Rn. 52
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Scheidet ein Kommanditist gegen Übernahme eines negativen Kapitalkontos durch den Erwerber aus der KG aus, entsteht grundsätzlich in Höhe eines negativen Kapitalkontos ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn, zu dessen Höhe im Einzelnen s Rn 50 (soweit nicht schon zuvor ein Wegfall wegen fehlender Gewinnprognose eingetreten war: s Rn 6c).
Zur Entstehung negativer Kapitalkonten aufgrund ausgleichs- und abzugsfähiger Verluste kann es aus folgenden Gründen kommen:
- Die Verluste sind in der Zeit bis zum In-Kraft-Treten (s Rn 5a) des § 15a EStG entstanden.
- Die Verluste sind während der Übergangszeit bis 1984 entsprechend den getroffenen Übergangsregelungen entstanden: vgl § 52 Abs 19 S 2 und 3 EStG aF (Abs 24 idF KroatienAnpG) und Erläuterungen zu den Übergangsregelungen (s Rn 5a).
- Die Verluste führen zu einem negativen Kapitalkonto, weil die Voraussetzungen einer überschießenden Außenhaftung gemäß § 15a Abs 1 S 2 und 3 EStG vorliegen: s Rn 23 und 27a (Bsp)
- Aufgrund nachträglicher Einlagen bis Ende 2008 (s Rn 21b und s Rn 22a).
Zu einem Ausscheiden mit negativem Kapitalkonto kommt es nicht, wenn
- anlässlich des Ausscheidens des Kommanditisten ein Anteil allen verbleibenden Gesellschaftern "anwächst" und die gemäß §§ 161 Abs 2, 105 Abs 2 HGB iVm § 738 BGB zu erstellende Abschichtungsbilanz (vgl hierzu Schwung, Die Bindungswirkung der Abschichtungsbilanz, BB 1985, 1374) wegen der anteilig aufgelösten stillen Reserven dazu führt, dass das negative Kapitalkonto bereits innerhalb der StB der KG beseitigt wird (vgl Bordewin, RWP SG 5.2, 455), oder
- das negative Kapitalkonto bereits vor dem Ausscheiden infolge eines steuerfreien Sanierungsgewinns aufgefüllt wurde: s Rn 6c am Ende oder
- trotz fortbestehender KG vorzeitig aufzulösen war, weil feststand, dass künftige Gewinne nicht mehr zu erwarten waren: s Rn 6c.
1. Der Anteil an stillen Reserven und Geschäftswert entspricht mindestens der Höhe des negativen Kapitalkontos
a) Unentgeltliches Ausscheiden
Rn. 53
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Kommt in Frage vor allem bei Übertragung aus familiären Gründen, aber bei erkennbarem Willen zur Unentgeltlichkeit auch zwischen Fremden (s FG D'dorf EFG 2010, 803 bei Übertrag an Mitarbeiter, weil der Inhaber keine eigenen Kinder hat): s Rn 51b.
Voraussetzung für Unentgeltlichkeit bei fremden Dritten ist ansonsten, dass die übergebenen stillen Reserven einschließlich anteiligem Geschäftswert mindestens dem negativen Kapitalkonto entsprechen, im Einzelnen s Rn 51b.
Ist Unentgeltlichkeit geplant, müssen Gleichstellungsgelder an nahe Angehörige vermieden werden, denn nach der sog "Einheitstheorie" (BFH vom 10.07.1986, BStBl II 1986, 811) führt jedes noch so kleine Entgelt zu voller Entgeltlichkeit des Vorgangs. Das lässt sich dadurch vermeiden, dass der Übertragende vor dem Übertrag Geldmittel entnimmt und diese selbst dem Gleichzustellenden zuwendet: so Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 66, 38. Aufl.
Ist Unentgeltlichkeit gegeben, steht das negative Kapitalkonto aufgrund ausgleichs-/abzugsfähiger Verluste der Unentgeltlichkeit iSv § 6 Abs 3 EStG grundsätzlich nicht im Wege (BFH vom 01.03.2018, IV R 16/15, BStBl II 2018, 527 Rz 25; BFH vom 10.03.1998, BStBl II 1999, 269; BFH vom 13.01.1993, BStBl II 1993, 80 Rz 30; BFH vom 11.05.1995, IV R 44/93, BFH/NV 1995, 68; BFH BStBl II 1973, 111; wohl auch BFH BStBl II 1986, 896/900; FG Nbg vom 02.12.2010, EFG 2011, 1162; s Rn 51b; glA Wacker in Schmidt, § 15a EStG Rz 230, 38. Aufl), dh, es entsteht beim Übertragenden kein Veräußerungsgewinn, der erwerbende Rechtsnachfolger führt das negative Kapitalkonto und die anteiligen Buchwerte fort (s Rn 51b; BFH vom 11.05.1995, IV R 44/93, BFH/NV 1995, 68; FG Sa EFG 1986, 74).
Dies hat im Vergleich zur gleichzeitigen Übernahme eines verrechenbaren Verlustes (s Rn 51b) für den Erwerber die ungünstige Folge, dass künftige Gewinne zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos zu versteuern sind, ohne dass Gewinnauszahlungsansprüche entstehen. Zusätzlich sind bei Veräußerung des Anteils die anteiligen stillen Reserven zu versteuern (mit begünstigtem Steuersatz nach den §§ 16, 34 EStG). Dies ist jedoch in sich logisch, weil erst künftig anfallende Gewinnanteile noch von niemandem versteuert worden sind, da bei dem unentgeltlichen Anteilsübergang kein Veräußerungsgewinn entstanden ist (der allerdings begünstigt gewesen wäre), und die Verluste des Ausscheidenden, die zum negativen Kapitalkonto geführt haben, in der Vergangenheit schon ausgleichsfähig waren.
b) Entgeltliches Ausscheiden
Rn. 54
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Scheidet ein Kommanditist mit negativem Kapitalkonto gemäß § 167 Abs 3 HGB ohne Ausgleichsverpflichtung aus der KG aus und geht das negative Kapitalkonto entgeltlich auf einen oder alle bisherigen Gesellschafter nach § 738 BGB mit zusätzlicher Abfindung oder an Dritte gegen ein zusätzliches Entgelt, entsteht beim ausscheidenden Kommanditisten ein nach den §§ 16, 34 EStG begünstigter Veräußerungsgewinn: Im Einzelnen und zur Berechnungsweise s Rn 50.
Die Begünstigungen der §§ 16, 34 EStG gelten auch für den Teil des negativen Kapitalkontos, der durch steuerlich wirksame Verlustanteile wegen überschießender Außen...