Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung aufgrund Interessenausgleich mit Teil-Namensliste
Leitsatz (amtlich)
Eine Teil Namensliste ist als integraler Bestandteil eines Interessenausgleiches gem. § 111 BetrVG jedenfalls dann eine ausreichende Basis für die Rechtswirkungen des § 1 Abs. 5 KSchG, wenn der durch die Namensliste erfasste Bereich so deutlich abgrenzbar von dem nicht erfassten Bereich ist, dass die Sozialauswahl nicht beeinflusst werden kann und er darüber hinaus wesentlich größer ist.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 5, 2 S. 1 3. Alt., Abs. 5 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Hameln (Entscheidung vom 11.09.2014; Aktenzeichen 1 Ca 21/14) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hameln vom 11.09.2014 - 1 Ca 21/14 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung sowie über die Weiterbeschäftigung des Klägers und hilfsweise über einen Wiedereinstellungsantrag.
Der am 00.00.1961 geborene Kläger, ledig, für kein Kind zum Unterhalt verpflichtet, ist seit dem 01.08.1978 bei der Beklagten beschäftigt. Seine monatliche Arbeitsvergütung belief sich auf zuletzt ca. 3.400,00 € brutto.
Der schriftliche Arbeitsvertrag der Parteien vom 14.01.1982, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 264 d.A.), nennt als Tätigkeit des Klägers "Energieanlagenelektroniker" und enthält eine Versetzungsklausel. Der Kläger ist gelernter Energieanlagenelektroniker und hat die Abschlussprüfung in diesem Ausbildungsberuf bestanden.
Seit dem Jahr 2005 war er im Bereich des betrieblichen Vorschlagswesens tätig und übernahm im Jahr 2009 noch Aufgaben im Magazin. Zum 01.04.2012 versetzte die Beklagte ihn mit seinem Einverständnis und beschäftigte ihn als Sachbearbeiter der elektronischen Instandhaltung. Die Arbeitsaufgaben sind in der Arbeitsplatzbeschreibung vom 01.04.2012 enthalten. Hierauf (Anlage K 2 zum Schriftsatz des Klägers vom 05.05.2014, Bl. 73 d.A.) wird vollumfänglich verwiesen.
Der Kläger ist schwerbehindert mit einem GdB von 60.
Die Beklagte beschäftigte zum Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigung an ihrem Standort in A-Stadt ca. 1000 Arbeitnehmer. Sie schloss unter dem 18.07.2013 mit dem bei ihr gewählten Betriebsrat einen Interessenausgleich und als Anlage 2 zu diesem Interessenausgleich eine von den Betriebspartner und dem Vorsitzenden der tariflichen Schlichtungsstelle unterzeichnete Namensliste. Dort unter der Personalnummer 00000 auch der Kläger aufgeführt. Die Betriebspartner (Beklagte und Betriebsrat) einigten sich in der Anlage 1 zum Interessenausgleich auf diverse Vergleichsgruppen zwecks Durchführung der Sozialauswahl, unter anderem auch auf die Vergleichsgruppen "Einzelposition" und "elektrische Instandhaltung". Die Beklagte reihte den Kläger in die Vergleichsgruppe "Einzelposition" ein. In dieser Vergleichsgruppe war er der einzige Mitarbeiter.
Mit Schreiben vom 14.01.2014 sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger nach Anhörung des Betriebsrates und nach Zustimmung des Integrationsamtes eine ordentliche Kündigung zum 31.08.2014 aus. Am 06.01.2014 erhielt der Betriebsrat eine schriftliche Anhörung zur betriebsbedingten Kündigung des Klägers. Wegen der genauen Einzelheiten wird auf das Anhörungsschreiben (Anlage K 6 zur Klageerwiderung vom 07.04.2014, Bl. 67 und 68 d.A.) verwiesen.
Insgesamt sprach die Beklagte vor dem Hintergrund des Interessenausgleichs mehr als 100 betriebsbedingte Kündigungen aus.
Der von den Betriebspartnern unterzeichnete Interessenausgleich sah den Abbau von 99 Arbeitsplätzen im Fertigungsbereich "Mechanism" und den Abbau von 65 Arbeitsplätzen im Bereich "Frames" A-Stadt vor. Unter dem Bereich "Frames" ist die Fertigung von Sitzstrukturen und unter dem Bereich "Mechanism" die sogenannte Beschlagfertigung zu verstehen.
Insgesamt umfasste die Namensliste die Namen von 129 in der Produktion beschäftigten Arbeitnehmern aus den Bereichen "Frames" und "Mechanism". Der von den Betriebspartnern und vom Vorsitzenden der tariflichen Schlichtungsstelle unterzeichnete Interessenausgleich sah ebenfalls den Wegfall von 12 Arbeitsplätzen aus dem Bereich der "NESD Zentralfunktionen" vor. Auf Bl. 10 des Interessenausgleich heißt es im vorletzten Absatz insoweit wörtlich: "In dieser Namensliste sind Entlassungen die im Bereich NESD Zentralfunktion betreffen (s. 3.3), nicht enthalten. Diese Entlassungen (12) sollen soweit als möglich über Auflösungsvereinbarungen erfolgen. Insoweit soll die Namensliste auch künftig nicht ergänzt werden".
Ergänzend wird auf den mit Schriftsatz vom 07.04.2014 vorgelegten Interessenausgleich nebst Vergleichsgruppen und Namensliste (Bl. 32 - 68 d.A.) verwiesen.
11 Arbeitnehmer, die auf der Namensliste namentlich genannt worden sind, sind von der Beklagten nicht gekündigt worden. Der vom Kläger insoweit benannte Herr P. ist gekündigt worden, das Verfahren war beim Landesarbeits...