BMF, Schreiben v. 15.1.2007, IV A 5 - S 7124 - 1/07
In einem Schreiben war um Stellungnahme hinsichtlich der Beurteilung der Leistungsbeziehungen bei der sog. kaufmännisch-bilanziellen Einspeisung von Elektrizität gebeten worden. Nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird hierzu Folgendes mitgeteilt:
Nach dem Gesetz über den Vorrang erneuerbarer Energien (EEG) erhalten Anlagenbetreiber i.S.d. EEG die erhöhte Einspeisevergütung auch für Elektrizität, die tatsächlich in ihrem eigenen Netz oder in dem Netz eines Dritten verbraucht und nicht physisch in das Netz des Netzbetreibers eingespeist wird. Diese „Elektrizität” wird dem Netzbetreiber lediglich kaufmännisch-bilanziell, d.h. als rechnerisch durch Zählerstände ermittelter Posten, angeboten (§ 4 Abs. 5 EEG). Unter der Voraussetzung, dass ein Stromlieferungsvertrag abgeschlossen wurde, ist der Netzbetreiber zur Zahlung der Vergütung nach dem EEG auch in diesem Fall verpflichtet.
Das EEG fingiert auch in den Fällen, in denen kein physischer Stromfluss in das Netz des Netzbetreibers erfolgt, eine Lieferung der Elektrizität, damit die entsprechende Vergütung gezahlt werden kann (bzw. muss). Umsatzsteuerrechtlich erfolgt allerdings lediglich die Ortsbestimmung für die Lieferung von Elektrizität im Wege einer Fiktion nach § 3g UStG, während die Lieferung selbst nicht fingiert wird.
Eine Lieferung liegt nach allgemeinen Grundsätzen vor, wenn die Verfügungsmacht an einem Gegenstand verschafft wird.
Zu den Gegenständen i.S.d. UStG gehören neben körperlichen Gegenständen und Sachgesamtheiten auch solche Wirtschaftsgüter, die im Wirtschaftsverkehr wie körperliche Sachen behandelt werden. Hierzu zählt auch Elektrizität.
Die Verschaffung der Verfügungsmacht beinhaltet den von den Beteiligten endgültig gewollten Übergang von wirtschaftlicher Substanz, Wert und Ertrag eines Gegenstands vom Leistenden auf den Leistungsempfänger. Der Abnehmer muss faktisch in der Lage sein, mit dem Gegenstand nach Belieben zu verfahren, insbesondere ihn wie ein Eigentümer zu nutzen und veräußern zu können.
Der zur Verschaffung der Verfügungsmacht i.d.R. verbundene bürgerlich-rechtliche Eigentumsübergang ist vorliegend durch die vertraglichen Vereinbarungen zwischen Netzbetreiber und Anlagenbetreiber bzw. Drittem sichergestellt. Denn der Anlagenbetreiber kann die von ihm erzeugte Elektrizität nicht selbst an den Dritten veräußern, wenn er von der Regelung der kaufmännisch-bilanziellen Einspeisung Gebrauch machen will: Ein ggf. mit diesem abgeschlossener Stromlieferungsvertrag ist zu beenden, bevor der Anlagenbetreiber seine Elektrizität nach § 4 Abs. 5 EEG dem Netzbetreiber anbieten kann. In jedem Fall muss ein Stromlieferungsvertrag zwischen dem Netzbetreiber und demjenigen, der die vom Anlagenbetreiber erzeugte Elektrizität verbraucht (Anlagenbetreiber selbst oder Dritten) abgeschlossen werden.
Auch das wirtschaftliche Eigentum an der erzeugten Elektrizität geht auf den Netzbetreiber über. Dieser kann über die kaufmännisch-bilanziell eingespeiste Elektrizität zum einen durch Weiterveräußerung im Rahmen des EEG-Belastungsausgleichs verfügen. Zum anderen verfügt er über die Elektrizität (entsprechend den o.g. Stromlieferungsverträgen) durch den Verkauf an denjenigen, der diese tatsächlich verbraucht (Anlagenbetreiber selbst oder Dritter).
Aus alledem wird deutlich, dass die Regelung des § 4 Abs. 5 EEG lediglich dazu dient, die Kosten einer separaten Anschlussleitung für den EEG-Anlagenbetreiber zu vermeiden. Auch die nach § 4 Abs. 5 EEG eingespeiste Elektrizität wird daher umsatzsteuerrechtlich vom Anlagenbetreiber an den Netzbetreiber geliefert. Die Einspeisevergütung ist Entgelt für die kaufmännisch-bilanziell eingespeiste Elektrizität.
Es ist vorgesehen, dies durch die Einfügung einer entsprechenden Klarstellung in Abschn. 42n UStR-E 2008 klarzustellen.
Normenkette
EEG § 4 Abs. 5;
UStG § 3g