a) Anwendbarkeit von § 39 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 AO

 

Rz. 174

[Autor/Stand] § 3 Abs. 2 Satz 1 HGrStG regelt, dass sich die Zurechnung des Steuergegenstands (Rz. 86) nach § 39 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AO richtet (zur Ausnahme, Rz. 186 ff.). § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO (Bruchteilsbetrachtung) wird indes nicht in Bezug genommen und ist deshalb landesrechtlich auch nicht anwendbar (Rz. 182). Eine Anwendbarkeit des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO kommt auch nicht über § 2 Abs. 5 Nr. 1 HGrStG in Betracht. Denn insoweit ist § 3 Abs. 2 Satz 1 HGrStG die speziellere Vorschrift. Andernfalls hätte es – wegen § 2 Abs. 5 Nr. 1 HGrStG – keiner den § 39 AO einschränkenden Verweisung durch § 3 Abs. 2 HGrStG bedurft.

 

Rz. 175

[Autor/Stand] Eine dem § 3 Abs. 2 Satz 1 HGrStG entsprechende Verweisungsvorschrift sieht das Bundes-GrStG oder das Bewertungsgesetz nicht vor. Damit fehlt dem Bundesgrundsteuergesetz eine ausdrückliche Zurechnungsregelung. Deshalb wird für die Zurechnungsfrage auf die entsprechende Anwendung des § 39 AO (allerdings inklusive Abs. 2 Nr. 2 AO) abgestellt, § 10 GrStG Rz. 10 ff.).

b) Zurechnung nach § 39 Abs. 1 AO (bürgerlich-rechtliches Eigentum)

 

Rz. 176

[Autor/Stand] Nach § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter (gemeint sich Sachen i.S.d. § 90 BGB[4]) grundsätzlich dem zivilrechtlichen Eigentümer (dem im Grundbuch eingetragenen Rechtsträger) zuzurechnen. Zurechnungssubjekt eines Grundstücks können – als Alleineigentümer – (voll- und minderjährige) natürliche Personen und juristische Personen sein (§ 10 GrStG Rz. 12 f.). Gleiches gilt auch für Personen(außen)gesellschaften (z.B. oHG, KG, GmbH & Co. KG, Außen-GbR[5], PartG). Denn Gesellschaften nach diesem Typus eint, dass sie vollrechtsfähig sind (§§ 124, 161 Abs. 2 HGB, § 7 Abs. 2 PartGG und für die Außen-GbR § 124 HGB analog) und damit Eigentum an Grundstücken erwerben können. Zurechnungssubjekt sind also nicht die Gesellschafter (in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit), sondern nach der sog. Gruppenlehre, der sich der BGH[6] angeschlossen hat, die Personen(außen)gesellschaften als Zurechnungssubjekt selbst.

 

Rz. 177

[Autor/Stand] Die zivilrechtliche Betrachtung (Rz. 176) hat zur Folge, dass den natürlichen und juristischen Personen sowie den Personen(außen)gesellschaften die wirtschaftliche Einheit für Zwecke der Grundsteuer zuzurechnen ist (§ 3 Abs. 2 Satz 1 HGrStG i.V.m. § 39 Abs. 1 AO) und diese Rechtsträger somit Schuldner der Grundsteuer und im Übrigen sogar vollumfängliches Rechtssubjekt der Grundsteuer sind.

 

Rz. 178

[Autor/Stand] Der Steuergegenstand kann eigentumsrechtlich auch mehreren Personen zuzurechnen sein. Dies kommt bei Bruchteils- und Erbengemeinschaften sowie bei Innen-GbR in Betracht. Bürgerlich-rechtlich unterscheidet sich die Situation gegenüber der Personengesellschaft dadurch, dass das Eigentum an dem Grundstück mehreren Personen nach Bruchteilen zusteht, also sog. (Mit-)Eigentum nach ideellen Anteilen den einzelnen Miteigentümern zuzurechnen ist. Wären diese Rechtsgemeinschaften grundsteuerfähig, könnten ihnen für steuerliche Zwecke das Eigentum als eigenständiges Steuerrechtssubjekt zugerechnet werden. Weder das HGrStG noch das Grundsteuergesetz enthalten eine Regelung dazu, ob Gemeinschaften für Zwecke der Grundsteuer selbständig steuerpflichtig sind. Deshalb muss auf allgemeine Regelungen zurückgegriffen werden. Die Zurechnung erfolgt daher – unter Berücksichtigung von § 1008 BGB i.V.m. §§ 741, 747 BGB – nach § 39 Abs. 1 AO. Der Steuergegenstand ist daher dem jeweiligen Miteigentümer zuzurechnen.

 

Rz. 179

[Autor/Stand] Die Zurechnung des Steuergegenstands an mehrere Personen (Rz. 178) hat unterschiedliche Rechtsfolgen: Materiell-rechtlich ist jeder Beteiligte Gesamtschuldner der Grundsteuer (Rz. 172). Grundsätzlich müsste der GrSt-Messbescheid jedem Beteiligten einzeln bekanntgegeben werden (vgl. aber Rz. 461 zur Anwendung des § 183 AO).

 

Rz. 180

[Autor/Stand] Demgegenüber besteht keine rechtliche Notwendigkeit den anteilig am Steuergegenstand (ideell) beteiligten Personen (z.B. Miteigentümern) den nach § 2 Abs. 2 HGrStG i.V.m. § 3 Satz 1 BewG einheitlich zu ermittelnden Steuermessbetrag – z.B. nach dem Verhältnis ihrer Beteiligung am Steuergegenstand – anteilig zuzuweisen (so auch im Bundesrecht, vgl. § 3 BewG Rz. 17 ff.). Mit anderen Worten, für eine Aufteilung des Steuermessbetrags nach Maßgabe der Eigentumsverhältnisse besteht zumindest für Zwecke des hessischen Grundsteuerrechts kein Bedürfnis

 

Rz. 181

[Autor/Stand] Eine Aufteilung des im Ganzen ermittelten Steuermessbetrags (§ 3 Satz 1 BewG) auf die am Steuergegenstand Beteiligten, kommt nicht nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO in Betracht. Danach sind Wirtschaftsgüter, die mehreren Personen zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten anteilig zuzurechnen, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. Für Zwecke der Hessischen Grundsteuer ist diese Vorschrift schon nicht anwendbar (Rz. 174). Für ihre Anwendbarkeit besteht auch kein Bedürfnis. Denn nach § 3 Abs. 1 Satz 2 HGrStG schulden mehrer...

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