Rn. 247
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
In einem Strafverfahren festgesetzte Geldstrafen sind alle so bezeichneten Rechtsnachteile, die von einem Gericht im Geltungsbereich des Gesetzes nach den Strafvorschriften des Bundes- oder Landesrechts verhängt werden (so die Definition in der Gesetzesbegründung, BT-Drucks 10/1314, 6). Eine "Strafe" ist die schärfste staatliche Reaktion auf eine Tat, die mit einem Unwerturteil verbunden ist, das den Täter persönlich treffen soll und dessen Wirkungen er persönlich zu tragen hat. Dieser Sanktionszweck soll nicht durch steuerliche Abzugsmöglichkeiten gemildert werden (BT-Drucks 10/1314, 6). Aus dem Umkehrschluss zu der Regelung in Art 5 des Einführungsgesetzes zum StGB ergibt sich, dass Geldstrafen nur bei verwirklichten Straftaten verhängt werden dürfen.
Rn. 248
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
Keine Geldstrafen iSd § 12 Nr 4 EStG sind dementsprechend Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder gemäß § 4 Abs 5 S 1 Nr 8 EStG (ggf iVm § 9 Abs 5 S 1 EStG). Die Anwendungsbereiche von § 12 Nr 4 EStG und § 4 Abs 5 S 1 Nr 8 EStG überschneiden sich nicht. Ebenfalls keine Geldstrafen iSv § 12 Nr 4 EStG sind Vertragsstrafen für vertragsbrüchige Gewerbetreibende, Vereinsstrafen für Berufssportler oder Disziplinarstrafen für Beamte.
Rn. 249
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
Aus einem Umkehrschluss zu der Regelung in § 4 Abs 5 S 1 Nr 8 EStG wird hergeleitet, dass § 12 Nr 4 EStG auch für Geldstrafen gilt, die von einem ausländischen Gericht verhängt werden. Da im Ausland verhängte Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder gemäß § 4 Abs 5 S 1 Nr 8 EStG (ggf iVm § 9 Abs 5 S 1 EStG) abzugsfähig sind, wenn sie nicht von einem Mitgliedstaat oder den Organen der EU verhängt werden, kommt der Qualifizierung des Aufwands als "Geldstrafe" in diesen Fällen eine besondere Bedeutung zu. Die Abgrenzung erfolgt danach, ob die Geldzahlung nach der ausländischen Rechtsordnung für eine Straftat oder für eine sonstige Verfehlung festgesetzt worden ist. Das Abzugsverbot gemäß § 12 Nr 4 EStG greift allerdings dann nicht ein, wenn die Sanktion wesentlichen Grundsätzen der deutschen Rechtsordnung (ordre public) widerspricht (so bereits BT-Drucks 10/1314, 6 f; vgl auch BFH VIII R 89/86, BStBl II 1992, 85; R 12.3 S 1 EStR 2012). Ein Verstoß gegen den ordre public ist gegeben, wenn das Ergebnis so sehr im Widerspruch zu den Grundgedanken des deutschen Rechts und den ihm zugrunde liegenden Gerechtigkeitsvorstellungen steht, dass es aus deutscher Sicht untragbar ist. In diesen Fällen ist ein Abzug der Aufwendungen möglich, wenn sie in einem betrieblichen oder beruflichen Veranlassungszusammenhang stehen (weitergehend: Scheller/Hildebrandt/Zaczek, Stbg 2017, 398: Abzugsverbot nur, wenn das ausländische Gericht ein persönliches Unwerturteil ausspricht).
Rn. 250
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
vorläufig frei
Rn. 251
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
Übernimmt der ArbG eine Geldstrafe für seinen ArbN, stellt dies Arbeitslohn dar (vgl für die parallele Frage der Übernahme von Bußgeldern: BFH VI R 36/12, BStBl II 2014, 278 unter ausdrücklicher Aufgabe von BFH VI R 29/00, BStBl II 2005, 367; ebenso: BFH VI R 47/06, BStBl II 2009, 151; vgl aber auch: BFH VI R 1/17, BStBl II 2021, 103). Der ArbG kann die Zahlung trotz § 12 Nr 4 EStG als BA abziehen (ebenso Kratzsch in Frotscher, § 12 EStG Rz 157a (Dezember 2015)). Trägt der ArbG die Verteidigungs- und Gerichtskosten, gelten die gleichen Grundsätze. Für den ArbG handelt es sich um abzugsfähigen Lohnaufwand. Dieses Ergebnis ist für den Bereich des § 4 Abs 5 S 1 Nr 8 EStG – Übernahme von betrieblich veranlassten Geldbußen durch den ArbG – umstritten (s §§ 4, 5 Rn 1853 (Nacke); Drüen in Blümich, § 4 EStG Rz 886 (November 2020); wie hier: Fissenewert in H/H/R, § 12 EStG Rz 150 (April 2019); Spilker in K/S/M, § 4 EStG Rz N 35 und N 41 (Juli 2015)). Die Fallgruppen sind mE aber nicht vergleichbar, weil der ArbG bei betrieblich veranlassten Geldbußen mittelbar betroffen ist (vgl BT-Drucks 10/1314, 5: Die Geldbuße soll "den Täter, oder das Unternehmen, für das der Täter gehandelt hat, in der vollen Höhe … treffen"). Diese Situation besteht bei vom ArbG übernommenen Geldstrafen so nicht, weil die persönliche Schuld des ArbN für die Bestrafung ausschlaggebend ist.
Rn. 252–253
Stand: EL 153 – ET: 10/2021
vorläufig frei