Rz. 210
Die Regelungen in § 5 HGrStG erreichen, dass die Steuerlast in erster Linie nach Flächen verteilt wird. Damit ist das hessische Grundsteuermodell ein Flächenmodell, allerdings aufgrund der Ergänzung um den lageabhängigen Faktor (§ 7 HGrStG) kein reines Flächenmodell.
Rz. 211
Ausgangsbasis für das hessische Grundsteuermodell sind die Flächen des Grund und Bodens und der aufstehenden Gebäude. In ihnen erkennt der Landesgesetzgeber ein Indiz für die Möglichkeiten der Inanspruchnahme kommunaler Infrastruktur und somit einen sachgerechten Ansatzpunkt für eine Besteuerung nach dem Äquivalenzprinzip (Rz. 51).
Rz. 212
Durch Multiplikation der jeweils maßgeblichen Fläche mit einem in Euro festgelegten Betrag je Quadratmeter ergeben sich sogenannte Flächenbeträge. Es sind drei verschiedene Flächenbeträge (Äquivalenzzahlen) geregelt:
für den Grund und Boden (Abs. 1): |
Fläche in m2 × 0,04 Euro/m2 |
für Gebäude "Wohnen" (Abs. 2): |
Wohnfläche in m2 × 0,50 Euro/m2 |
für Gebäude "Nicht-Wohnen" (Abs. 3): |
Nutzungsfläche in m2 × 0,50 Euro/m2 |
Rz. 213
Die unterschiedlichen Euro-Beträge je Quadratmeter für Grund und Boden und aufstehende Gebäude folgen nach der Gesetzesbegründung dem Äquivalenzprinzip (Rz. 30), weil durch die Bebauung eines Grundstücks die Nutzungsmöglichkeiten kommunaler Infrastruktur durch den Grundstücksnutzer steigen. Denn viele dieser Infrastrukturangebote erschließen sich überhaupt erst durch die Nutzbarkeit eines aufstehenden Gebäudes. Es werde hierbei typisierend ein erhöhtes Ausmaß der Nutzbarkeit kommunaler Infrastruktur infolge einer Grundstücksbebauung unterstellt, indem im Vergleich zum Grund und Boden höhere Ansätze für Gebäudeflächen vorgesehen sind. Die Euro-Beträge seien hierbei im Übrigen nicht Ausdruck einer Wertkomponente, sondern hätten lediglich dienende Funktion dahingehend, die Bemessungsgrundlage in einem Geldbetrag zum Ausdruck zu bringen (Rz. 31). Dies sei nötig, damit sich auch weiterhin nach Anwendung des dimensionslosen Hebesatzes ein Steuerbetrag in Euro ergibt.
Diese Begründung ist nachvollziehbar und fügt sich schlüssig in die grundsätzliche Belastungsentscheidung (Rz. 30). Typisiert hat der Landesgesetzgeber an dieser Stelle die Belastungsrelationen, die zwischen Grundstücksflächen und Gebäudeflächen bestehen soll. Dass für einen Quadratmeter Gebäudefläche das 12,5-fache an Steuer anfallen soll wie für einen Quadratmeter Grundstücksfläche wird an keiner Stelle empirisch begründet. Weder wird ein Versuch unternommen, die jeweils einhergehenden kommunalen Kosten zu beziffern (Kostenäquivalenz), noch findet eine Bezifferung der entsprechenden Nutzungsvorteile (Nutzenäquivalenz) statt. Der Gesetzgeber hat hier vielmehr eine politische Wertentscheidung getroffen, die einer rechnerischen Überprüfung nicht zugänglich nicht.
Rz. 214
Obwohl der Euro-Betrag für einen Quadratmeter Gebäudefläche "Wohnen" dem für einen Quadratmeter Gebäudefläche "Nicht-Wohnen" entspricht, ist die Abgrenzung aus zwei Gründen nötig. Erstens wird bei "Wohnen" mit der Wohnfläche ein anderes Flächenmaß herangezogen (Rz. 228) als bei "Nicht-Wohnen", wo auf die Nutzungsfläche abgestellt wird (Rz. 271). Zweitens kommt bei "Wohnen" im weiteren Berechnungsweg (§ 4 Abs. 1 HGrStG) eine niedrigere Messzahl zur Anwendung als bei "Nicht-Wohnen" (§ 6 Abs. 1 und 2 HGrStG, Rz. 285, Rz. 286).
Rz. 215
Eine Definition was unter "Nicht-Wohnen" zu verstehen ist, trifft das HGrStG nicht, sondern ordnet einfach alle Gebäudeflächen, die nicht unter "Wohnen" fallen, dieser Kategorie zu. Praktisch hat das zu Folge, dass die Fallbearbeitung mit der Frage, was fällt unter "Wohnen" beginnen muss, denn diesbezüglich macht der Landesgesetzgeber in Abs. 2 klare Vorgaben, indem er auf eine Nutzung zu Wohnzwecken abstellt (Rz. 224 ff.).
Rz. 216
Gebäudeflächen "Wohnen" sind mit der Wohnfläche anzusetzen (Rz. 228). Bestimmte mit der Wohnnutzug zusammenhängende Flächen werden bei der Wohnflächenberechnung aber nicht einbezogen, z.B. Keller und Waschküche. Sie sind mit der Erfassung der Wohnfläche bei der Besteuerung abgegolten und nicht zusätzlich (z.B. mit ihrer Nutzungsfläche) zu berücksichtigen. Auch bei Garagen und Nebengebäuden kann eine solche Abgeltungswirkung eintreten. Hierzu gibt es gesonderte Vorschriften in § 5 Abs. 1 Satz 5 bis 8 (Rz. 236 ff.).
Rz. 217
Gebäudeflächen "Nicht-Wohnen" sind mit der Nutzungsfläche anzusetzen (Rz. 271). Auch diese umfasst nicht alle Gebäudeflächen. Eine entsprechende Abgeltungswirkung für die nicht in die Flächenberechnung eingehenden Bereiche gibt es auch hier. Dies betrifft vor allem die Verkehrsflächen.
Rz. 218
Eine Begründung, warum bei "Wohnen" mit der Wohnfläche auf ein anderes Flächenmaß abgestellt wird als bei "Nicht-Wohnen" findet sich in den Gesetzesmaterialen nicht. Naheliegend ist, dass der Gesetzgeber sich von Praktikabilitätserwägungen leiten ließ. Einem Eigentümer ei...