Josef Mitterpleininger, Dipl.-Finw. (FH) Sebastian Gruber
Rn. 20
Stand: EL 178 – ET: 01/2025
Entsprechend dem Regelungsgefüge des § 13 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG und § 13 Abs 1 Nr 2 EStG gehört die Zucht und Haltung von Tieren nur dann zur Landwirtschaft, wenn die Tiere dort entweder als Arbeitstiere (zB Zugpferde und -ochsen) gehalten bzw bodenunabhängig sind und der menschlichen Ernährung dienen (s Rn 20b und 42ff) oder bodenabhängig sind und nach der Verkehrsanschauung der LuF zugerechnet werden können (Märkle/Hiller, Die ESt bei LuF, Rz 182 (12. Aufl 2019)).
Aber nicht jede bodenabhängige Tierzucht und -haltung, für die eine ausreichende Futtergrundlage vorhanden ist, ist auch eine solche iSd § 13 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG; Letzterer können nur solche Tiere zugeordnet werden, welche nach dem herkömmlichen Begriff der deutschen Landwirtschaft, so wie sie sich im kontinentaleuropäischen Bereich entwickelt hat, als landwirtschaftstypisch anzusehen sind, wobei der Begriff der Landwirtschaft und was ihr zuzurechnen ist, nicht statisch zu sehen ist, sondern auch Fortentwicklungen zu berücksichtigen hat, welche sich aus dem Wandel der Verhältnisse ergeben (BFH v 24.10.1989, BStBl II 1990, 416).
Letztlich bestimmt die jeweils maßgebliche Verkehrsauffassung, welche Tierarten in welchem Ausmaß und für welche Zwecke landwirtschaftlich gezüchtet und gehalten werden können. In Betracht kommt danach die Viehzucht und -haltung, welche in einem Zusammenhang steht mit der landwirtschaftlichen Bodennutzung, während der allg Begriff der Tierzucht und -haltung, so wie er im allg Sprachgebrauch verstanden wird, darüber hinausgeht (RFH v 19.10.1928, RStBl 1929, 26 sowie BFH v 30.10.1980, BStBl II 1981, 210).
Wenngleich sich die deutsche Landwirtschaft in erster Linie als Urproduktion vorwiegend für Zwecke der Ernährung und vergleichbare Zwecke (zB Gewinnung von Wolle und Pelzen für Bekleidung) versteht, bedeutet dies nicht gleichzeitig, dass nur solche Tierarten bzw Tierhaltungsformen der Landwirtschaft zugerechnet werden könnten, welche allein für die menschliche Ernährung bzw für vergleichbare Nutzzwecke gehalten bzw erzeugt werden. So hat der BFH v 23.09.1988, BStBl II 1989, 111 auch die Haltung von Pensionsreitpferden unter den geänderten (politischen wie wirtschaftlichen) Rahmenbedingungen, mit denen sich die deutsche Landwirtschaft konfrontiert sieht, noch als landwirtschaftliche Tierhaltung anerkannt, obwohl diese Tierhaltungsform innerhalb des bisherigen Begriffs einer landwirtschaftlichen Tierhaltung nur schwerlich einzuordnen gewesen wäre. Letztendlich wird danach mE jede bodengebundene Tierzucht und -haltung der Landwirtschaft zugeordnet werden können, wenn die erzeugten oder gehaltenen Tiere entweder
- der menschlichen Ernährung dienen,
- für sonstige Nutzzwecke (wie der Erzeugung von Wolle und Bekleidung) Verwendung finden, oder
- zu (medizinischen) Versuchszwecken (s Rn 42) bzw
- zur Freizeitgestaltung gehalten bzw erzeugt werden, wobei im letzteren Falle einschränkend nur solche Tiere in Betracht kommen können, welche nach den hergebrachten Grundsätzen noch landwirtschaftstypisch sind.
Rn. 20a
Stand: EL 178 – ET: 01/2025
Bei den Tieren, die zweifelsfrei der Landwirtschaft zuzurechnen und demgemäß in Vieheinheiten umzurechnen sind, handelt es sich zum einen um Pferde, Rindvieh, Schafe, Ziegen, Schweine und Geflügel (Anlage 1 zum BewG, ab 01.01.2025 Anlage 34 gem GrStRefG v 26.11.2019, BGBl I 2019, 1794); aber auch die der menschlichen Ernährung sowie sonstigen Nutzzwecken dienenden Alpakas, Damtiere, (Zwerg-)Kaninchen, Lamas, Strauße, Jagdfasane und Wachteln (vgl insoweit R 13.2 Abs 1 EStR 2012) sowie Esel, Maulesel und Maultiere gehören hierher.
Pelztiere (wie zB die pflanzenfressenden Sumpfbiber, Chinchilla, Kaninchen und Karakulschafe sowie die allesfressenden Waschbären) gehören gem § 51 Abs 5 BewG (ab 2025: § 241 Abs 4 BewG) dann zur landwirtschaftlichen Nutzung, wenn die erforderlichen Futtermittel überwiegend von den vom Inhaber des Betriebs landwirtschaftlich genutzten Flächen gewonnen sind (§ 51 Abs 5 BewG/§ 241 Abs 4 BewG). In diesem Fall wird also nicht wie bei den eingangs genannten Tieren unterstellt, dass die landwirtschaftlich genutzten Flächen als Futtergrundlage in Betracht kommen, sondern hier müssen die verwendeten Futtermittel tatsächlich überwiegend auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden.
Soweit der BFH in den Urt (BFH v 30.10.1980, BStBl II 1981, 210; BFH v 29.10.1987, BStBl II 1988, 264) auch die Haltung fleischfressender Pelztiere (wie zB von Nerzen, Iltissen und Füchsen) noch der Landwirtschaft zugerechnet hatte, soll dies nach einer neueren Entscheidung des BFH v 19.12.2002, BStBl II 2003, 507 nicht mehr gelten, weil eine landwirtschaftliche Tierzucht und -haltung grundsätzlich voraussetzt, dass das notwendige Futter in Gestalt von Pflanzen und Pflanzenteilen zumindest theoretisch auf der landwirtschaftlichen Nutzfläche erzeugt wird. Ist dies – wie bei Fleischfressern üblich – nicht der Fall, handelt es sich grundsätzlich um eine gewerbliche und nich...