Leitsatz
Der Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs,
- der einen Teil seines Betriebs (die gesamte Milchviehwirtschaft) aufgibt und die dazu erforderlichen Wirtschaftsgüter an einen anderen Landwirt verpachtet und
- der auch nach der Verpachtung weiterhin in nicht geringfügigem Umfang als Landwirt tätig ist, darf die Verpachtungsumsätze nicht – wie seine übrigen Umsätze – gem. § 24 UStG nach Durchschnittsätzen versteuern.
Die Verpachtungsumsätze unterliegen vielmehr der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des UStG.
Normenkette
§ 24 UStG , Art. 25 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Der Kläger, ein Landwirt, verpachtete einen Teil der Milchwirtschaft dienenden Grundstücke samt Milchquote an seinen Sohn und überließ ihm gegen Entgelt Milchviehstallgebäude. Mit dem auch danach nicht unbeträchtlichen landwirtschaftlichen Rest setzte er die Bewirtschaftung seines Betriebs fort. Der Kläger vertrat – erfolglos – die Auffassung, das im Zusammenhang mit der vorgenannten Verpachtung/Überlassung an seinen Sohn vereinnahmte Entgelt unterliege in voller Höhe der Besteuerung nach Durchschnittssätzen gem. § 24 UStG.
Entscheidung
Die Verpachtung der Milchquote und der Milchkühe durch den Kläger ist keine "landwirtschaftliche Dienstleistung" in diesem Sinn.
Hinweis
Nach der Entscheidung des EuGH (BFH-PR 2004, 405) bringt die Endentscheidung des BFH keine Überraschung mehr. § 24 UStG ist richtlinienkonform auszulegen. Vergünstigung erhalten nur die landwirtschaftlichen Dienstleistungen. Als "landwirtschaftliche Dienstleistungen" i.S.d. Art. 25 der 6. EG-RL gelten die in Anhang B bezeichneten Dienstleistungen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte und/oder der normalen Ausrüstung seines landwirtschaftlichen Betriebs vorgenommen werden (Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich der 6. EG-RL).
Im Anhang B der 6. EG-RL sind bezeichnet „Dienstleistungen, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen, insbesondere:
- Arbeiten des Anbaus, der Ernte, des Dreschens, des Pressens, des Lesens und Einsammelns, einschließlich des Säens und Pflanzens
- Verpackung und Zubereitung, wie beispielsweise Trocknung, Reinigung, Zerkleinerung, Desinfektion und Einsilierung landwirtschaftlicher Erzeugnisse
- Lagerung landwirtschaftlicher Erzeugnisse
- Hüten, Zucht und Mästen von Vieh
- Vermietung von normalerweise in land-, forst- und fischwirtschaftlichen Betrieben verwendeter Mittel zu landwirtschaftlichen Zwecken
- technische Hilfe
- Vernichtung schädlicher Pflanzen und Tiere, Behandlung von Pflanzen und Böden durch Besprühen
- Betrieb von Be- und Entwässerungsanlagen
- Beschneiden und Fällen von Bäumen und andere forstwirtschaftliche Dienstleistungen”.
Um eine einheitliche Anwendung der Vergünstigung für die Landwirtschaft in der gesamten Gemeinschaft sicherzustellen, hat der Gemeinschaftsgesetzgeber hinsichtlich der Bestimmung der erfassten Betriebe u.a. die Begriffe "landwirtschaftlicher Erzeuger", "landwirtschaftliche Erzeugnisse" und "landwirtschaftliche Dienstleistungen" selbst definiert. Damit wollte er für die Anwendung dieser Regelung nicht auf das alleinige Kriterium der formalen Eigenschaft als landwirtschaftlicher Erzeuger abstellen, sondern er hat die Anwendung nur denjenigen landwirtschaftlichen Erzeugern vorbehalten, deren Lage sämtlichen Bestimmungen des Art. 25 der 6. EG-RL entspricht. Der EuGH betont: Eine Person kann nicht allein deswegen, weil sie landwirtschaftlicher Erzeuger ist, geltend machen, auf sie müsse unabhängig von der Art der von ihr getätigten Geschäfte ausschließlich diese Regelung Anwendung finden. Jedenfalls umsatzsteuerrechtlich wird das steuerrechtliche landwirtschaftliche Paradies danach kleiner.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 25.11.2004, V R 8/01 (Nachfolgeentscheidung zum Urteil des EuGH vom 15.7.2004, Rs. C-321/02 – Harbs)