A. Die Funktion des § 15a Abs 3 S 3 EStG
Rn. 40
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Das MoPeG vom 10.08.2021, BGBl I 2021, 3436 hat bei der KG nun auch ausdrücklich die Unterscheidung zwischen Haftsumme und vereinbarter Einlage (Pflichteinlage) in § 171 Abs 1 HGB nF verankert.
Die Grundkonzeption des § 15a Abs 1 S 2 EStG, KG-Verlustanteile auch über die geleistete Einlage hinaus, dh unter Inkaufnahme eines negativen Kapitalkontos, zum Ausgleich oder Abzug zuzulassen für den Fall einer im HR eingetragenen, die geleistete Einlage "überschießenden Außenhaftung" (s Rn 23), könnte ohne § 15a Abs 3 S 3 EStG unterlaufen werden, indem zunächst eine hohe, die Pflichteinlage übersteigende Haftsumme ins HR eingetragen wird, deren Herabsetzung im Folgejahr nach wirksamer Verlustzuweisung bereits geplant ist.
Die Haftungsminderung führt, wie die Einlageminderung (§ 15a Abs 3 S 1 EStG), insoweit grundsätzlich zur Zurechnung eines fiktiven Gewinns bei gleichzeitiger Entstehung eines verrechenbaren Verlustes.
Dabei bleibt vom Gesetzeswortlaut des§ 15a Abs 1 S 2 EStG (der nur abstellt auf § 171 Abs 1 HGB) her unberücksichtigt, dass sog "Altgläubiger", deren Forderung bereits zur Zeit der Eintragung der Herabsetzung der Haftsumme begründet war, die Herabsetzung gemäß § 174 Hs 2 HGB nicht gegen sich gelten lassen müssen (so für den Fall der Umwandlung einer KG-Beteiligung in eine typisch stille Beteiligung unter Herabsetzung der Haftsumme, gestützt auf den Gesetzeswortlaut, FG Münster vom 10.10.2011, EFG 2012, 512 rkr (Az BFH IV R 58/11 Beschlusserledigung in der Hauptsache). Deshalb vermag lt FG Münster, aaO, die fortbestehende Haftung nach § 174 Hs 2 HGB eine Gewinnzurechnung nicht zu verhindern, selbst aber einräumend, dass das Ergebnis gegen den Gesetzestelos verstößt (wie FG Münster Wacker in Schmidt, § 15a EStG Rz 102, 41. Aufl; K/S/M, § 15a EStG Rz E 128 mwN (Juli 2009)). Bei einer Entscheidung zugunsten der StPfl müsste eine Nebenrechnung geführt werden, um die weiterbestehende anteilige Haftung über die im HR eingetragene Haftungsminderung hinaus gegenüber Altgläubigern (zB aus langlaufenden Hypothekenkrediten für Firmenimmobilien) nachzuweisen.
Die identitätswahrende Umwandlung einer GbR/OHG in eine GmbH & Co KG bzw der Komplementärstellung in die eines Kommanditisten ist kein Nachversteuerungstatbestand des § 15a Abs 3 S 3 EStG, weil weder eine Minderung des Haftungsbetrags iSd § 15a Abs 1 S 2 EStG stattgefunden hat noch im Wj der Haftungsminderung und den zehn vorangegangenen Wj Verluste nach § 15a Abs 1 S 2 EStG ausgleichs- oder abzugsfähig gewesen sind. Die Umwandlung der Vollhafterstellung in die eines Kommanditisten führt nämlich zu einer erstmaligen Beschränkung – und nicht zu einer Minderung – der Haftung: FG D'dorf vom 08.10.2012, EFG 2013, 201 rkr und s Rn 67.
B. Zum Regelungsinhalt im Einzelnen
1. Voraussetzung: Haftungsminderung
Rn. 41
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Definition: "Wird der Haftungsbetrag iSd Abs 1 S 2 gemindert (Haftungsminderung) ...".
Eine Haftungsminderung liegt nur vor, wenn die Herabsetzung des Haftungsbetrages spätestens am Schluss des Wj im HR eingetragen und bekannt gemacht ist (§ 174 HGB iVm § 15 HGB: glA Wacker in Schmidt, § 15a EStG Rz 102, 41. Aufl; aA Biergans, DStR 1981, 3, 12).
Der BGH vom 04.05.2021, II ZR 38/20, BB 2021, 1601 hat festgestellt, dass die auf fünf Jahre begrenzte Außenhaftung des Kommanditisten nach den §§ 160 Abs 1, 161 Abs 2 HGB bei dessen Ausscheiden analog auch für Fälle der Herabsetzung der Haftsumme Anwendung findet. Diese wirke sich aus der Sicht der Gläubiger wie ein teilweises Ausscheiden des Kommanditisten aus der KG aus. Entsprechend § 160 Abs 1 S 2 HGB beginnt diese Frist mit der Eintragung des Herabsetzens der Haftsumme in das HR bzw schon früher mit der positiven Kenntnis des Gläubigers – so auch die §§ 728b BGB, 137 HGB nF lt MoPeG vom 10.08.2021, BGBl I 2021, 3436 – (Kenntnisnahme also dokumentieren).
§ 15a Abs 3 EStG birgt immer noch durch Rspr und Fachliteratur unbeachtete bzw ungelöste Fragestellungen:
- So hat sich das FG D'dorf vom 30.09.2021, 14 K 717/19 F, DStZ 2022, 99 (Rev BFH zugelassen) erstmals (s Abschnitt IV. der Urteilsbegründung) mit der Frage beschäftigt, ob eine fiktive Gewinnzurechnung (nachfolgend s Rn 41a) auch bei Veräußerung eines Teilkommanditanteils mit dadurch sich ergebender Minderung der Haftsumme zu erfolgen hat, wenn in der Gesamtbetrachtung infolge der gleichzeitigen Erhöhung der Haftsumme des erwerbenden Mitgesellschafters um den gleichen Betrag (lediglich) eine nicht nachversteuerungspflichtige Haftungsverschiebung erfolgt. Unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks des § 15a Abs 3 S 3 EStG sei eine Nachversteuerung auf Grund der Haftungsminderung nicht vorzunehmen; zudem war im Streitfall die Verringerung des wirtschaftlichen Risikos bereits durch die Versteuerung des negativen Kapitalkontos im Rahmen der Ermittlung des Veräußerungsgewinns erfolgt. Dem ist nach dem Telos des Gesetzes zuzustimmen.
- Wiederum das FG D'dorf vom 01.07.2021, 11 K 1039/21 F, GmbHR 2022, 660, nrkr – Zulassung der Rev wegen grundsätzlicher Bedeutung –, Az BFH IV R 17/21,...