Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitzuschlag nach § 35 Abs. 1 Satz 2 d BAT, wenn Arbeitnehmern an Vorfesttagen keine Arbeitsbefreiung erteilt werden kann
Leitsatz (amtlich)
Arbeitnehmern, denen an Vorfesttagen Keine Arbeitsbefreiung erteilt werden kann, steht kein Zeitzuschlag nach § 35 Abs. 1 Satz 2 d) BAT zu, wenn sie nach § 16 Abs. 2 Satz 2 BAT an einem Tag entsprechende Freizeit unter Fortzahlung ihrer Vergütung erhalten. Der Arbeitgeber hat die Option, dem Arbeitnehmer entweder Freizeitausgleich zu einem späteren Zeitpunkt zu gewähren die Arbeitsstunden mit einem Zeitzuschlag von 100 % zu vergüten.
Entscheidet er sich für die Gewährung entsprechender Freizeit, hat er insoweit sein durch die Grundsätze billigen Ermessens (§ 315 BGB) begrenztes Direktionsrecht auszuüben. Er muss die Freizeit grundsätzlich zusammenhängend gewähren. Beruht die Gewährung von Freizeit hingegen auf dem Wunsch des Arbeitnehmers, ist ein Verstoß gegen § 315 BGB auch dann ausgeschlossen, wenn die Arbeit an Vorfesttagen in mehreren kleineren Abschnitten ausgeglichen wird.
Die Regelung für den zeitnahen Ausgleich von Überstunden in § 17 Abs. 5 BAT ist nicht entsprechend anzuwenden.
Normenkette
BAT § 16 Abs. 2, § 17 Abs. 5, § 35 Abs. 1 S. 2 Buchst. d
Verfahrensgang
ArbG Wilhelmshaven (Entscheidung vom 25.06.1998; Aktenzeichen 1 Ca 661/98) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wilhelmshaven vom 25.06.1999 – 1 Ca 661/98 – abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Klage wird auf Kosten der Klägerin abgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin für Arbeit nach 12:00 Uhr an den Tagen vor dem 01. Weihnachtsfeiertag 1997 (Heiligabend) sowie dem Neujahrstag 1998 Zeitzuschläge gemäß § 35 Abs. 1 S. 2) d BAT zu gewähren sind.
Die Klägerin ist seit dem 01.09.1985 bei der Beklagten als Angestellte beschäftigt. Die Parteien sind auf Grund beiderseitiger Organisationszugehörigkeit an die Regelungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) gebunden.
Die Klägerin wurde am 24.12.1997 in der Zeit von 19:00 Uhr bis 24:00 Uhr und am 31.12.1997 in der Zeit von 13:00 Uhr bis 19:00 Uhr zur Arbeitsleistung herangezogen. Die an den beiden Tagen geleisteten Stunden wurden ihrem Überstundenkonto gutgeschrieben, das zu diesem Zeitpunkt bereits ein Guthaben von 11,15 Stunden aufwies.
Die Beklagte verrechnete die von der Klägerin in der Folgezeit genommenen Freizeitstunden teilweise zunächst mit den aufgelaufenen Überstunden und teilweise zunächst mit den gutgeschriebenen Vorfeiertagsstunden. Sie ging im einzelnen wie folgt vor:
Am 07. und 08.01.1998 erhielt die Klägerin jeweils 5 Stunden frei, so dass nach Verrechnung der Überstunden ein Guthaben von 1,15 Stunden verblieb. Am 09.01.1998 nahm die Klägerin weitere 4 1/2 Stunden frei, worauf zunächst die verbliebenen 1,15 Überstunden und darüber hinaus 3,15 Stunden aus dem Kontingent gutgeschriebener Vorfeiertagszeiten angerechnet wurden. Weitere 5 Stunden der gutgeschriebenen Vorfeiertagszeiten verrechnete die Beklagte, als die Klägerin am 01.04.1998 in entsprechendem Umfang Freizeit erhielt.
In der Folgezeit erarbeitete die Klägerin bis zum 27.04.1998 ein erneutes Guthaben von 15 Überstunden. Als sie in der Zeit vom 13. bis 15.05.1998 14 1/2 Stunden frei nahm, rechnete die Beklagte darauf zuerst die gutgeschriebenen Vorfeiertagszeiten von 2,45 Stunden an und zog die restlichen Stunden vom Überstundenkonto ab.
Mit Schreiben vom 04.03.1998 verlangte die Klägerin von der Beklagten die Gewährung von 100 %igen Zuschlägen für die am Heiligabend und an Silvester geleisteten Arbeitsstunden. Als die Beklagte dies ablehnte, erhob die Klägerin mit am 22.07.1998 beim Arbeitsgericht Wilhelmshaven eingegangenem Schriftsatz Klage.
Nach Auffassung der Klägerin ist der Zuschlag von 100 % als Ausgleich dafür zu verstehen, dass zu einer Zeit gearbeitet werden müsse, zu der die meisten Arbeitnehmer frei hätten. Die Wertigkeit dieser Tage sei von den Tarifvertragsparteien in § 35 Abs. 1 d) BAT durch die Höhe der Zuschläge zum Ausdruck gebracht worden. Es sei ein Wertungswiderspruch, wenn der Arbeitgeber durch Arbeitsbefreiung an einem beliebigen späteren Tage die Zuschlagspflicht umgehen könne.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin einen Zeitzuschlag von 100 % für die am 24.12.1997 von 19:00 Uhr bis 24:00 Uhr und am 31.12.1997 von 13:00 Uhr bis 19:00 Uhr geleistete Arbeit zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
und dies mit der Auffassung begründet, der Anspruch auf Freizeitausgleich sei erfüllt mit der Folge, dass keine Zuschläge zu zahlen seien.
Das Arbeitsgericht Wilhelmshaven hat der Klage durch Urteil vom 25.06.1999 mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte habe den Anspruch der Klägerin auf Freizeitausgleich nach § 16 Abs. 2 S. 2 BAT nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift müsse an einem anderen Tage entsprechende Fre...