Leitsatz
1. Der Leistungsort der in § 3a Abs. 4 Nr. 10 UStG 1993 bezeichneten Vermittlungsleistungen bestimmt sich nicht nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1, sondern nach § 3a Abs. 3 UStG 1993.
2. Der Begriff "Geldforderungen" in § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG 1993 umfasst bei richtlinienkonformer Auslegung auch Geschäfte mit Warenforderungen wie Optionen im Warentermingeschäft.
Normenkette
§ 1 Abs. 2, § 1 Abs. 2a, § 3a, § 4 Nr. 8, § 15 Abs. 2, § 15 Abs. 3 UStG, Art. 13 Teil B Buchst. d der 6. EG-RL
Sachverhalt
Die Klägerin war im Inland als Agent für P (Sitz in England) tätig.
Die Klägerin (mit inländischen Vermietungsumsätzen) vermittelte mit Hilfe von Telefonverkäufern zwischen P und deutschen Anlegern Warenterminkontrakte (in den USA, England und über DAX in Deutschland). Sie erhielt von P – nicht von den Anlegern – für jeden Abschluss eine Provision.
Das FA ließ die Vorsteuer aus Rechnungen der Telefonverkäufer nicht zum Abzug zu, weil die Leistungen nicht im Inland erbracht seien. Das FG bestätigte die Klägerin mit der Begründung, Brokerleistungen seien eine einheitliche, "unspezifisch/allgemeine" Leistung.
Entscheidung
Der BFH verwies aufgrund der in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen zur Bestimmung des Leistungsinhalts und Leistungsorts die Sache an das FG zurück. Gem. § 4 Nr. 5 Buchst. a UStG ist die Vermittlung der Umsätze, die ausschließlich im Drittlandsgebiet bewirkt werden, steuerfrei. Aus den Feststellungen ergab sich nicht der Umfang der ausschließlich im Drittland ausgeführten Umsätze. Dies könnte für die vermittelten Brokergeschäfte in den USA in Betracht kommen; insoweit wären entsprechende Vorsteuerbeträge abziehbar gewesen (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a UStG).
Hinweis
Ob und inwieweit der Vorsteuerabzug bei Umsätzen im Ausland ausgeschlossen ist, erfordert zunächst die Prüfung, ob es sich um einen der in § 15 Abs. 3 Nr. 2 UStG bezeichneten Umsätze handelt. Das sind die Umsätze, die
Beziehen sich die Eingangsleistungen auf Vermittlungsleistungen, sind zunächst die für diese geltenden Ortsbestimmungen zu beachten.
1. Vermittlungsleistungen werden an dem Ort erbracht, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird (§ 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 UStG). Dies gilt nach § 3a Abs. 2 Nr. 4 Satz 3 UStG allerdings nicht für die in § 3a Abs. 4 Nr. 10 UStG bezeichneten Vermittlungsleistungen, also die Vermittlung der in § 3a Abs. 4 UStG aufgeführten Leistungen.
Umfasst der vermittelte Umsatz mehrere Komponenten, bei denen alle unter § 3a Abs. 4 UStG fallen, erübrigen sich weitere Überlegungen zu deren Gewicht (Haupt- und/oder Nebenleistung).
Im Besprechungsfall kam nur § 3a Abs. 4 Nr. 6 UStG in Betracht; darunter fallen nach Buchst. a "die sonstigen Leistungen der in § 4 Nr. 8 Buchst. a bis g und Nr. 10 bezeichneten Art" und nach Buchst. b "die sonstigen Leistungen im Geschäft mit Gold, Silber und Platin".
2. Als Option wird üblicherweise eine Vereinbarung verstanden, aus der für den Käufer (Optionsinhaber) das Recht, nicht aber die Verpflichtung folgt, in der Zukunft eine bestimmte Menge und Qualität einer Ware oder eines Werts (z.B. Devisen, Wertpapiere) zu einem im Voraus festgelegten Preis (Basispreis) vom Verkäufer der Option (sog. Stillhalter) zu erwerben oder an ihn zu veräußern.
a) Unter § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG – der Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der 6. EG-RL umsetzt – fallen die Umsätze im Geschäft mit Geldforderungen und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Einziehung von Forderungen.
Die Vermittlung von Umsätzen mit Devisen ist bei richtlinienkonformer Auslegung ein steuerfreier (– Rechtsprechungsänderung –) Umsatz im Geschäft mit Geldforderungen; durch die mit Wirkung ab 1.1.2002 durch das Steueränderungsgesetz 2001 eingefügte Neufassung des § 4 Nr. 8 Buchst. c UStG hat der Gesetzgeber klarstellen wollen, dass der Anwendungsbereich der Steuerbefreiung auch Umsätze von Forderungen in Form anderer Handelspapiere, insbesondere Geschäfte mit Warenforderungen (z.B. Optionen im Warentermingeschäft) umfasst.
b) Wertpapieroptionsgeschäfte und deren Vermittlung fallen unter § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG.
c) Im Besprechungsfall hatte die Klägerin darüber hinaus Optionen auf Goldgeschäfte vermittelt; diese fielen unter § 4 Nr. 8 Buchst. k UStG 1993 (vgl. § 25c UStG); diese Vorschrift umfasst die Umsätze im Geschäft mit Goldbarren, mit Goldmünzen, die als gesetzliche Zahlungsmittel gelten, mit unverarbeitetem Gold und die Vermittlung dieser Umsätze. Insoweit war für den Ort der Leistung – mit demselben Ergebnis – nicht § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a, sondern Buchst. b UStG einschlägig.
3. Werden die (Vermittlungs-)Leistungen im Ausland ausgeführt, so sind die Vorsteuerbeträge, die auf die für diese Umsätze bezogenen Eingangsbezüge entfallen, n...