 2. als damaligen vorläufigen Insolvenzverwalter mit, der Betriebsrat habe festgestellt, dass sein Wissen nicht ausreiche, um seine Aufgaben im Zusammenhang mit der möglichen Erstellung eines Interessenausgleichs und Sozialplans ohne rechtlichen Rat wahrzunehmen. Der Betriebsrat habe daher beschlossen, den Antragsteller als Sachverständigen gemäß § 80 Abs. 3 BetrVG zu deren üblichen Honorar (EUR 250,– stündlich zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer/Fahrtzeiten halber Satz) zuzuziehen. In Beanwortung dieses Schreibens wies der Beteiligte zu 2. den Antragsteller durch seinen anwaltlichen Vertreter darauf hin, dass Vereinbarungen mit den jeweiligen Arbeitgebern gemäß § 80 BetrVG bislang nicht zustande gekommen seien.
Auf ein Schreiben des Antragstellers vom 16.1.2004 vermerkte der anwaltliche Vertreter des Beteiligten zu 2. handschriftlich :
„Einverständnis wie folgt :
- EUR 250/Stunde
- zeitl. berenzt auf 50 Stunden
- gilt für Ingolstadt + Memmingen”
und sandte dieses Schreiben mit dieser Notiz an den Antragsteller zurück.
Am 26.1.2004 schlossen der Beteiligte zu 2. als vorläufiger Insolvenzverwalter, die Insolvenzschuldnerin (Arbeitgeberin i.L.), die Beteiligte zu 3. sowie der Betriebsrat eine Vereinbarung über die Aufstellung einer Namensliste i.S.d. §§ 125, 128 Abs. 2 InsO sowie über Transfermaßnahmen i.S.d. §§ 216 a ff SGB III.
Am 28.1.2004 übersandte der Antragsteller dem Beteiligten zu 2. eine Vorschussnote über EUR 8.700,– und am 7.5.2004 eine Endabrechnung über EUR 16.705,67. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde der Betrieb in Kempten von der Beteiligten zu 3. übernommen.
Am 5.5.2004 zeigte der Beteiligte zu 2. gegenüber dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit an. Mit Beschluss vom 8.7.2004 trat der Betriebsrat seine Freistellungsansprüche bezüglich der Sachverständigenkosten nach den §§ 80 Abs. 3, 40 BetrVG an den Antragsteller ab.
Der Antragsteller hat erstinstanzlich vorgetragen, aufgrund konkludenten Verhaltens habe ein Einverständnis mit seiner Hinzuziehung vorgelegen, da intensive Verhandlungen geführt worden seien. Er habe insgesamt 44,02 Stunden Beratungstätigkeit betreffend den Betrieb der Insolvenzschuldnerin erbracht, außerdem 22,75 für Fahrten aufgewendet und zwar zwischen dem 16.12.2003 und dem 2.2.2004. Nach Insolvenzeröffnung habe am 2.2.2004 eine Besprechung mit dem Betriebsrat gehabt (285 Minuten), außerdem habe er an diesem Tag zweimal 105 Minuten für die Fahrten aufgewendet. Seine Tätigkeit habe erst nach Insolvenzeröffnung geendet mit der Folge, dass seine Forderung eine Masseforderung sei. Wegen der Übernahme des Betriebs durch die Beteiligte zu 3. würden die Beteiligten zu 2. und 3. gesamtschuldnerisch haften. Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit schließe Ansprüche gegenüber dem Beteiligten zu 2. aus den §§ 60, 61 InsO nicht aus. Dieser habe seine Leistungen angenommen, obwohl er gewusst habe, dass er für diese keine entsprechende Vergütung entrichten könne oder wolle.
Dagegen haben die Beteiligten zu 2. und 3. erstinstanzlich vorgetragen, eine Vereinbarung mit dem Antragsteller sei nicht getroffen worden. Die geltend gemachten Forderungen seien jedenfalls ganz überwiegend vor der Insolvenzeröffnung entstanden und damit normale Insolvenzforderungen.
Am 7.6.2006 hat das Arbeitsgericht folgenden Beschluss...