Seine deutlich umfangreichere Antwort auf die zweite Frage des VG beginnt der EuGH mit einem Hinweis auf seine gefestigte Rechtsprechung zur Eigenständigkeit von Leistungen, nach der jede Leistung in der Regel zwar als selbständig zu betrachten ist, unter bestimmten Umständen mehrere formal eigenständige Leistungen aber als einheitlicher Umsatz anzusehen sind. Dies ist dann der Fall, wenn diese Leistungen von einem Steuerpflichtigen erbracht werden und aus wirtschaftlicher Sicht eine einzige Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Ebenso weist er auf die umsatzsteuerliche Behandlung von Nebenleistungen hin. Nebenleistungen, die umsatzsteuerlich das Schicksal der Hauptleistung teilen, sind Leistungen, die keinen eigenen Zweck, sondern nur ein Mittel darstellen, damit eine Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch genommen werden kann. Dies ist aus der Sicht des Leistungsempfängers zu beurteilen.
Die deutsche Finanzverwaltung hat diese Grundsätze ausdrücklich übernommen.
Was das Vorliegen umsatzsteuerlicher Nebenleistungen in Zusammenhang mit Grundstücksvermietungen angeht, so sieht sie in der Regel die Lieferung von Wärme, die Versorgung mit Wasser, auch mit Warmwasser, die Überlassung von Waschmaschinen, die Flur- und Treppenreinigung, die Treppenbeleuchtung, die Lieferung von Strom, die Bereitstellung von Internet- und/oder TV-Anschluss durch den Vermieter sowie die von dem Vermieter einer Wohnanlage vertraglich übernommene Balkonbepflanzung als solche an. Auf diese Leistungen findet daher die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 S. 1 Buchst. a) UStG Anwendung. Ebenso würden sie bei einem Verzicht auf diese Befreiung nach § 9 Abs. 2 UStG von der Steuerpflicht der Vermietungsleistung miterfasst. Dies wirkt sich bei der Lieferung von Wasser auch auf den Steuersatz aus.
Enge Auslegung des Nebenleistungsbegriffs: Im Urteil "WAM" nahm der EuGH nun in Zusammenhang mit Grundstücksvermietungen eine demgegenüber deutlich engere Auslegung des Begriffs der Nebenleistungen bei Vermietungsumsätzen vor.
Indizien für getrennt von der Vermietung erbrachte Leistungen: Für den EuGH kommt es entscheidend darauf an, ob der Mieter über seinen Verbrauch von Wasser, Elektrizität und Wärme frei entscheiden kann. Dies weise auf getrennt von der Vermietungsleistung erbrachte Leistungen des Vermieters an den Mieter hin. Im Vorhandensein von individuellen Zählern, die zur Kontrolle des Verbrauches genutzt werden können, und in einer verbrauchsabhängigen Rechnungsstellung sieht der EuGH hierzu wichtige Indizien. Hinsichtlich der Abfallentsorgung ist laut EuGH bereits in der Möglichkeit des Mieters, einen Leistungserbringer selbst auszuwählen oder unmittelbar mit ihm in eine vertragliche Beziehung zu treten, ein Indiz zugunsten einer von der Vermietung getrennten Leistung zu sehen, und zwar ausdrücklich auch dann, wenn der Mieter von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch macht. Werden darüber hinaus die Entgelte für die Vermietung einerseits und für die Abfallversorgung andererseits getrennt in der Rechnung ausgewiesen, sei nicht von einer einheitlichen Vermietungsleistung auszugehen.
Zwar betont der EuGH, dass die Umstände des Einzelfalls für jede Grundstücksvermietung zu prüfen sind. Eine umsatzsteuerlich als einheitlich zu betrachtende Leistung scheint er indes eher als Ausnahme anzusehen. Als mögliche Beispiele für eine einheitliche Leistung erwähnt er die Vermietung von schlüsselfertigen, mit Versorgungs- und anderen Leistungen einsatzbereiten Büroräumen (sog. Turnkey-Offices) oder von Immobilien für kurze Zeit wie z.B. Feriendomizile oder für berufliche Zwecke. In solchen Fällen sei eine Aufspaltung wirklichkeitsfremd.
Künftig erhöhte Anforderungen an Betriebskostenabrechnung: Die Anwendung der Grundsätze des "WAM"-Urteils durch die deutsche Finanzverwaltung könnte die Anforderungen an eine umsatzsteuerlich korrekte Betriebskostenabrechnung deutlich erhöhen. Auf die Vermieter kämen erhebliche administrative Mehraufwendungen zu. Kurz nach Veröffentlichung des Urteils kam z.B. Wüst zu der Ansicht, dass die Finanzverwaltung trotz insgesamt geringer fiskalischer Effekte den Umsatzsteueranwendungserlass entsprechend anpassen müsse. Diese Einschätzung erschien nach den in der Folge ergangenen Urteilen als durchaus wahrscheinlich.