Maren Rixen, Anna-Lena Glander
Unternehmen sollten neben den nationalen Gesetzgebungsverfahren auch die Entwicklungen auf europäischer Ebene beobachten und die (zu erwartenden) Regelungen mit in ihre Maßnahmen einbeziehen.
Am 23.2.2022 hat die EU-Kommission ihren Vorschlag für ein Gesetz über Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen, das sog. EU-Lieferkettengesetz (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD), vorgelegt, welcher am 1.6.2023 vom Parlament verabschiedet wurde. Am 5.7.2024 wurde die CSDDD im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und trat am 25.7.2024 in Kraft.
Die CSDDD gilt grundsätzlich für EU-Unternehmen, die mehr als 1.000 Beschäftigte und einen jährlichen Nettoumsatz von mehr als 450 Millionen EUR haben. Für ausländische Unternehmen gilt sie, wenn diese mehr als 450 Millionen EUR Nettoumsatz in der Union generiert haben.
Dabei sieht die Richtlinie eine gestaffelte Umsetzung in drei Schritten – von groß zu klein – vor. Für EU-Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und über 1.500 Millionen EUR Netto-Jahresumsatz sowie für ausländische Unternehmen mit einem entsprechenden Umsatz gilt die Richtlinie bereits drei Jahre nach Inkrafttreten. Vier Jahre nach Inkrafttreten gilt sie für EU-Unternehmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten und über 900 Millionen EUR Netto-Jahresumsatz oder ausländische Unternehmen mit einem entsprechenden Umsatz. Nach fünf Jahren findet sie auf alle erfassten Unternehmen mit den anfangs genannten Schwellenwerten Anwendung.
Die Richtlinie verpflichtet EU-Unternehmen zusammenfassend dazu, ihre Zulieferer entlang der gesamten globalen Lieferkette zu überprüfen, inklusive aller direkten und indirekten Geschäftsbeziehungen. Dabei müssen sich die Unternehmen für die Einhaltung bestimmter Umwelt- und Menschenrechtsstandards in ihren Liefer- und Wertschöpfungsketten einsetzen. Ziel ist die weltweite Einhaltung von geltenden Menschenrechtsstandards und des Umweltschutzes, um eine fairere und nachhaltigere globale Wirtschaft sowie eine verantwortungsvolle Unternehmensführung zu fördern.
Dabei stellt die CSDDD, die grundsätzlich auf dem LkSG aufbaut, insbesondere im Umweltbereich erheblich höhere Anforderungen an Unternehmen als das deutsche LkSG:
Die vom LkSG vorgesehenen Umweltsorgfaltspflichten gelten weiterhin und wurden geringfügig erweitert. Darüber hinaus gelten laut CSDDD jedoch auch Pflichten aus internationalen Umweltabkommen bezüglich der Herstellung, Einfuhr und Ausfuhr von mit Quecksilber versetzten Produkten sowie der Verwendung und Behandlung von Quecksilber aus dem Minamata-Übereinkommen. Ebenso im Hinblick auf die Produktion, Verwendung und Behandlung bestimmter Chemikalien und ihrer Abfälle nach dem Stockholmer Übereinkommen über persistente organische Stoffe sowie der Ein- und Ausfuhr gefährlicher und anderer Abfälle nach dem Basler Übereinkommen.
Neu aufgenommen wurden in die CSDDD im Vergleich zum LkSG zudem durch Verweise auf internationale Umweltabkommen chemikalienbezogene Pflichten sowie solche zum Schutz der biologischen Vielfalt, von gefährdeten Arten sowie von besonders geschützten Gebieten und der Meere.
Darüber hinausgehend werden Unternehmen verpflichtet, einen Plan zur Minderung ihres Einflusses auf den Klimawandel anzunehmen und umzusetzen. Mit dem Plan sollen sie sicherstellen, die ihnen möglichen Maßnahmen zu ergreifen, um ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius gemäß dem Übereinkommen von Paris sowie dem europäischen Klimaneutralitätsziel in Einklang zu bringen.
Auch in Bezug auf die konkreten Vorgaben zur Reichweite der Pflichten in der Liefer- beziehungsweise Aktivitätenkette, die konkrete Ausgestaltung der Sorgfaltspflichten und die explizite Vorgabe einer zivilrechtlichen Haftung enthält die CSDDD Veränderungen gegenüber dem LkSG.
Die EU-Mitgliedstaaten müssen die CSDDD nun innerhalb von 2 Jahren, bis zum 26.7.2026, in nationales Recht umsetzen. Dies dürfte in Deutschland voraussichtlich durch eine Anpassung des LkSG erfolgen. Da das derzeitige EU-Lieferkettengesetz, wie gezeigt, deutlich über das geltende deutsche LkSG hinausgeht, ist zu erwarten, dass der deutsche Gesetzgeber das LkSG dann nachschärfen wird. Aus diesem Grund sollten sich Unternehmen bei der Umsetzung der Maßnahmen zur Vermeidung von Mehraufwand bereits heute an den EU-Regelungen orientieren, um so spätere kurzfristige Nachbesserungen zu vermeiden.