Schrifttum:
Rickermann, Entkopplung der steuerlichen Verlustnutzung nach § 15a EStG von der wirtschaftlichen Belastung mit dem Segen des BFH – Anmerkungen zum BFH-Urt v 20.6.2024, IV R 17/21, StuB 2024, 773.
A. Die Funktion des § 15a Abs 3 S 3 EStG
Rn. 40
Stand: EL 179 – ET: 02/2025
Das MoPeG v 10.08.2021, BGBl I 2021, 3436 hat bei der KG nun auch ausdrücklich die Unterscheidung zwischen Haftsumme und vereinbarter Einlage (früher Pflichteinlage) in § 171 Abs 1 HGB nF verankert.
Die Grundkonzeption des § 15a Abs 1 S 2 EStG, KG-Verlustanteile auch über die geleistete Einlage hinaus, dh unter Inkaufnahme eines negativen Kapitalkontos, zum Ausgleich oder Abzug zuzulassen für den Fall einer im HR eingetragenen, die geleistete Einlage "überschießenden Außenhaftung" (s Rn 23), könnte ohne § 15a Abs 3 S 3 EStG unterlaufen werden, indem zunächst eine hohe, die vereinbarte Einlage übersteigende Haftsumme ins HR eingetragen wird, deren Herabsetzung im Folgejahr nach wirksamer Verlustzuweisung bereits geplant ist.
Die Haftungsminderung führt, wie die Einlageminderung (§ 15a Abs 3 S 1 EStG), insoweit grundsätzlich zur Zurechnung eines fiktiven Gewinns bei gleichzeitiger Entstehung eines verrechenbaren Verlustes.
Dabei bleibt vom Gesetzeswortlaut des§ 15a Abs 1 S 2 EStG (der nur abstellt auf § 171 Abs 1 HGB) her unberücksichtigt, dass sog Altgläubiger, deren Forderung bereits zur Zeit der Eintragung der Herabsetzung der Haftsumme begründet war, die Herabsetzung gem § 174 Hs 2 HGB nicht gegen sich gelten lassen müssen (so für den Fall der Umwandlung einer KG-Beteiligung in eine typisch stille Beteiligung unter Herabsetzung der Haftsumme, gestützt auf den Gesetzeswortlaut, FG Münster v 10.10.2011, EFG 2012, 512 rkr (Az BFH IV R 58/11 Beschlusserledigung in der Hauptsache). Deshalb vermag lt FG Münster, aaO, die fortbestehende Haftung nach § 174 Hs 2 HGB eine Gewinnzurechnung nicht zu verhindern, selbst aber einräumend, dass das Ergebnis gegen den Gesetzestelos verstößt (wie FG Münster Wacker in Schmidt, § 15a EStG Rz 102 (43. Aufl 2024); K/S/M, § 15a EStG Rz E 128 mwN (07/2009)). Bei einer Entscheidung zugunsten der StPfl müsste eine Nebenrechnung geführt werden, um die weiterbestehende anteilige Haftung über die im HR eingetragene Haftungsminderung hinaus gegenüber Altgläubigern (zB aus langlaufenden Hypothekenkrediten für Firmenimmobilien) nachzuweisen.
Die identitätswahrende Umwandlung einer GbR/OHG in eine GmbH & Co KG bzw der Komplementärstellung in die eines Kommanditisten ist kein Nachversteuerungstatbestand des § 15a Abs 3 S 3 EStG, weil weder eine Minderung des Haftungsbetrags iSd § 15a Abs 1 S 2 EStG stattgefunden hat noch im Wj der Haftungsminderung und den zehn vorangegangenen Wj Verluste nach § 15a Abs 1 S 2 EStG ausgleichs- oder abzugsfähig gewesen sind. Die Umwandlung der Vollhafterstellung in die eines Kommanditisten führt nämlich zu einer erstmaligen Beschränkung – und nicht zu einer Minderung – der Haftung: FG Düsseldorf v 08.10.2012, EFG 2013, 201 rkr und s Rn 67.
B. Zum Regelungsinhalt im Einzelnen
1. Voraussetzung: Haftungsminderung
Rn. 41
Stand: EL 179 – ET: 02/2025
Definition: "Wird der Haftungsbetrag iSd Abs 1 S 2 gemindert (Haftungsminderung) ...".
Eine Haftungsminderung liegt nur vor, wenn die Herabsetzung des Haftungsbetrages spätestens am Schluss des Wj im HR eingetragen und bekannt gemacht ist (§ 174 HGB iVm § 15 HGB: glA Wacker in Schmidt, § 15a EStG Rz 102 (43. Aufl 2024)).
Der BGH v 04.05.2021, II ZR 38/20, BB 2021, 1601 hat festgestellt, dass die auf fünf Jahre begrenzte Außenhaftung des Kommanditisten nach den §§ 160 Abs 1, 161 Abs 2 HGB bei dessen Ausscheiden analog auch für Fälle der Herabsetzung der Haftsumme Anwendung findet. Diese wirke sich aus der Sicht der Gläubiger wie ein teilweises Ausscheiden des Kommanditisten aus der KG aus. Entsprechend den §§ 728b BGB, 137 HGB nF beginnt diese Frist mit der Eintragung des Herabsetzens der Haftsumme in das HR bzw schon früher mit der positiven Kenntnis des Gläubigers (Kenntnisnahme also dokumentieren).
§ 15a Abs 3 S 1 und 3 EStG birgt/barg immer noch durch Rspr und Fachliteratur unbeachtete bzw ungelöste Fragestellungen:
- So hat sich das FG Düsseldorf v 30.09.2021, 14 K 717/19 F, DStZ 2022, 99 (Rev zum BFH zugelassen) erstmals (s Abschn IV der Urteilsbegründung) mit der Frage beschäftigt, ob eine fiktive Gewinnzurechnung (nachfolgend s Rn 41a) auch bei Veräußerung eines Teilkommanditanteils mit dadurch sich ergebender Minderung der Haftsumme zu erfolgen hat, wenn in der Gesamtbetrachtung infolge der gleichzeitigen Erhöhung der Haftsumme des erwerbenden Mitgesellschafters um den gleichen Betrag (lediglich) eine nicht nachversteuerungspflichtige Haftungsverschiebung erfolgt. Unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks des § 15a Abs 3 S 3 EStG sei eine Nachversteuerung auf Grund der Haftungsminderung nicht vorzunehmen; zudem war im Streitfall die Verringerung des wirtschaftlichen Risikos bereits durch die Versteuerung des negativen Kapitalkontos im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsgewinns erfolgt. Dem ist nach dem Telos des Gesetzes zuzustimmen.
Ebenfalls das FG Düs...